Braunschweig. In Pflegeheimen verändert sich regelmäßig der Bedarf an Kräften. Eine Heimleitung erzählt von ihren Erfahrungen.

Etwa 130 Altenpfleger sorgen sich im Braunschweiger Senioren- und Pflegezentrum Bethanien um das Wohl von 250 Senioren. Zu wenig, meint Geschäftsführer Ulrich Zerreßen. „Bei einem Pflegegrad von 3,6 im Schnitt würden wir uns über 15 bis 20 Prozent mehr Pfleger freuen.“

Wöchentlich kommt die Heimleitung zusammen und berechnet den Bedarf an Kräften. Dieser steigt, wenn der Medizinische Dienst der Krankenkassen die Senioren in einen höheren Pflegegrad einstuft. Veränderungen können sich auch durch die hohe Fluktuation der Bewohner mit bis zu 500 Wechseln pro Jahr ergeben. Ein flexibler Teil der Betten ist für Kurzzeitpflege vorgesehen. Zerreßen: „Kurzfristig können wir die Stunden eines Teilzeitmitarbeiters erhöhen. Langfristig brauchen wir aber neue Kräfte, weil ja auch mehr Hände gebraucht werden, die parallel arbeiten können.“ Daher ist schon jetzt das gesamte 200-köpfige Team, das in dem Zentrum arbeitet, mit eingebunden. „Die Servicekräfte des Küchenpersonals etwa bringen das Essen zu den Personen in die Zimmer, die nicht mehr den Speiseraum besuchen können“, nennt der Geschäftsführer beispielhaft.

Zwischen 2500 und 3500 Euro kostet die Unterbringung in dem Haus der Evangelischen Stiftung Neuerkerode pro Monat. Neben den Zuschüssen der Pflegekasse muss jeder Bewohner für die Unterkunft noch um die 1500 Euro aufbringen. Eva Carsch (85) und Irmgard Fuchs (87) wohnen seit sechs beziehungsweise acht Jahren in dem Haus. Beide entschlossen sich freiwillig, in die Einrichtung zu gehen. „Ich bin sehr dankbar über die Pflege. Was mich aber allgemein bedrückt, ist die Pflegesituation. Oft sind die Pfleger völlig erschöpft.“ Beide sind Mitglieder des Heimbeirates, Carsch ist zudem Teil des Arbeitskreises Ethik, der sich mit Verbesserungswünschen in der Pflege an Regionsvertreter der Bundes- und Landespolitik gewendet hat – bislang ohne inhaltliche Reaktion.

Möglichkeiten für Pfleger, um auf die Situation aufmerksam zu machen, wie Flashmobs oder Kundgebungen, gibt es zwar, „doch viele haben keine Kraft mehr dazu“, erklärt Zerreßen.

„Ein Fehler ist vielleicht, häufig die negativen Seiten des Berufes herauszustellen. Er ist oft sehr abwechslungsreich und schön. Dokumentarische Tätigkeiten wechseln sich mit der Pflege am Menschen ab“, sagt Heimleiterin Stefanie Rutsch. Und Zerreßen ergänzt: „Am allerschönsten ist es doch, wenn die Senioren die Arbeit mit einem Lächeln oder einem Dankeschön anerkennen.“

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