Belek. Dass er noch mal mit Kumpel Pfitzner spielen würde, hätte Kessel nicht gedacht. Die Routiniers Eintracht wollen vor dem Abstieg bewahren.

Ein spitzbübisches Schmunzeln kann sich Benjamin Kessel nicht verkneifen, als er gefragt wird, ob er vor sechs Wochen daran geglaubt hätte, noch einmal mit seinem guten Freund Marc Pfitzner in einer Mannschaft zu spielen – und das noch bei ihrem Herzensklub Eintracht Braunschweig. „Damals konnte damit keiner rechnen“, sagt der Abwehrspieler, „Pfitze war bei Eintracht in der 2. Mannschaft und ich in Saarbrücken. Da er mein Trauzeuge ist, ist es nochmal eine besondere Freude, mit ihm zusammenzuspielen“, fügt er hinzu, während sein Lächeln breiter wird.

Es ist schon eine tolle Geschichte, die die beiden Freunde im Profi-Fußball noch einmal zusammengeführt hat. Von 2010 bis 2015 spielte Kessel das erste Mal in Braunschweig, stieg mit den Löwen in die 2. und dann auch in die 1. Liga auf. Immer an seiner Seite: Marc Pfitzner. Sogar ihre Wohnungen befanden sich im gleichen Haus. Deshalb erübrigte er sich auch fast die Frage, mit wem sich der 31-Jährige während des Trainingslagers des Drittligisten in Belek das Zimmer teilt. „Früher war während der Trainingslager immer Mirko Boland mein Zimmergenosse, aber mit Marc bin ich schon oft genug zusammen in den Urlaub gefahren“, erklärt Kessel. Sie seien deshalb nicht nur auf dem Fußballplatz ein eingespieltes Team.

Eintracht Braunschweig im Winter-Trainingslager - Tag 4

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Abgesehen von Kumpel Pfitznerfand der Routinier aber eine andere ganz Eintracht vor, als jene, die er vor dreieinhalb Jahren in Richtung Union Berlin verlassen hatte. „Das ist im Profifußball eine lange Zeit. Einige bekannte Gesichter gibt es noch im Umfeld, aber Kader und Trainerteam haben sich sehr verändert“, sagt Kessel. Trotzdem ist er froh, dass es mit der Rückkehr nach Braunschweig geklappt hat. „Als ich vor Weihnachten den ersten Anruf erhielt, hatte ich für so eine Entscheidung erst einmal keinen Kopf, denn da bin ich zum ersten Mal Vater geworden“, verrät der Abwehrspieler. Aber kurz vor Silvester sagte er den Löwen dann doch zu. „Eintracht ist der Klub, bei dem ich zum Profi geworden bin, nachdem ich aus der 2. Mannschaft von Mainz nach Braunschweig gewechselt war“, erinnert Kessel. Und als Teil einer erfolgreichen blau-gelben Truppe steht er bei den Fans nach wie vor hoch im Kurs. Ihm ist klar, dass das auch eine gewissen Erwartungshaltung mit sich bringt. „Ich hätte natürlich den einfachen Weg gehen und in Saarbrücken bleiben können“, sagt Kessel. Aber er ist fest überzeugt, dass Eintracht trotz des großen Rückstands auf die Nicht-Abstiegsplätze den Klassenerhalt schaffen kann. „Es ist klar, dass wir einen guten Start brauchen, aber genauso wichtig ist es, einen langen Atem zu haben. Es wird auch mal Rückschläge geben“, warnt der Routinier. Davon dürfe man sich aber nicht verrückt machen lassen. „Mir ist egal, wo wir am 37. Spieltag stehen, entscheidend ist, dass wir am 38. über dem Strich sind.“

In welcher Rolle er bei diesem Vorhaben mithelfen kann, ist offen. Kessel kann sowohl in der Dreier- als auch in der Viererkette mehrere Positionen besetzen. Deshalb macht er sich im Moment noch keine großen Gedanken darüber, wo er zum Einsatz kommen könnte. Allein seine Erfahrung ist aber ein Pluspunkt, selbst wenn sie negative Erlebnisse wie der Abstieg mit dem 1. FC Kaiserslautern aus der 2. Liga im vergangenen Jahr umfasst. „Es ist grausam mit so einem Traditionsklub abzusteigen. Das will keiner Fußballer erleben“, sagt Kessel.

Deshalb wird er sich mit allem was er hat gegen einen weiteren Abstieg stemmen. Und auch wenn es mit Lautern schlecht ausging, hat er doch auch erlebt, was in fast aussichtslosen Situationen noch möglich ist. „Wir haben mit 26 Punkten eine gute Rückrunde gespielt. Letztlich haben uns nur wenige Punkte gefehlt“, sagt er. Und die Voraussetzungen mit Eintracht schätzt er als besser ein, nicht nur wegen der Qualität im Team. „Ich denke, wir sind auf einem guten Weg, einen besonderen Teamgeist zu entwickeln“, meint Kessel.

Ob der an die guten Zeiten vor ein paar Jahren heranreicht, muss sich noch zeigen. Aber auch Kessel hat sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt. Mit Frau und Kind sucht er nun eine Wohnung in Braunschweig und will nicht wie damals im Stadtzentrum wohnen. „Ein Haus mit Garten wäre schön“, erklärt er. „Pfitze würde am liebsten, dass ich zu ihm in die Nähe ziehe“, sagt er und lacht. Das würde passen, denn auch Pfitzner wohnt inzwischen am Stadtrand.