„Wenn Winterkorn wirklich vom Betrug wusste, muss er zur Rechenschaft gezogen werden.“

Endlich. Endlich biegen auch die Ermittlungen der deutschen Strafverfolger im VW-Abgas-Skandal auf die Zielgerade . Auch wenn die Untersuchung der Staatsanwaltschaft Braunschweig noch (lange) nicht abgeschlossen ist, hat sie erste Anklagen erhoben. 75.000 Seiten Akten zeugen davon, dass es sich die Ermittler nicht leicht gemacht haben. Mit Sicherheit ist ihnen viel daran gelegen, dass ihre Einschätzung auch vor Gericht Bestand hat. Diesmal besonders, waren doch immer wieder Vorwürfe laut geworden, die Braunschweiger Justiz fletsche vor der Wirtschaftsmacht unserer Region ihre Zähne nicht ganz so scharf.

Mit dem früheren Vorstandschef Martin Winterkorn soll auch der größte Kopf zur Verantwortung gezogen werden. Vielen dürfte es Genugtuung bereiten, dass auch „die da oben“ dran glauben sollen. Zunächst gilt allerdings weiterhin die Unschuldsvermutung, wie die Staatsanwaltschaft selbst betonte – noch ist Winterkorn nicht von einem Gericht verurteilt. Auch wenn in den vergangenen dreieinhalb Jahren immer wieder Hinweise auf eine Mitwisserschaft öffentlich wurden, hatte Winterkorn selbst seine Unschuld beteuert. Selbst wenn dies im Machtgefüge VW schwer vorstellbar scheint, bleibt seine Sicht der Dinge abzuwarten. Die Entscheidung über seine Schuld oder Unschuld werden Richter treffen müssen. Und auch dieser Prozess könnte sich weitere Jahre hinziehen.

Doch wenn Winterkorn wirklich vom Betrug wusste, muss er zur Rechenschaft gezogen werden.Es wäre ein wichtiges Signal nicht nur an alle VW-Mitarbeiter, sondern an die gesamte Gesellschaft. Es darf nicht sein, dass nur die „kleinen Fische“ büßen müssen – die teilweise nicht nur im eigenen Interesse handelten, sondern zum vermeintlichen Wohl ihres Arbeitgebers. Die beiden Ex-Manager, die in den USA im Gefängnis sitzen, sind die besten Argumente. Die Erklärung des US-Justizministeriums hatte die Darstellung, einige Ingenieure hätten in der stillen Kammer klammheimlich ihr eigenes Süppchen gekocht, längst widerlegt. Nach Auffassung der Staatsanwälte wusste auch Winterkorn Bescheid. Womöglich muss der einstige VW-Held ins Gefängnis und Millionen zurückzahlen. Bei einer Verurteilung dürfte zudem VW versuchen, sich weitere Millionen zurückzuholen. Hoffentlich nehmen sich auch Topmanager anderer Konzerne den Fall zu Herzen.