Braunschweig. Eine neue Untersuchung belegt den Nutzen der Auffrischung auch gegen Omikron. Forscher der TU Braunschweig lieferten dafür die Corona-Proteine.

Wie gut wirken die bisherigen Impfstoffe gegen neue Formen des sich immer wieder verändernden Coronavirus? Klar ist: Die Impfung bringt große Vorteile – bei allen bisher bekannten Varianten. In großem Umfang zirkulierten bisher die sogenannte Wuhan-Variante, Beta, Delta und Omikron. Bekanntermaßen sinkt, je länger die Impfung zurückliegt, der Anteil der Antikörper im Blut wieder ab. Der Schutz vor einer Infektion, in geringerem Umfang auch vor einem schweren Krankheitsverlauf, lässt nach. Wie stark eine Auffrischungsimpfung das Gedächtnis des Immunsystems wieder auffrischt – auch bei der Omikron-Variante, die in Niedersachsen mittlerweile über 70 Prozent der Neuinfektionen ausmacht –, zeigen Wissenschaftler in einer neuen Studie.

Braunschweiger Forscherinnen und Forscher zentral beteiligt

An der bisher nur vorveröffentlichten, internationale Arbeit waren an zentraler Stelle Forscher um den Biotechnologen Professor Michael Hust von der Technischen Universität Braunschweig beteiligt. „Im Laborversuch wurde deutlich, wie sehr die Zahl der Antikörper nach einer Auffrischungsimpfung hochgeht“, erklärt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Der gleiche positive Effekt, so Hust, wurde bei den Immunzellen (den sogenannten B- und T-Zellen) beobachtet. Diese besonderen Zellen des menschlichen Immunsystems sind für den längerfristigen Schutz gegen Erreger wichtig. Sie sorgen dafür, dass der Körper bei Bedarf schnell wieder neue Antikörper bilden kann.

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Corona-Zacken aus dem Protein-Baukasten

Für die Laborversuche, die in Stockholm durchgeführt wurden, steuerten die Braunschweiger Forscher die notwendigen Proteine des Coronavirus bei. Diese „Zacken“ oder „Spikes“ auf seiner Oberfläche benötigt das Virus, um in die menschlichen Zellen einzudringen. Mithilfe der vom Braunschweiger Professor Stefan Dübel entwickelten Phagendisplaytechnologie, einer Art biotechnologischem Baukasten, produzierte die TU-Forscherin Dr. Maren Schubert die „Zacken“ aller vier Corona-Varianten.

TU-Professor Michael Hust (in grüner Jacke) und sein Team (von links nach rechts): Nora Langreder, Dr. Maren Schubert, Federico Bertoglio, Doris Meier, Marlies Becker, Stephan Steinke. Unser Archivfoto stammt aus dem Jahr 2020.
TU-Professor Michael Hust (in grüner Jacke) und sein Team (von links nach rechts): Nora Langreder, Dr. Maren Schubert, Federico Bertoglio, Doris Meier, Marlies Becker, Stephan Steinke. Unser Archivfoto stammt aus dem Jahr 2020. © TU Braunschweig | TU Braunschweig

Die Forscher des Stockholmer Karolinska Instituts untersuchten dann im Labor Blutserumproben von Ungeimpften, Genesenden und von Menschen, die mit verschiedenen Impfstoffen gegen Corona geimpft waren. Als Blutserum bezeichnet man den flüssigen Anteil des Bluts, der auch die Antikörper enthält. „Um Aussagen über verschiedene Impfstoffe – mRNA-Vakzine wie Biontech oder Moderna und Totimpfstoffe wie die chinesischen Produkte Sinovac und Sinopharm – zu treffen, wurden für die Versuche auch viele verschiedene Seren benötigt“, erklärt Hust. „Deshalb ist eine solche Studie auch nur in internationaler Zusammenarbeit mit weltweiten Partnern möglich.“ Auch die TU-Forscher haben neben den Proteinen noch Seren beigesteuert. Husts Blut war ebenfalls darunter.

Außer den Biotechnologen der TU Braunschweig und den Schweden waren an der Arbeit italienische und schweizerische Wissenschaftler aus dem EU-Konsortium ATAC (Antibody Therapy Against Corona) sowie Forscher aus China und dem Iran beteiligt.

Antikörper gegen alle vier Corona-Varianten

Im Labor testeten die Schweden schließlich, inwieweit die in den Seren der verschiedenen Probanden enthaltenen Antikörper auf die unterschiedlichen Virusproteine reagierten – also an sie andockten und so ausschalteten. Sie konnten nachweisen: Nach einer zeitweiligen Antikörper-Abnahme rund drei Monate nach der Grundimmunisierung erhöht der Booster deren Menge wieder. „Ihre Zahl ist sogar deutlich höher als direkt nach der zweiten Impfung, teils um das zehnfache“, sagt Hust. Dies konnte für die Antikörpermenge gegen alle vier Virus-Varianten gezeigt werden.

Für Hust ist das wichtigste Ergebnis der neuen Studie, dass die Auffrischungsimpfung „eine gute Immunantwort“ gegen die Omikron-Variante liefert. Auch wenn dies für die in Deutschland zugelassenen Impfstoffe ausschließlich anhand der Antikörpermenge gezeigt wurde, ist er überzeugt, dass der mRNA-Booster auch hier die Immunzellen auf Trab bringt. „Aufgrund dessen, was wir bei den Antikörpern und den chinesischen Impfstoffen gesehen haben, gehe ich fest davon aus, dass das bei einer Grundimmunisierung mit unseren mRNA-Impfstoffen genauso gilt.“

Wichtige Erkenntnisse für weltweite Pandemiebekämpfung

Gleichwohl sind die neuen Erkenntnisse vor allem im globalen Maßstab wichtig. Die Forscher konnten nämlich auch zeigen, wie sehr der Impfschutz der chinesischen Totimpfstoffe von einem mRNA-Booster profitiert. Mit den chinesischen Vakzinen wurden bisher weltweit rund 41 Prozent aller Impfungen bestritten – insbesondere in Asien und Lateinamerika. „Es ist wichtig, nicht nur die in der westlichen Welt zugelassenen Impfstoffe zu untersuchen, sondern auch jene, die in anderen Weltregionen eingesetzt werden, um die Wirksamkeit der Impfstoffe weltweit beurteilen zu können“, ist Hust überzeugt.

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Dübel, der Vater des Braunschweiger „Protein-Baukastens“, ergänzt: „Omikron ist für uns alle ein erneutes Warnsignal dafür, dass wir die Pandemie nicht lokal beenden können, sondern nur durch eine möglichst optimale Impfung der gesamten Weltbevölkerung. Zu unserem Glück konnte weltweit die Biotechnologie zahlreiche Impfstoffe und Medikamente bereitstellen – schneller als je zuvor. Diese auch allen Menschen schnellstmöglich zugänglich zu machen, muss unser aller Ziel sein.“

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