Wolfsburg. Das Projekthaus Amsel 44 im Wolfsburger Amselweg wurde am Donnerstag von der Polizei durchsucht. Die Ermittler beschlagnahmten Rechner.

Das Amsel 44 ist das Zentrum der Verkehrswende-Aktivisten in Wolfsburg. Am Donnerstag fand im offenen Aktions- und Projekthaus im Amselweg eine Razzia der Polizei statt. Ermittler haben vor dem Hintergrund verschiedener Ermittlungsverfahren nach Beweismitteln gesucht, bestätigte Polizeisprecher Thomas Figge gegenüber unserer Zeitung.

Die Polizei sieht offenbar Hinweise, dass Aktivisten aus dem Amsel 44 oder aus dem Umfeld für verschiedene Sachbeschädigungen verantwortlich sein könnten. Im April wurde auf der Golf-Skulptur an der Braunschweiger Straße mit schwarzer Sprühfarbe und wohl per Schablone ein Hinweis auf das anstehende Verkehrswende-Camp hinterlassen.

Im März gab es eine Graffiti-Attacke auf die Mohren-Apotheke in der Rothenfelder Straße. Ihr Name und ihr Logo sind bei Rassismus-Gegnern umstritten. Unbekannte übermalten das „o“ im Namen mit einem „ö“, hinterließen „Möhren“-Bilder und unterschrieben ihr Werk mit „Rüben gegen Rassismus.“

Polizei geht gegen Verkehrswende-Aktivisten in Wolfsburg vor

Bereits im September 2022 hatte die Volkswagen AG Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt, nachdem in Wolfsburg gefälschte Flyer mit dem Unternehmenslogo aufgetaucht waren. Zunächst fanden Warmenauer Flugblätter zu einem angeblichen Entschädigungsfonds von Volkswagen für Trinity-Lärmgeschädigte in ihren Briefkästen. Vier Tage später steckten in Brackstedter Briefkästen Flyer mit einer Einladung zu einer angeblichen Begehung des Baugrundstücks.

An diesem Donnerstag nun rückte die Polizei mit Beamten aus Wolfsburg und einer Einheit der Bereitschaftspolizei Braunschweig um 7 Uhr morgens im Amselweg an, berichtet Thomas Figge. „Es wurden verschiedene Dinge sichergestellt, die für die entsprechenden Verfahren von Bedeutung sein könnten“, so der Polizeisprecher. Einen Zusammenhang mit den bundesweiten Razzien gegen Aktivisten der Letzten Generation verneint Figge.

Durchsuchung im Projekthaus Amsel 44

Die Nutzer von Amsel 44 haben nach eigenen Angaben erst am Freitag von der Durchsuchung erfahren. „Das Projekthaus wurde in unserer Abwesenheit durchsucht. Rechner wurden beschlagnahmt“, sagt einer der Aktivisten. Dass dies wegen Flugblättern oder Graffiti passiert sein soll, kann er sich nicht vorstellen, denn dabei handele es sich um Albernheiten. „Das ist ein schwerer staatlicher Eingriff.“

Der Mann äußert die Vermutung, dass die Polizei einen Vorwand gesucht habe: Um in das Haus und die Rechner einer für die Volkswagen-Stadt neuen Gruppe „zu schnüffeln“, die eine für Wolfsburg neue Kampagne organisiere. „Es ist eine unbequeme Situation für den Konzern und die Politik.“

Polizei begründet Razzia mit Suche nach Beweismitteln

Dass die Durchsuchung des Projekthauses von einem Gericht genehmigt wurde, hält der Aktivist für „erstaunlich“. Der Aktivist wertet es als Anzeichen für „Filz“ zwischen Volkswagen, der Kommune, der Polizei und der Justiz. „Das ist eine politische Aktion und keine Strafverfolgungsmaßnahme“, meint er. „Unliebsamer Protest wird mit platten Mitteln plattgemacht.“

Das Reihenhaus im Amselweg wurde im Herbst 2022 von einer Stiftung verschiedener Initiativen gekauft, um Aktivisten zu ermöglichen, in Wolfsburg für eine Verkehrswende und eine Produktionsumstellung bei Volkswagen auf klimafreundliche Güter zu kämpfen. Zeitgleich begann in Warmenau der Protest gegen den Bau einer neuen Autofabrik.

Aktivist bezeichnet Durchsuchung als „politische Aktion“

Im April hatten die CDU-Ratsfraktion und die Junge Union den Aktivisten aus dem Amsel 44 Extremismus, Radikalismus und potenzielle Gewalt vorgeworfen. „Das Aktionshaus in Wolfsburg ist für eine radikale Verkehrswende für Wolfsburg und den Volkswagenkonzern. Dabei sind die Aktivisten bereits durch Veranstaltungen und Aktionen aufgefallen, die sich zum Teil in einer rechtlichen Grauzone befinden“, hieß es in einer Pressemitteilung. Deren Verfasser äußerten die Befürchtung, dass die Protestler künftig auf aktive Gewalt setzen könnten.

Vertreter des Amsel wiesen die Anwürfe zurück, sahen sich dadurch aber auch in ihrer Tätigkeit bestätigt: „Langsam kriegen sie Angst, dass sich etwas verändert“, erklärte ein Aktivist dazu.

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