Braunschweig. Immobilienbesichtigungen, Mietverträge vorbereiten, Kundenbeschwerden bearbeiten: Was gehört noch zu den Aufgaben der Immobilienkauffrau?
Gleich drei junge Frauen möchten in der heutigen „Azubi-Story“ von ihrer Ausbildung zur Immobilienkauffrau erzählen. Die 19-jährige Finja Kochanek ist die Jüngste in der Runde und befindet sich im ersten Ausbildungsjahr. Sie sagt: „Ich habe insgesamt etwa fünf Jahre mit meiner Familie im Ausland verbracht. Erst in China, dann in Mexiko. Ich fand es damals schon total spannend, die eigene Immobiliensuche zu begleiten. Welches ist das richtige Wohnobjekt für die Familie und warum? Was sind unsere Anforderungen an den Wohnraum?“
Das Suchen und Finden des individuell passenden Wohnobjekts sei ein spannender Prozess, sind sich alle drei einig. Und eine anspruchsvolle Aufgabe, die Empathie und Überblick voraussetzt. Legt der Interessent zum Beispiel Wert auf einen Parkplatz vor der Tür? „In dem Fall sei das Östliche Ringgebiet beispielsweise eher nicht das richtige Quartier“, stellen alle gemeinsam lachend fest.
Carry-Jane Volze, 21, hat den Beruf der Immobilienkauffrau auf einer Jobmesse kennengelernt und sich sofort dafür begeistern können. In Ihrer Nachbarschaft im heimatlichen Wolfenbüttel habe dann das Auto eines Nachbarn mit der Aufschrift „Munte Immobilien“ geparkt. So sei sie auf die Firma aufmerksam geworden und habe sich postwendend beworben.
Ein abwechslungsreicher und vielfältiger Beruf
Julia Siedentopf, 20, ist die Dritte im Bunde. Sie befindet sich, wie Finja, im ersten Ausbildungsjahr. Der Beruf sei unheimlich vielfältig, sagt sie. Neben den Kundenterminen zu Vermietungen oder Verkauf gehörten ebenso die Abteilungen Buchhaltung und Projektentwicklung sowie die Abteilung „WEG“ (Wohnungseigentümergemeinschaft) zur Ausbildung.
Bei Letzterer leite man zum Beispiel Eigentümerversammlungen, auf denen man eine Art Mediatorenrolle einnähme. Insbesondere bei der Frage, für welchen Zweck die gemeinsam ersparten Rücklagen eingesetzt werden. „Das zieht sich schon mal extrem in die Länge“, sagt Kerry Munte, die in der Firma den Bereich „Marketing“ verantwortet. „Ein Kollege hat einmal eine Versammlung geleitet, die um 9 Uhr morgens begonnen hat und um 18 Uhr hatten sie immer noch nicht zu Ende diskutiert.“ Da hieße es dann: „Nerven bewahren“ und am Ende alle zusammenzubringen, um ein Ergebnis zu erzielen.
Unterm Strich sei für alle Persönlichkeitsstrukturen eine Abteilung dabei. „Wenn man eher introvertiert ist, kann man in die Buchhaltung gehen. Ist man eher extrovertiert und geht gern auf die Menschen zu, dann ist man bei Vermietung und Verkauf richtig aufgehoben“, sagt Finja, die gebürtig aus Wolfsburg stammt, mittlerweile aber in Braunschweig lebt.
Ein bisschen Seelsorger
Einträchtig nennen alle drei als wichtigsten Entscheidungsgrund für die Ausbildung, dass sie gerne mit Menschen zu tun hätten. Der Kontakt zu Menschen gehe aber weit über den Berührungspunkt bei Verkauf oder Vermietung hinaus. „Einmal habe ich 45 Minuten mit einer älteren Dame telefoniert“, sagt Carry-Jane und die gebürtige Braunschweigerin fügt hinzu: „Manchmal sind die Menschen einsam und suchen einfach jemanden, mit dem sie sich unterhalten können. Dann sind wir sogar ein bisschen Seelsorger.“
Es gibt aber auch die ewigen Meckerer. Die, die wegen jeder Kleinigkeit anriefen und sich beschwerten. Das sei dann auch schon mal anstrengend, aber es gehöre eben dazu und helfe ungemein bei der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit. Dass die derzeitigen Auszubildenden der Firma „Munte Immobilien“ alle Frauen seien, sei purer Zufall. Das Geschlechterverhältnis in der Berufsschule sei ziemlich genau 50 zu 50.
Zweimal in der Woche besuchen Julia und Finja die Otto-Bennemann-Berufsschule. Im ersten Lehrjahr ist das so. Carry-Jane, die sich bereits im zweiten von insgesamt drei Lehrjahren befindet, muss hingegen nur noch einmal wöchentlich die Schulbank drücken. „Die ausgewogene Mischung aus Theorie und Praxis ist genau richtig“, sagt Carry-Jane.
Betriebsausflüge und gute Stimmung
Die drei wirken ohnehin wie ein eingespieltes, harmonisches Team. „Die Stimmung hier ist total gut“, sagt Julia Siedentopf. Man spüre, dass es sich um ein Familienunternehmen handele. Ein Highlight sei der jährliche Betriebsausflug, der traditionell von den Azubis geplant werde. Letztes Jahr, so erzählen die drei begeistert, hätten sie eine Reise ans Steinhuder Meer organisiert. Es gelte absolute Geheimhaltungsstufe, denn das Ziel kennen nur die Azubis. Alle anderen führen sozusagen ins Blaue. „Das hat Spaß gemacht und das Wetter hat auch noch mitgespielt. Das war gut, denn wir sind alle gemeinsam mit dem Boot gefahren.“
Welche der Abteilungen ihr Favorit sei, kann keine der drei jungen Frauen ganz sicher beantworten. Ist ja auch klar. Insbesondere Julia und Finja haben noch einige Abteilungen vor sich, so dass der Gesamteindruck des abwechslungsreichen Berufes noch fehlt. Die Tendenz geht aber bei allen dreien in Richtung „Arbeiten mit Kundenkontakt“. Auf die abschließende Frage, ob sie sich noch einmal für diese Ausbildung entscheiden würden, antworten sie unisono mit „Ja“ und es wirkt ehrlich überzeugend und nicht zwanghaft dahergesagt, weil die Chefin gegenüber sitzt. Die merkt am Ende des Gespräches noch an: „Es sind für dieses Jahr noch Ausbildungsplätze frei.“
Fakten: Immobilienkaufmann/-frau
- Immobilienkaufmann/-frau ist ein 3-jähriger anerkannter Ausbildungsberuf in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft.
- Voraussetzung: Rechtlich ist keine bestimmte Vorbildung vorgeschrieben, die Betriebe stellen jedoch überwiegend Ausbildungsanfänger mit Hochschulreife ein.
- Die Auszubildenden lernen beispielsweise, was bei der Planung und Durchführung von Kundengesprächen und Wohnungsbesichtigungen zu berücksichtigen ist; wie man Mietverträge unterschriftsreif vorbereitet; auf welche Weise man Mietpreise kalkuliert, Mietpreisveränderungen plant und umsetzt; wie man Immobilien nach Lage, Beschaffenheit und Nutzungsmöglichkeiten beurteilt; wie man Wohnungseigentümerversammlungen vor- und nachbereitet; welche Rechte und Pflichten die Wohnungseigentümer und die Verwaltung haben; wie man Investitions- und Wirtschaftlichkeitsberechnungen erstellt.
- Der Beruf des Immobilienkaufmannes bietet im Anschluss zahlreiche Möglichkeiten der Weiterbildung und Spezialisierung auf Bereiche wie: Immobilienwirtschaft, Vertragsrecht und Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen, Immobilienwirtschaft - Bewertung, Verkehrswertermittlung, Buchführung und Bilanz oder Facility Management.
- Verdienst: Laut Tarifvertrag erhält eine Auszubildende im ersten Lehrjahr 1.070 Euro brutto monatlich, im letzten Lehrjahr sind es 1.290 Euro. Ein ausgebildeter Immobilienkaufmann bekommt ein Einstiegsgehalt von 2.960 Euro.
„Braunschweigs Auszubildende“
In unserer Serie porträtieren wir junge Menschen, die von ihrer Ausbildung berichten. Wie sind sie dazu gekommen? Was ist für sie das Besondere an diesem Beruf? Und natürlich geht es auch um die Ausbildungsbetriebe: Wodurch zeichnen sie sich aus? Wir suchen weitere Auszubildende im zweiten oder dritten Lehrjahr, die bereit sind, Einblicke zu geben. Schreiben Sie gern eine Mail an: redaktion.bs@funkemedien.de
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