Wolfsburg. Mit dem Preisgeld sollen die Kosten des anonymen Elternkreises gedeckt werden. An jedem ersten Mittwoch im Monat kommt die Gruppe zusammen.

Schon nach wenigen Worten war Inge Grasenick klar: Die Laudatio, die Oberlandeskirchenrat Thomas Hofer da hält, hält er auf mich. Am Dienstagabend wurde die Wolfsburgerin mit dem Gemeinsam-Preis unserer Zeitung und des Braunschweiger Doms ausgezeichnet. Seit vielen Jahrzehnten leitet Grasenick, die selbst einen drogenabhängigen Sohn hatte, den anonymen Elternkreis drogengefährdeter und drogenabhängiger Jugendlicher in Wolfsburg. Grasenick gibt ihre Erfahrungen an die verzweifelten Eltern weiter, steht für Ratschläge zur Verfügung, hilft ihnen, sich selbst zu schützen und mit den Schuldgefühlen umzugehen. Dieser Elternkreis findet an jedem ersten Mittwochabend im Monat statt – und das seit vielen Jahren.

In diesem Jahr gab es zwei erste Plätze beim Gemeinsam-Preis: Für das Engagement der Wolfsburgerin stimmten ebenso viele Leser wie das Ehrenamt von Niclas Lampe, der aus dem Landkreis Peine stammt. Zunächst wurde der junge Mann ausgezeichnet – und Inge Grasenick rechnete überhaupt nicht damit, dass der zweite erste Platz ihrer sein würde. Doch als Thomas Hofer mit seiner Rede begann, war es ihr schon nach wenigen Momenten nicht mehr geheuer, wie sie am Tag nach der Ehrung erzählt. „Ich bekam gleich nasse Hände. Ich war völlig von der Rolle, damit hatte ich nicht gerechnet“, sagt die Wolfsburgerin.

Der Laudator lobte ihr Engagement, ihr großes Herz. „Welch eine Empathie, welch ein Perspektivwechsel“, sagte der Oberlandeskirchenrat, der der Wolfsburgern auch seinen Dank aussprach. „In dem Elternkreis geht es nicht um den Süchtigen, sondern darum, die Eltern zu schützen.“ Der ganze Abend habe sie vollkommen überwältigt. Auf dem Weg von ihrem Platz zur Preisübergabe habe sie richtig gezittert, erzählt sie. Doch Thomas Hofer habe sie etwas beruhigen können. „Es gab ja dann noch Fotos mit dem Ministerpräsidenten. Ich war einfach nur geplättet“, berichtet Grasenick. Stephan Weil hatte die Festrede vor 700 Gästen gehalten. Grasenick selbst wurde von ihrem Stiefsohn und dessen Frau sowie einer Freundin aus Salzgitter nach Braunschweig begleitet. „Mit meiner Freundin habe ich noch bis Mitternacht geschrieben.“ An Schlaf war nicht zu denken, so überwältigt war Grasenick.

Von dem Preisgeld werden nun Kosten gedeckt, die die Ehrenamtlichen um Inge Grasenick haben. „Wir zahlen ja alles aus eigener Tasche“, erinnert die Wolfsburgerin, die sich sehr über die Preisskulptur gefreut hat. In diesem Jahr gab es eine neue aus indischem Sandstein mit zwei Bronzefiguren, gestiftet von der Galerie Thomas Kaphammel. „Die steht jetzt in meinem Wohnzimmer“, berichtet Grase-nick stolz. In den beiden vergangenen Jahren landete übrigens jeweils ein Wolfsburger Projekt ebenfalls weit vorne beim Gemeinsam-Preis: 2018 wurde die Trostinsel des Hospizverein Region Wolfsburg mit dem zweiten Preis ausgezeichnet. Im Jahr zuvor landeten die Wolfsburger Elfen auf dem zweiten Platz.