Hemkenrode. Forstwissenschaftler Dr. Michael Hasselbach legte vor mehr als 30 Jahren seinen ersten eigenen Wald an. Das ist seitdem alles passiert.

Überall Bäume und Sträucher. Selbst im Winter, wenn die heimischen Wälder doch eher kahl ausschauen, muss sich der Besucher seinen Weg bahnen, Ästen ausweichen, um beispielsweise zu einem Schild mit folgendem Hinweis in diesem Waldstück bei Hemkenrode zu gelangen: Hier stehen Wrangell-Eichen.

Die Sämlinge stammen aus dem Jahr 1998 und sind aus einem Gutspark unweit von Wesenberg in Estland, erfährt der Betrachter. Etwas Geschichtliches untermalt die Information zwischen den Bäumen: Denn der frühere Eigentümer hieß Ferdinand Baron von Wrangell und ist somit Namensgeber der Eichenbäume, liest der Besucher. Ebenso sind die Wrangell-Inseln und die Wrangell-Mountains nach dem Polarforscher benannt.

Der Wald von Michael Hasselbach ist in den vergangenen Jahrzehnten gewachsen. 
Der Wald von Michael Hasselbach ist in den vergangenen Jahrzehnten gewachsen.  © Katharina Keller  

Was der Besucher an dieser Stelle nicht erfährt, der Waldbesitzer Dr. Michael Hasselbach aber persönlich während des Spazierganges berichtet: Die Sache ist gewisserweise familiär. Sein Sohn Conrad heiratete nämlich Charlotte von Wrangell.

Wälder sind so groß wie 30 Fußballfelder

Es ist eine der vielen Besonderheiten, die den Laubmischwald am Rande Hemkenrodes ausmachen. Hasselbach legte diesen auf den eigenen Flächen vor mehr als 30 Jahren an. Mit anderen Grundstückseigentümern tauschte er seinerzeit Ländereien.

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1988 startete der studierte Forstwissenschaftler mit dem ersten Waldstück. Inzwischen sind es 21 Hektar. „Das entspricht 30 Fußballfeldern“, berichtet der 85-Jährige, während er Waldbereich für Waldbereich vorstellt: Rund 100.000 Bäume und Sträucher sind insgesamt gepflanzt worden. „Es sind 23 Baum- und 10 verschiedene Straucharten“, erzählt der Hemkenröder, der ebenso unterstreicht, dass das Bewaldungsprojekt mit öffentlichen Mitteln gefördert wurde. Auffallend sind unter anderem die Mammutbäume, die ja bekannt dafür sind, dass sie schnell riesig werden.

Klimakrise, Erderwärmung – aktuelle Themen

Kein Hinweis, vielmehr ein Zitat, befindet sich hier ganz in der Nähe des Sequoiadendron giganteum, so lautet der botanische Name. „Pflanz einen Baum und kannst du auch nicht ahnen, wer einst in seinem Schatten tanzt, bedenk, o Mensch, es haben deine Ahnen, ehe sie dich kannten, schon für dich gepflanzt“, heißt es da. Dieses Zitat trifft es so genau auf den Punkt. Es ist eine Art Kernbotschaft. Denn darum geht es Hasselbach ja. Um die Nachwelt, die etwas von der angelegten Lindenallee hat, die die Esskastanien sieht, die Wildkirsche, die Buchen, den Bergahorn oder die Elsbeere und Eiche.

Die Erderwärmung, die Klimakrise. Es sind schließlich Themen, die aktuell sind und die doch auch schon vor Jahrzehnten zur Diskussion standen.

Der Wald hat mehrere Funktionen

Der 85-Jährige stammt aus einer Ärztefamilie, sein Vater nahm ihn schon früh mit zur Jagd und die Leidenschaft für die Natur und die Wälder war geweckt und ließ ihn nicht mehr los. Unter anderem war er Leiter des Forstamtes Schöningen.

Natürlich haben Wälder eine Mehrfachfunktion, erklärt der Experte: Sie sorgen für Artenvielfalt. Neben den Bäumen leben auch viele Tiere hier. Ein Reh lässt sich an diesem Tag nur kurz blicken, ein Hase sucht ebenso schnell wieder das Weite. Furnier- und Brennholz sorgt für Einnahmen.

Was hat es mit den Zukunftsbäumen auf sich?

Und nicht zu verachten ist darüber hinaus die soziale Funktion: „Es ist ein beliebtes Spaziergebiet“, freut sich Hasselbach, der immer wieder stoppt, um Wissenswertes zu berichten: So blickt er etwa zu einer ordentlich gewachsenen Eibe. Doch Obacht: Der Nadelbaum ist giftig. Fressen beispielsweise Pferde die Nadeln und Samen, kann das tödliche Folgen haben – das liegt an dem Inhaltsstoff Taxin. Auch für uns Menschen ist der Nadelbaum ganz und gar nicht ungefährlich. Und so verschwand der Baum vor Jahrhunderten aus den heimischen Wäldern. Doch es gab noch einen anderen Grund dafür, berichtet Hasselbach: „Im späten Mittelalter nutzen die Engländer das Eibenholz für ihre Landbögen.“ Das Holz wurde von Deutschland massenhaft auf die Insel geschafft.

Auffallend an anderer Stelle: Manche Bäume sind mit grüner Farbe umkreist. Andere mit roter. Zukunftsbäume werden so von Hasselbach gekennzeichnet. Er blickt auf zur Krone. Diese Bäume strotzen vor Vitalität. Der Wuchs ist gerade. Hasselbach erkennt diese besonderen Bäume mit seinem geschulten Auge natürlich schnell. Und um das Potenzial vollends ausschöpfen zu können, müssen andere Bäume eben weichen, die mit roter Umkreisung. Bäume und Sträucher gibt es trotzdem genug. Der Blick zum Boden stimmt hoffnungsfroh: Da bahnt sich vieles schon wieder.

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