Wolfsburg. Mit der „Wolfsburger Kleingartenkonzeption 2030“ legt die Verwaltung eine Art Masterplan vor. Für die Kleingärtner hat das weitreichende Folgen.

Es ist so etwas wie eine ultimative Bestandsaufnahme inklusive umfassender Auswertung und daraus folgenden Empfehlungen für die Kleingärten überall im Stadtgebiet: Die Verwaltung hat von zwei Planungsbüros die „Wolfsburger Kleingartenkonzeption 2030“ erarbeiten lassen. Untertitel: „Entwickeln – Verbinden – Vernetzen“. Für die mehreren tausend Kleingärtner ist dieser Masterplan von großer Bedeutung.

Bereits 2019 hatte die Stadt die Konzeption in Auftrag gegeben. Nun wird darüber in allen Ortsräten, im Umwelt- und im Bauausschuss beraten. Am 28. Juni soll der Rat der Stadt einen Grundsatzbeschluss über den Konzept-Entwurf fassen. Bestandteil dessen soll auch die Bildung einer Arbeitsgruppe „Kleingartenentwicklung“ sein, die in den nächsten Jahren Maßnahmen mit Kostenschätzungen entwickeln soll. Wie viel die Umsetzung der umfangreichen Konzeption bis 2030 insgesamt kosten könnte, dazu gibt es im Rahmenbeschluss-Vorschlag keine Angaben.

Die Kleingärten sind fester Bestandteil des Stadtlebens und Erholungsort für viele Wolfsburger, wie hier Viktoria (rechts) und Melina Schwert im KGV Detmerode.
Die Kleingärten sind fester Bestandteil des Stadtlebens und Erholungsort für viele Wolfsburger, wie hier Viktoria (rechts) und Melina Schwert im KGV Detmerode. © regios24 (Archiv) | LARS LANDMANN

Drei Kleingartenanlagen sind dem Masterplan Nordhoffachse im Weg

Anlass für den Konzept-Auftrag war insbesondere die Tatsache, dass der seinerzeit beschlossene Masterplan Nordhoffachse städtebauliche Entwicklungen vorsieht, denen die Gartenanlagen entlang der Heinrich-Nordhoff-Straße im Weg stehen. Ohne Ersatz für die drei betroffenen Kleingärtnervereine (KGV) „Am Bohlweg“, „Sonnenschein“ und „Westersieck“ am Hageberg und am Wohltberg wird das aber nicht gehen. Hinzu kommt, dass die Bevölkerungsprognose ein weiteres Wachstum für Wolfsburg vorhersagt. Was Bedarf an zusätzlichen Kleingartenparzellen bedeutet.

Die Verwaltung definiert Kleingartenanlagen – aktuell sind stadtweit 23 vereinsmäßig organisiert – als wesentliches Element der städtischen grünen Infrastruktur und als Ort des kommunikativen Austauschs verschiedenster Bevölkerungsgruppen. Sie „leisten einen aktiven Beitrag zur Umweltbildung und geben Raum zur naturnahen Freizeitgestaltung“, heißt es weiter in der Vorlage.

Die Stadt definiert die Kleingartenanlagen als wesentliches Element der städtischen grünen Infrastruktur. Hier gärtnert Thomas Becker, Vorsitzender des Kleingärtnervereins Wellekamp in der Innenstadt.
Die Stadt definiert die Kleingartenanlagen als wesentliches Element der städtischen grünen Infrastruktur. Hier gärtnert Thomas Becker, Vorsitzender des Kleingärtnervereins Wellekamp in der Innenstadt. © regios24 (Archiv) | Helge Landmann

Stadt Wolfsburg will Versorgung mit Kleingärten langfristig sichern

Zugleich befindet sich das Kleingartenwesen laut Stadt aber „in einem Spannungsfeld zwischen einem sich stetig verändernden Nutzerverhalten, einem prognostizierten, kontinuierlichen Bevölkerungswachstum und einer vereinzelten Inanspruchnahme von Kleingartenflächen für städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen“.

Um die Versorgungssituation langfristig sicherzustellen, will die Stadt „bestehende Kleingartenanlagen nach Möglichkeit erhalten“ und zusätzliche Anlagen schaffen. Konkret schlägt die Verwaltung als Ergebnis der Kleingartenkonzeption unter anderem Folgendes vor:

Bis 2026 sollen ein bis zwei neue Kleingartenanlagen mit 150 bis 250 Parzellen auf bereits im „Flächennutzungsplan 2020plus“ vorgesehenen Ersatzflächen entwickelt werden – und zwar vorrangig in Reislingen.

Bis 2030 sind darüber hinaus weitere Entwicklungen, vorrangig in Fallersleben, anvisiert.

Bei der Aufstellung des nächsten Flächennutzungsplans sollen weitere Ersatzflächen für die künftige Entwicklung von Kleingartenanlagen gesichert werden. Dafür sind in der Konzeption schon zwei erste Suchräume bestimmt worden, wie die Verwaltung informiert: „Diese befinden sich in der Nähe der Baugebiete ,Steimker Gärten’ und ,Sonnenkamp’ sowie in einem Bereich zwischen dem Ortsteil Wendschott und dem Stadtteil Vorsfelde.“

Für die bereits bestehenden Gartenanlagen sind konzeptionelle Vorschläge erarbeitet worden, als Lösungsansätze zur Stärkung des Wolfsburger Kleingartenwesens allgemein und speziell der einzelnen Kleingärtnervereine. Die Vorschläge sollen die Basis für die weiteren Planungen bilden.

„Um die erforderlichen Planungen und Entwicklungen neuer Kleingartenanlagen ermöglichen und um im Bedarfsfall eine strukturelle Entwicklung bestehender Kleingartenanlagen fördern zu können, sind von der Stadt Wolfsburg die dafür notwendigen Mittel im Haushalt der kommenden Jahre einzustellen“, schlägt die Stadt vor. Eine Arbeitsgruppe soll die Kosten im Vorfeld der Planungen ermitteln. Jährlich soll der Rat per gesonderten Vorlagen darüber entscheiden.

Die Kleingärten in Wolfsburg bieten viele Möglichkeiten zur Gestaltung und Nutzung. Dieser vielfältig angelegte Garten im KGV „Am Schäferbusch“ beispielsweise ist viel mehr als nur Nutzgarten zur Selbstversorgung.
Die Kleingärten in Wolfsburg bieten viele Möglichkeiten zur Gestaltung und Nutzung. Dieser vielfältig angelegte Garten im KGV „Am Schäferbusch“ beispielsweise ist viel mehr als nur Nutzgarten zur Selbstversorgung. © regios24 (Archiv) | LARS LANDMANN

Werden drei Kleingartenanlagen beseitigt, muss Ersatz her

Ein besonderes Augenmerk wird in der Konzeption auf das Thema Nordhoff-Achse und die drei dortigen Anlagen gerichtet. In der zwischen der Stadt und dem Bezirksverband geschlossenen „Vereinbarung zum Umgang mit den Kleingärtnervereinen entlang der Heinrich-Nordhoff-Straße im Zusammenhang mit strategischen Entwicklungszielen der Masterplanung Nordhoffachse“ werde ein Verbleib der Anlagen an den jetzigen Standorten bis Ende 2030 garantiert, möglicherweise können sie auch länger dort bleiben.

„Bei einer Inanspruchnahme dieser drei Kleingartenanlagen ist eine Kompensation und Neuausweisung vorrangig auf den planungsrechtlich gesicherten Ersatzflächen im Ortsteil Mörse beziehungsweise im Stadtteil Fallersleben beabsichtigt“, erklärt die Stadt. Dort müsste dann Platz für 373 neue Gärten geschaffen werden.

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Konzeption zusammen mit Kleingärtner-Bezirksverband erarbeitet

Entstanden ist die Konzeption in Zusammenarbeit mit dem Kleingärtner-Bezirksverband Wolfsburg und Umgebung. Dessen Vorsitzender Detlef Steiniker betonte gegenüber unserer Zeitung, dass das Gutachten auf Wunsch der Kleingärtner entstanden sei und Ende April bereits allen 23 Vereinen im Rathaus vorgestellt wurde. Er urteilte, dass das Gutachten vom federführenden Büro sehr umfangreich und sehr gut aufbereitet sei.

Detlef Steiniker ist Vorsitzender des Bezirksverbands der Kleingärtner Wolfsburg und Umgebung. Er hat seinen Garten im Kleingärtnerverein Detmerode.
Detlef Steiniker ist Vorsitzender des Bezirksverbands der Kleingärtner Wolfsburg und Umgebung. Er hat seinen Garten im Kleingärtnerverein Detmerode. © regios24 (Archiv) | Helge Landmann

Steiniker erinnerte daran, dass für das Baugebiet Hellwinkel-Terrassen „die Anlagen ,Steimker Berg’ und ,Waldfrieden’ geschliffen“ wurden. Er berichtete, dass sich der schon vor der Corona-Pandemie aufgekommene Kleingarten-Boom weiter fortsetze. Es gebe quasi keine freien Gärten. „Jeder Verein hat Interessentenlisten.“

Der Wegfall der Anlagen an der Heinrich-Nordhoff-Straße würde die Situation weiter verschärfen – wenn die Pläne denn realisiert werden. In einer Vereinbarung mit der Stadt sei schriftlich fixiert, dass die Vorbereitungen sieben Jahre vorher beginnen müssten, falls die Gärten aufgelöst werden, stellte Detlef Steiniker klar. Da hinke die auf das Jahr 2030 ausgerichtete Konzeption jetzt schon dem zeitlichen Ziel hinterher. Da es in Sachen Nordhoff-Achse „bisher noch nichts Konkretes“ gebe, müsse man wohl eher einen Zeitraum bis zum Jahr 2035 betrachten.

Zahlen zu Wolfsburgs Kleingärtner-Anlagen

23 offizielle Kleingartenanlagen mit insgesamt 2097 Parzellen und einer Gesamtfläche von 112 Hektar existierten 2019. Das ist ein deutlicher Rückgang gegenüber 2001, als es in Wolfsburg noch 30 Anlagen mit insgesamt 2741 Parzellen und 137,4 Hektar Gesamtfläche gab.

Nach Zahl der Parzellen war 2019 die Anlage „Neuland“ in Fallersleben mit 195 Gärten die größte, gefolgt von „Am Laagberg“ mit 182 und von „Fallersleben-Ost“ mit 134 Gärten.

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