Braunschweig. Timo Keller über das Familienleben im Klimawandel. In dieser Folge von „Familienklima“ geht‘s um nicht weniger als Klimagerechtigkeit.
Neulich, als der Himmel mal blau und keine Wolke zu sehen war, entdeckte unsere fünfjährige Tochter ein kleines Flugzeug eben dort. Es war gut zu sehen, denn es flog in relativ niedriger Höhe. Sie selbst ist noch nie geflogen in ihrem Leben, hat aber unlängst den Wunsch angemeldet, mal mit dem Flugzeug zu verreisen. „Aber nicht mit so einem wie da oben“, erklärte ich ihr. Denn es war kein großer Verkehrsflieger, sondern ein kleines Modell. Vermutlich ein Privatjet, der kurz zuvor in Waggum gestartet war.
Mit der mickrigen Erklärung war das Gespräch natürlich nicht beendet. Jetzt war die Neugier geweckt. Ich erklärte ihr, dass „unsereins“ mit viel größeren Flugzeug fliegt – wenn überhaupt noch. Denn ein Flug im Privatjet, in den nur wenige Menschen passen, sei sehr teuer. Und ganz und gar nicht gut für die Umwelt. „Bestimmt wegen der Abgase“, so ihre (treffende) Vermutung. Die sehe man ja auch am Himmel. Aber meine Erklärung könne nicht stimmen, schließlich zieht das kleine Flugzeug keine kleinen Wolken hinter sich her.
Was die kindliche Logik aus dem Kondensstreifen am Himmel macht
Da ging jetzt doch einiges durcheinander. Sie meinte natürlich die Kondensstreifen, die auch Abgase enthalten, vor allem aber aus Wasserdampf bestehen – und erst ab einer gewissen Flughöhe überhaupt entstehen. Diese hatte der kleine Jet aber offenbar noch nicht erreicht, zog daher keine „Wolken“ hinter sicher her. Und war in den Augen der Fünfjährigen damit besonders umweltfreundlich. Kindliche Logik, die verblüfft. Dabei könnte nichts weiter von der Wahrheit entfernt sein.
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Flugreisen waren bereits einmal Thema dieser Kolumne. Damals ging es jedoch um private Urlaubsflüge, und meine These, dass ein Urlaubsflug pro Jahr und Mensch trotz der Umweltbelastung okay sei, kam nicht überall gut an. Im Sinne der Klimagerechtigkeit ist jedoch noch notwendiger, dass die Politik das Reisen mit Privatjets viel, viel teurer macht.
Privatjet-Wahnsinn beim Super Bowl in Las Vegas
Diejenigen, die die Berichterstattung rund um den Super Bowl im Februar, das Endspiel um die nordamerikanische Football-Liga, verfolgt haben, werden es vielleicht mitbekommen haben: Nach dem Abpfiff sollen mehr als 500 (!) Privatjets vom Austragungsort Las Vegas abgeflogen sein. Welch ein Wahnsinn! Und 2022, so berichtet es jedenfalls der Deutschlandfunk, habe es in Deutschland 94.000 Starts von sogenannten Business-Fliegern gegeben – neuer Rekord.
Was das fürs Klima bedeutet: Bei einem Flug mit einem handelsüblichen Jumbojet von London nach New York fallen laut der britischen Statistiker von „Real World Visuals“ im Schnitt zirka 572 Kilogramm CO2 pro Person an. Für dieselbe Strecke im Privatjet fallen pro Person 25.056 Kilogramm an. Darum sollten wir uns zuerst kümmern, ehe der jährliche Urlaubsflug ins Visier genommen wird.
Haben Sie Ideen, Anregungen oder Kritik? Schreiben Sie mir: timo.keller@funkemedien.de.
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