Braunschweig. Die Landeshauptstadt hatte auch Menschen aus unserer Region geimpft – und die Zweittermine abgesagt. Jetzt wurde eine Lösung für alle gefunden.

Nachdem Magdeburg erst Menschen aus unserer Region gegen Corona geimpft hatte und dann die Zweittermine absagte, waren viele verärgert. Doch nun gibt es eine Lösung für alle: Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne hat Angebote für die ausstehenden Zweittermine im Impfzentrum des Landkreises Börde in Haldensleben vermittelt. Los geht es in der Woche ab 28. Juni. Den dazu benötigten Impfstoff stellt das Land Sachsen-Anhalt dem Impfzentrum zur Verfügung.

Eine Reihe von Briefen Betroffener habe die Gesundheitsministerin erreicht. Da, wo Magdeburg sich aus der Verantwortung zog, übernimmt nun das Land. „Eine begonnene Impfserie muss auch abgeschlossen werden“, so Grimm-Benne in einer Pressemitteilung. Durch die Absagen der Zweittermine sei der vollständige Impfschutz gefährdet. Und die Ministerin geht noch weiter: Auch medizinrechtlich seien die Absagen problematisch. Schließlich hätten die Impflinge sich vor dem Hintergrund einer Aufklärung durch den Impfarzt für Erst- und Zweitimpfung entschieden.

Menschen, die sich in Magdeburg gegen Corona impfen ließen und deren Zweitimpfung abgesagt wurde, können sich vom 28. Juni bis 2. Juli im Impfzentrum des Landkreises Börde in Haldensleben mit Astrazeneca impfen lassen. Betroffene sollen sich laut dem Gesundheitsministerium Sachsen-Anhalt bis zum 14. Juni an das Impfzentrum unter wenden. Vom 1. bis 3. Juni ist eine Hotline unter (03904) 72403990 erreichbar.

Sozialministerium nennt andere Zahl als Trümper

Laut Ministerium sind rund 900 Menschen aus verschiedenen Bundesländern von den Absagen betroffen. Dagegen hatte Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper eine Anfrage unserer Zeitung mit der Aussage beantwortet, es hätten sich allein 2000 Menschen aus Niedersachsen in Magdeburg impfen lassen. Dem widersprach das Magdeburger Sozialministerium am Freitag. Bei der Stadt Magdeburg war am Freitag niemand zu erreichen, um die Diskrepanz zu erklären.

Die Impfzentren sprangen ein

Nach der Absage der Zweittermine für Bürger aus unserer Region, die das erste Mal in Magdeburg mit Astrazeneca gegen Corona geimpft worden waren, gab es einen ersten Hoffnungsschimmer: Das Impfzentrum Braunschweig übernimmt die Zweitimpfungen – zumindest für die Braunschweiger. Die Anmeldung erfolgt über impfzentrum@braunschweig.de. Auch Wolfenbüttel bietet das an. Und Wolfsburg zog nach.

Wolfsburger, die in Magdeburg erstgeimpft wurden und dort keinen Termin für die zweite Impfung erhalten, bekommen die Zweitimpfung im Wolfsburger Impfzentrum. Dies sagte am Dienstag die Stadtverwaltung zu. Die Betroffenen werden gebeten, den auf www.wolfsburg.de/impfzentrum unter „Formulare und Merkblätter“ hinterlegten Anmeldebogen auszufüllen und ihn bis spätestens Freitag, 21. Mai, an die E-Mail-Adresse impfzentrum@stadt.wolfsburg.de zu senden. Das Wolfsburger Impfzentrum vergibt dann einen Termin.

Betroffene aus dem Landkreis Wolfenbüttel können sich an wenden. Es sei aber noch nicht sichergestellt, mit welchem Impfstoff die Zweitimpfung erfolgen kann. „Das Impfzentrum Wolfenbüttel ist in Kontakt mit dem Land Niedersachsen, um ein Sonderkontingent des Impfstoffes von Astrazeneca für diese Zweitimpfung zu erhalten“, so Lisa Burfeind, Pressesprecherin des Landkreises Wolfenbüttel.

Die Landkreise stellen Lösungen vor

Peter Kropf, organisatorischer Leiter des Braunschweiger Impfzentrums, der am Freitag schnell die Initiative ergriffen hatte und die Betroffenen aus Braunschweig impfen will, sagt: „Wir sind verantwortlich für die Braunschweiger.“ Dass andere Landkreise sich erst mit dem Land absprechen wollen, versteht er aber. „Die Anweisungen kommen ja immer von dort.“ Nachdem unsere Zeitung das erste Mal über die Magdeburger Impfpleite berichtet hatte, bekam das Braunschweiger Impfzentrum laut Kropf um die 240 Mails – auch von Menschen aus anderen Landkreisen in unserer Region. Diese Bürger könne man allerdings nicht auch noch zusätzlich impfen. „Manche Landkreise haben so gut wie keinen Impfstoff mehr“, sagt Kropf. „Wir als großes Impfzentrum haben den Vorteil, dass wir große Lieferungen bekommen und so selten auf dem Trockenen sitzen.“

Er glaubt aber auch, dass es, wenn im nächsten Monat mehr Impfstoff geliefert wird, mithilfe der Ärzte machbar sein wird, dass alle die Zweitimpfung rechtzeitig bekommen. Die Landkreise wollen befinden sich derzeit in Absprache mit dem Land Niedersachsen und wollen in den nächsten Tagen Lösungen vorstellen.

Was ist passiert?

Viele Menschen aus unserer Region waren frustriert und fühlten sich alleingelassen. Das zeigt eine ganze Reihe an Anrufen und Mails, die unsere Redaktion am Freitag, 7. Mai, erreichen. Dabei begann alles mit Freude und Erleichterung. Die Stadt Magdeburg hatte noch freie Kapazitäten und öffnete die Impfung mit Astrazeneca von Dienstag, 6. April, bis Sonntag,11. April, für über 60-Jährige – auch mit Wohnsitz außerhalb Magdeburgs. Unsere Zeitung berichtete am Dienstag nach Ostern darüber. Nach der Erstimpfung kam am Freitag, 7. Mai, die Absage für den Zweittermin. Die Betroffenen wissen nicht, an wen sie sich wenden sollen – werden von einer Stelle an die nächste verwendet. Doch nun gibt es Hoffnung.

Als der Braunschweiger Rüdiger Koch von dem Magdeburger Angebot liest, bucht er im Internet einen Termin. „Den habe ich schon am Mittwoch bekommen“, sagt er. Außerdem informiert der 63-Jährige Freunde, die ebenfalls Termine vereinbaren. Auch Karin Marquardt hat die Initiative ergriffen und ist nach Magdeburg gefahren, um sich dort impfen zu lassen. Es sei alles reibungslos verlaufen. Die Termine für die Zweitimpfungen standen auch schon fest.

Die Absage kommt am Freitag

Mehrere Leser berichten, dass viele Kennzeichen aus Niedersachsen vor dem Impfzentrum parken. 40 Prozent der Impftermine seien in diesem Zeitraum an Menschen gegangen, die nicht aus Magdeburg kommen. Auf Anfrage unserer Zeitung teilt Oberbürgermeister Lutz Trümper mit, dass 2000 Menschen aus Niedersachsen eine Erstimpfung in Magdeburg bekommen haben. Das Sozialministerium sprach jedoch nur von 900 Menschen.

Doch am Freitagmorgen erwartet die Erstgeimpften aus unserer Region erst einmal eine böse Überraschung: Die Absage für die Zweitimpfung landet in den Mailpostfächern. Man wolle den knappen Impfstoff nun gezielt den eigenen Einwohnern zukommen lassen. Außerdem solle die Reisetätigkeit auf ein Mindestmaß eingeschränkt werden. „Wir bitten Sie, sich um einen Impftermin für die zweite Impfung beim zuständigen Impfzentrum in Ihrem Einzugsbereich oder bei Ihrem Hausarzt zu bemühen“, heißt es.

Lutz Trümper verweist auf die Hausärzte

Gerhard Schaller, der sich ebenfalls in Magdeburg hat impfen lassen, sagt: „Wir stehen jetzt erstmal alleine da. Wie hier agiert wird, finde ich sehr willkürlich.“ Auch Karin Marquardt ist fassungslos. „Erst dachte ich, dass das nicht wahr sein kann.“ Die 68-Jährige hat eine Vorerkrankung und stand wochenlang auf der Warteliste in Braunschweig. Als sie dann vorher in Magdeburg geimpft wurde, sagte sie den anderen Termin ab. „Und jetzt stehe ich ganz ohne Zweittermin da.“ Ihren Bekannten gehe es ähnlich.

Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper rechtfertigt die Entscheidung auf Anfrage unserer Zeitung auf einer Pressekonferenz: „In Magdeburg selbst können wir die Zweitimpfung derzeit nicht absichern. Wenn ich noch einmal 2000 von außerhalb impfe, dann sind das zwei Prozent der Magdeburger Bevölkerung weniger, die ich jetzt impfen kann.“ Die Probleme der Erstgeimpften, die jetzt ohne Termin dastehen, scheint er nicht nachvollziehen zu können. Die Zweittermine seien ja erst zwölf Wochen später, Ende Juni oder Anfang Juli. „Jeden Tag wird erzählt, dass die Hausärzte jetzt intensiv impfen. Wenn ich das glauben kann, dann sollte das machbar sein, in den nächsten fünf oder sechs Wochen einen Termin bei dem Hausarzt in Niedersachsen zu bekommen“, so Trümper. „Das kann ja nicht das Problem sein.“

Es herrscht Verwirrung

Doch ganz so einfach ist das nicht, wie unsere Leser und Leserinnen es uns berichten. Eine Arztpraxis aus der Region sagt, sie nehme die Patienten in ihre Liste mit auf – allerdings wisse man noch nicht, wie viele Patienten noch anrufen und nach Zweitterminen fragen würden. Andere Ärzte verabreichen nur die Zweitimpfung, wenn sie zuvor auch die Erstimpfung vorgenommen hätten. Ein Leser beschreibt, sein Arzt hätte ihm erst zugesagt – und dann, nachdem viele Anfragen kämen, erst einmal wieder abgesagt. Der logistische Aufwand sei gerade nicht zu bewältigen.

Karin Marquardt ruft im Impfzentrum an. Hier wird sie an ihren Hausarzt verwiesen – der wiederum an das Impfzentrum verweist. Bei der Impfhotline ist man ebenfalls verwirrt. Auch bei dem Online-Portal der Impfzentren kann man nur Ersttermine machen.

Zweitimpfung kann auch später erfolgen

Oliver Grimm, Pressesprecher des Niedersächsischen Gesundheitsministeriums, versteht den Frust der Menschen. Er sagt: „Das ist nicht die feine englische Art von Magdeburg gewesen und sehr, sehr unschön für die Betroffenen.“ Die Aussage, man könne sich bei den zuständigen Impfzentren im jeweiligen Einzugsbereich um einen Zweittermin bewerben, kann er nicht nachvollziehen. Beim Impfportal sei ein Eintragen für eine Zweitimpfung nicht vorgesehen und könne nun auch nicht kurzfristig eingerichtet werden.

Er bittet die Erstgeimpften, den niedergelassenen Ärzten die Situation zu schildern und sich hier um einen Zweittermin zu bemühen. Dieser könne auch ein wenig später liegen als ursprünglich vorgesehen. „Der Zeitraum zwischen den beiden Impfungen kann auch ausgedehnt werden“, so Grimm.

Impfzentrum impft die Braunschweiger Betroffenen

Doch am Freitagabend gibt es dann noch gute Nachrichten für die Erstgeimpften – zumindest für die Braunschweiger und Braunschweigerinnen unter ihnen. „So wie ich die Verordnung interpretiere, haben die Leute ein Recht auf ihre Zweitimpfung“, so Peter Kropf. Er ist der organisatorische Leiter des Impfzentrums in Braunschweig. Man wolle die Menschen nicht weiter von einer Stelle zur nächsten schicken, weil sich keiner verantwortlich fühle.

Kurzerhand beriet er sich mit seinem Stellvertreter – und sie fanden eine Lösung. „Unseren Braunschweiger Betroffenen geben wir einen Termin“, sagt er. Und das zwölf Wochen nach dem jeweiligen Ersttermin – so wie es vorgesehen war. Kropf sagt: „Wir fühlen uns verantwortlich für die Braunschweiger. Das bedeutet zwar eine ganze Menge mehr an Arbeit, aber wir werden sie schon irgendwie unterbekommen können.“ Da dies jedoch über das Impfportal nicht möglich sei, sollen Betroffene eine Mail an
schicken, in der sie kurz ihre Situation und den Termin der Erstimpfung nennen. Schaller hat sich schon mit dem Impfzentrum in Verbindung gesetzt. Nach einem stressigen Tag, an dem er viel rumtelefoniert hat, ist er an seinem Ziel angekommen – er wird seine zweite Impfung bekommen.

Wichtige Corona-Regeln und Infos für die Region

Alle wichtigen Fragen und Antworten zu Corona in Niedersachsen gibt's hier . Welche Regeln zurzeit in Braunschweig gelten, erfahren Sie hier.

Die Corona-Lage in der Region

Unsere Redaktionen sammeln alle wichtigen lokalen Infos zum Coronavirus auf FAQ-Seiten, die stets aktualisiert werden. Online sind die Überblicke aus Braunschweig, aus Wolfsburg, aus Wolfenbüttel, aus Gifhorn, aus Salzgitter, aus Peine und Helmstedt sowie aus Osterode.

Hier finden Sie eine Übersicht über die Corona-Lage im gesamten Bundesland Niedersachsen.