„Emotionen, Attacken, laute Reden, leise Töne, alles ist gut gegen jene, die das politische System bekämpfen.“

Endlich. Endlich hat die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende zu den Vorfällen in Chemnitz das Wort ergriffen. Angela Merkel äußerte sich im Bundestag und ließ keinen Zweifel: Sie äußerte Entsetzen über die Todesfälle in Chemnitz und Köthen, forderte, dass die Täter „mit der Härte des Gesetzes“ bestraft werden müssten. Zugleich betonte sie mit Blick auf ausländerfeindliche Hetze, es gebe keinen Rabatt auf die Menschenwürde, „für niemanden“. Artikel eins des Grundgesetzes gelte für alle Menschen. Wie wahr!

Die Opposition analysierte dennoch treffend, was Merkels Rede fehlte: Themen wie Rente, Kinderarmut, Dieselproblematik oder das Klima kamen kaum oder gar nicht vor. Auch zur Causa Maaßen sagte Merkel nichts, sie vermied eine Positionierung gegen ihren Innenminister und CSU-Chef Horst Seehofer.

Erneut war ihre Rede vor allem von Sachlichkeit geprägt. Wer Gefühle angesichts der schwierigen politischen Stimmung erwartet hatte, sah sich getäuscht. Ob das in dieser Legislaturperiode reichen wird? Fraglich.

Ansonsten gab es bemerkenswert gute Reden von den Fraktionschefs der Grünen, der FDP und der Linken. Alle positionierten sich intelligent gegen die rechten Töne des versierten Rhetorikers und AfD-Fraktionschefs Alexander Gauland. Er zeigte mit seiner Rede erneut, dass ihm die Fremdenfeindlichkeit zu eigen ist.

Dass dem ehemaligen SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz daraufhin die Hutschnur platzte, er die AfD geräuschvoll attackierte, ist gut. Dass er sich aber Gauland auf den „Misthaufen“ der deutschen Geschichte wünscht, war zu viel und außerdem ungeschickt. Ebenso die verbalen Attacken des SPD-Politikers Johannes Kahrs, die dazu führten, dass die AfD-Abgeordneten das Plenum verließen, verfehlten ihren Zweck. Die Verrohung der Sprache sollte nicht voranschreiten: Emotionen, Attacken, laute Reden, leise Töne, alles ist gut gegen jene, die das politische System bekämpfen. Beleidigungen nutzen ihnen.