Wolfsburg. Der Kultkneipe Bierbrunnen am Wolfsburger Nordkopf droht der Abriss. Doch zunächst soll der Pachtvertrag um ein Jahr verlängert werden.

Wie geht es weiter mit dem Bierbrunnen am Wolfsburger Nordkopf? Der Kneipe droht der Abriss, der Pächter will das verhindern. Jetzt gibt es neue Hoffnung, dass es doch noch weitergeht.

Der Pächter des Gastro-Pavillons am Nordkopf, Karsten Hildebrand, will nicht hinnehmen, dass der Treffpunkt abgerissen werden soll. Die Stadt, berichtete er, habe ihm den Vertrag gekündigt, am 31. Januar 2024 soll nach gut eineinhalb Jahrzehnten Schluss sein. Zapfhähne zu, das Aus für den Treffpunkt, Schluss mit Feiern und Geselligkeit.

Wolfsburger Kultkneipe: Pavillon am Wolfsburger Nordkopf soll abgerissen werden

Doch nach unserem ersten Bericht über das drohende Aus der Kultkneipe darf Hildebrand nun neue Hoffnung schöpfen, zumindest ein Aufschub ist in Aussicht. „Im Moment laufen intensive Gespräche mit dem Pächter der Gaststätte Bierbrunnen“, teilte Lars Vollmering, Leiter der Stadtpressestelle mit. Es gebe verschiedene Optionen, die zurzeit geprüft würden, um für alle Seiten ein positives Ergebnis zu erzielen. „Geplant ist derzeit, den Pachtvertrag abermals um ein weiteres Jahr zu verlängern“, sagte Vollmering. Gleichzeitig werde in Kooperation mit der Wolfsburg Wirtschaft und Marketing GmbH (WMG) die Möglichkeit eines alternativen Standortes geprüft.

Seine Kultkneipe sei nicht nur einfach ein Lokal, wo man ein kühles Pils zu sich nehmen (und auch rauchen) könne, vielmehr sei es ein Treffpunkt für Werktätige, Studenten, Rentner, Fußballfans und alle, die einfach mal eine Runde Geselligkeit haben wollen, sagt Karsten Hildebrand. Oder was feiern wollen, Geburtstag oder den Inhalt der Sparfächer, die es dort auch noch gibt. Viele würden den Bierbrunnen schon seit der Jugend kennen und kämen immer noch in die Kneipe am Wolfsburger Nordkopf.

Pächter Karsten Hildebrand ist seit 16 Jahren am Wolfsburger Nordkopf

„16 Jahre waren wir hier“, sagt Pächter Hildebrand. Mit „wir“ meint er auch seine Belegschaft, die jetzt vor allem aus der festen Kraft Marina Kohl besteht. Und aus Aushilfskräften. „Natürlich geht es auch um ihren Arbeitsplatz“, sagt der Wirt. „Und wer nicht kämpft, hat schon verloren.“ Sogar mit dem Bus aus umliegenden Dörfern kämen die Gäste, manche von ihnen schon seit vielen Jahren. „Es geht doch gar nicht darum, dass man sich jeden Abend volllaufen lässt. Treffen, quatschen, ein, zwei Bierchen trinken – so viel unkomplizierte Gelegenheiten hast du doch dazu in Wolfsburg nicht mehr“, sagt er. Essen gibt es nicht, aber Wirt Hildebrand hat auch nichts dagegen, wenn jemand was Mitgebrachtes aus den umliegenden Imbissen im Bierbrunnen isst.

Der Bierbrunnen neben dem ehemaligen Hertie-Gebäude am Nordkopf ist seit vielen Jahren ein Treffpunkt für die Wolfsburger und Anlaufstelle für Fußballfans.
Der Bierbrunnen neben dem ehemaligen Hertie-Gebäude am Nordkopf ist seit vielen Jahren ein Treffpunkt für die Wolfsburger und Anlaufstelle für Fußballfans. © regios24 | Lars Landmann

Kneipe ist Treffpunkt zum Frühschoppen nach der Nachtschicht bei VW in Wolfsburg

Morgens um 8 Uhr wird schon geöffnet. Frühschoppen oder Absacker nach der Nachtschicht sind da angesagt. Dafür ist abends um 20 Uhr auch schon zu. „Wie gesagt, das ist alles nichts Ausschweifendes“, ist es Hildebrand wichtig. „Ein Treffpunkt sind wir. Nicht zuletzt auch für die, die allein sind.“

Der Bierbrunnen sei auch eine feste Adresse für Fußballfans, schildert Hildebrand nicht ohne Stolz. Für Gäste und Heimfans gleichermaßen. Das gehe so weit, dass die Polizei bei ihm vor Heimpartien schon mal anrufe und frage, ob er genug Aushilfen für die Bewirtung habe. „Wenn dann der Zug mit den Fans ankommt, bringt die Polizei die Fans hierher. Hier gibt es keine Randale, wir fallen nicht auf.“

Alles für die Rettung: Online-Petition und Unterschriftenliste in Wolfsburger Kultkneipe

Kurzum: Pächter Hildebrand, der als Haupterwerb eine Heizungsfirma hat, sieht genügend Gründe, um um seinen Bierbrunnen zu kämpfen. Es gibt daher eine Online-Petition, die nach aktuellem Stand schon mehr als 480 Wolfsburger und Menschen aus der Region und darüber hinaus unterschrieben haben. Etliche haben dabei Kommentare hinterlassen und beklagen, dass ein Stück Stadtgeschichte und ein Treff für Fans und andere Nutzergruppen verschwinde. Manche blicken auf die Zeit zurück, wo der Pavillon noch ein Imbiss war, wo man Pommes und Bratwurst beim Einkaufsbummel durch die Stadt habe genießen können. Die Stadt Wolfsburg tue sich keinen Gefallen, wenn sie als noch junge Kommune derlei niedrigschwellige Traditionen verschwinden lasse, lautet die Kritik.

Im Bierbrunnen selbst liegt auch eine Unterschriftenliste aus, die, so Pächter Hildebrand, bereits mehr als 200 Menschen unterzeichnet hätten. Hildebrand: „Wir sammeln weiter.“

Gastronom beklagt Verhalten der Stadt Wolfsburg

Was den Gastronomen bisher ärgerte, ist, „dass die Stadt auf meine Anfragen nicht antwortet. Ich habe gefragt: Warum kann nicht, bis irgendwann feststeht, was an der Stelle entstehen soll, der Pavillon stehen bleiben? Warum sind wir der Stadt ein Dorn im Auge? Warum soll in Wolfsburg eine der letzten Kultkneipen verschwinden?“ Die Stadt wolle die Kultkneipe abreißen, um den Bereich zum Bahnhof hin zu sanieren. Wann und mit welchen Mitteln. sei dabei aber doch sehr fraglich, meint Hildebrand. Nun scheint die Stadt, Hildebrand und dem Bierbrunnen zumindest einen Aufschub zu gewähren.

Der Gebäudekomplex am Sara-Frenkel-Platz ist gut ein halbes Jahrhundert alt. Er wurde etliche Jahre unter der Regie privater Gastronomen als Imbiss-Restaurant geführt, beherbergte teils auch eine Eisdiele. Die Stadt plant eine umfassende Neugestaltung des Bereiches an der Bahnhofpassage.

Lesen Sie hier weitere Nachrichten aus Wolfsburg: