Braunschweig. Ärztemangel: Das Gesundheitsamt eröffnet ein Jahr später als geplant einen Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienst. Das sind seine Aufgaben.

Der Ärztemangel ist auch im städtischen Gesundheitsamt spürbar: Mehr als ein Jahr später als geplant ist der Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienst jetzt an den Start gegangen. Ursprünglich hatte eine Facharztstelle schon bis Dezember 2021 besetzt werden sollen. Doch eine Fachärztin oder ein Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie ist bis heute nicht gefunden.

Wie die Stadtverwaltung auf Anfrage mitteilt, fiel im Sommer 2022 nach mehreren erfolglosen Stellenausschreibungen die Entscheidung, zumindest die Hälfte der vakanten Arztstelle für einen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten auszuschreiben – die dann habe besetzt werden können. Die unbesetzte halbe Arztstelle wurde zwischenzeitlich erneut ausgeschrieben, wiederum ohne Erfolg. „Es gibt keine qualifizierten Bewerbungen.“

Stellen im öffentlichen Gesundheitsdienst zu unattraktiv?

Stellen im öffentlichen Gesundheitsdienst zu besetzen, ist nach Auskunft der Stadt derzeit grundsätzlich schwierig. Grund ist nicht nur der allgemeine Ärztemangel. Amtsärzte werden auch schlechter vergütet als als ihre Kollegen in der klinischen Versorgung. Möglicherweise werde auch das Aufgabenspektrum als unattraktiver eingeschätzt – zumal es schon im Medizinstudium eine eher untergeordnete Rolle spiele und daher bei vielen Absolventen nicht im Fokus stehe, so die Stadt.

Anlaufstelle bei Ängsten, Schulvermeidung oder Depressionen

Derweil die Suche nach fachärztlicher Verstärkung andauert, tritt ein Team aus einem Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, einer Psychologin, einer Sozialpädagogin und einer medizinischen Fachangestellten an, um sich bei psychischen Nöten von Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre als Anlaufstelle anzubieten – ob es sich um Ängste oder Depressionen, Verhaltensauffälligkeiten, schulvermeidendes Verhalten, akute Belastungssituationen oder psychische bzw. psychosomatischeErkrankungen handelt.

Angesprochen seien die betroffenen Kinder und Jugendlichen selbst, aber „insbesondere auch Familienangehörige und weitere Bezugspersonen, Schulen, Kindergärten, Einrichtungen und Beratungsstellen der Jugendhilfe sowie ärztliche und psychotherapeutische Praxen und Einrichtungen“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Psychische Störungen oft jahrelang unentdeckt

Studien deuten darauf hin, dass der Hilfebedarf nach Pandemie und Lockdown noch einmal gestiegen sein dürfte. Doch auch schon zuvor – im Jahr 2017 – hatte eine großangelegte Schülerbefragung (Communities That Care) in Braunschweig ergeben, dass jeder Dritte der teilnehmenden Minderjährigen zeitweise von Gedanken gequält wurde, die auf Ängste und Depressionen hindeuteten.

Viele Kinder, die unter einer psychischen Störung leiden, bleiben laut einer Langzeitstudie des Robert-Koch-Instituts indes über Jahre ohne Diagnose und Hilfe – was wiederum zu Brüchen in Lebensläufen führen kann. Der Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienst im Gesundheitsamt soll auch zu einer früheren Intervention beitragen.

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Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst aus Bundesmitteln finanziert

Zugleich folgt Braunschweig mit Einrichtung des Dienstes einem gesetzlichen Auftrag: Nach dem Niedersächsischen Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke (NPsychKG) sollen in Kommunen Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienste gebildet werden, „soweit dies nach der Anzahl der betroffenen Kinder und Jugendlichen für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung erforderlich ist“. Finanziert wird der Dienst in Braunschweig aus Bundesmitteln für den Öffentlichen Gesundheitsdienst.

Angebot ist vertraulich und kostenfrei

Der Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienst arbeitet nach Auskunft der Stadt vertraulich, kostenfrei, auf Wunsch in der eigenen Wohnung oder anonym und nach Terminvereinbarung. Er bietet telefonische und persönliche Beratung, eine diagnostische Ersteinschätzung, Einzel- und Familiengespräche, Begleitung und Vermittlung von weiterführenden geeigneten Hilfen sowie Beratung und Fortbildung von Einrichtungen bzw. deren Fachkräften an. Auch Angebote vor Ort in Schulen sind möglich.

Die Kontaktaufnahme sollte möglichst per E-Mail an mit der Angabe von Name, ggf. Institution, Kontaktdaten und Anliegen erfolgen. Des Weiteren ist der Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienst montags, mittwochs und freitags von 8 bis 12 Uhr sowie dienstags und donnerstags von 12 bis 14 Uhr telefonisch unter (0531) 470-7177 zu erreichen.

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