Baddeckenstedt. In Baddeckenstedt pauken die Ehrenamtlichen nicht nur Vokabeln mit den Flüchtlingen, sie kümmern sich um die Familien.
. Die Stimmung zwischen den drei Klassenräumen ist herzlich. Raisa Findling ist immer irgendwo zwischen Tür und Angel zu finden. Die 58-Jährige mit den warmen Augen hinter ihre großen Brille und dem russischen Akzent ist die gute Seele in der Sprachschule im Innerstetal. Es wird geherzt, gelacht, aber auch schon mal geschimpft. „Wie in einer richtigen Familie“, lacht Raisa Findling, die oft hier Zwölf-Stundentage verbringt. Findling gründete mit engagierten Ehrenamtlichen vor drei Jahren die Sprachschule für Flüchtlinge und vermittelt seitdem nicht nur die deutsche Sprache, sondern hilft in jeder Lebenslage weiter.
Nach der ersten Flüchtlingswelle 2016 stand für viele Baddeckenstedter fest: Sie wollen den Schutzsuchenden helfen. Und wie kann man am besten ankommen? Indem man die Landessprache und Werte kennt. Gesagt, getan. Sie boten sie anfangs die ersten Deutschkurse in den Dörfern an. Unterschiedliche Sprachniveaus und geringer Stundenumfang der Einzelkurse führten nicht zu den gewünschten Erfolgserlebnissen der Teilnehmer. Raisa Findling und ihr Team holten den Deutschen Roten Kreuz Kreisverband Wolfenbüttel und das Bildungszentrum Landkreis Wolfenbüttel als Kooperationspartner mit ins Boot. In der Schule im Innerstetal fanden sie dank der Samtgemeinde Baddeckenstedt den optimalen Unterrichtsort.
Jetzt konnte es losgehen! Mit 80 Teilnehmern aus zirka 20 Nationen und über einem Dutzend unterschiedlicher Sprachen konnten die Ehrenamtlichen fünf Deutschkurse anbieten. Fünfmal die Woche unterrichten seitdem die Dozenten, die durch Fördermittel und Sponsoren finanziert werden, die 18- bis 65-jährigen Sprachschüler. Einige einstige Ehrenamtliche, wie Raisa Findling, sind nun fester Bestandteil der Sprachschule. Doch auch neue Aktive sind mit dabei. 20 Freiwillige sind in unterschiedlichen Bereichen tätig. Die Erstellung des wöchentlichen Stundenplans wird durch eine Ehrenamtliche koordiniert und in den einzelnen Kursen unterstützen täglich viele Ehrenamtliche als Lernbegleiter. „Sie leisten eine tolle Arbeit. Dies zeigt sich immer wieder an den positiven Ergebnissen der Prüfungen“ betont Aline Gauder vom DRK.
Gemeinsam-Preis 2019 - die Kandidaten
- Wiebke Seifart - engagiert für Wolfenbüttels Jugend
- Renate Baum - vielseitig engagiert für Lengede
- Der Freundeskreis Burg Warberg - Neues Leben für die Wasserburg
- Niclas Lampe - Der starke Organisator der Gemeindejugendpflege in Lengede
- Das Projekt "Die Kunstkoffer kommen" - Braunschweiger Kunstverein Jahnstraße
- Inge Grasenick aus Wolfsburg - Hilfe für Eltern drogenabhängiger Kinder
- Die Landfrauen Meine-Papenteich - Kissen für Brustkrebspatientinnen
- Die Helfer vom Bürgerforum Salder - Engagement für den Heimatort
- Der Verein MOCT - Eine Brücke der Freundschaft mit Weißrussland
- Jürgen Nitsche - sportliche Perspektiven und Teilhabe für Helmstedts Jugend
- Die Jugend- und Auszubildendenvertretung von VW in Braunschweig
- Katharina Mählmann aus Braunschweig – eine Schule für Ghana
- BS hilft BS – Eine Börse der Hilfe im sozialen Netzwerk
- Florian Krause – Benefizkonzerte fürs Hospiz Wolfsburg
- Leon Bischoff – Ein Motor des Stadtjugendrings Wolfenbüttel
- Die Stadtfinder Braunschweig - Kulturelle Spaziergänge
- Die Freiwilligentruppe von Meerdorf und ihr Einsatz für ihren Ort
- Ehepaar Saak und der Arbeitskreis Stolpersteine Schöningen
- Das Projekt Coexist des Kranich-Gymnasiums Salzgitter
- Monika Fritzke und Inka Schlaak bieten Hilfe für Angehörige von Suchtkranken
- Regina Schultz - Teilhabe an Kunst für Menschen mit Behinderung
- Der Wolfsburger Verein "Bildung für Kinder in Afghanistan"
- Sprachschule Baddeckenstedt - Vielseitige Hilfe für Flüchtlinge
- Das Team der Ortsbücherei Braunschweig-Lehndorf
Ebenso helfen weitere Ehrenamtliche in der Kinderbetreuung. Bis zu elf Kinder, darunter auch Babys, spielen im Nachbarzimmer unter der Obhut von Ehrenamtlichen, wie beispielsweise Hanni Heilmann aus Heere und der ehemaligen Sprachschülerin Grace Mwale, während die Mütter und Väter deutsche Grammatik pauken. Durch dieses besondere Angebot ist die Frauenquote in den Kursen sehr hoch. „Das ist etwas ganz Besonderes“, lobt auch Bianca Schaare-Schlüterhof, Schulleiterin der Innerstetalschule.
Die Sprachschule ist nicht nur ein Sprachlernort. Sie ist Dreh- und Angelpunkt für Feste, Ausflüge und Aktivitäten. Und sie ist ein Ort, an dem gemeinschaftliche Hilfe untereinander groß geschrieben wird. So kümmern sich die Lernbegleiter neben den Dozenten nicht nur um den reibungslosen Ablauf in der Klasse. Sie sind im Laufe der Jahre zu Paten geworden. Die Unterstützung der Teilnehmer bei Behördengängen, bei der Suche nach Ausbildungs- und Praktikumsplätzen und dem Familienleben gehören dazu.
Heute gibt es immer noch drei Sprachkurse mit 50 Teilnehmern. Und der nächste Kurs ist schon in Planung. Jeder kann mitmachen, egal aus welchem Land und welchem Aufenthaltsstatus. Am Ende winken staatlich anerkannte Sprachzertifikate.
Der Erfolg motiviert. 15 Schüler büffeln derzeit sogar für den Hauptschulabschluss.