„Neben unserer Waldsehnsucht gäbe es rationale Gründe, das Ökosystem Wald nachhaltig zu bewirtschaften.“

Waldsterben– vor 30, 35 Jahren war dieser Begriff in aller Munde. Waren es damals vor allem Industrieabgase und saurer Regen, die Bäumen zusetzten, sind es heute Wetterextreme wie Dürre, Stürme und Starkregen. Folge ist vor allem in Monokulturen die explosionsartige Ausbreitung des Borkenkäfers , der grüne Fichten-Forste binnen eines Sommers in triste Baum-Friedhöfe verwandeln kann. Harz-Wanderer kennen das.

Warum stört uns der Anblick toter Wälder? Woher rührt unsere Sehnsucht nach Wald-Idyll? Wald gehört zu unserer Lebenswirklichkeit: Ein Viertel der Fläche Niedersachsens und knapp ein Drittel der Fläche Deutschlands ist bewaldet. Trotzdem wurde das so präsente Grün in verschiedenen Epochen unterschiedlich wahrgenommen. Als „schauerlich und widerwärtig“ beschrieb der römische Historiker Tacitus die Wälder Germaniens. Doch ihren Bewohnern – unseren Ahnen – waren Bäume heilig. Die Welt-Esche Yggdrasil sollte Himmel, Erde und Unterwelt verbinden. Im Mittelalter hingegen galt der finstere Wald als gefährlich, war er doch bevorzugter Aufenthaltsort wilder Tiere und ruchloser Räuber. Erst vor 200 Jahren erkoren Dichter und Maler der Romantik den Wald zum Symbol einer heilen Welt. Damals begann auch die systematische Forstwirtschaft.

Heute wissen wir nicht nur um die mythische Bedeutung des Waldes. Längst schätzen wir Wälder als Ort der Erholung, als Garten für den nachhaltigen Rohstoff Holz und als Lunge des Planeten. Neben unserer Waldsehnsucht gäbe es also reichlich rationale Gründe, das Ökosystem Wald nachhaltig zu bewirtschaften. Gestern versprach die niedersächsische Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast Waldbesitzern 1,5 Millionen Euro Soforthilfe . 1,5 Millionen Euro – eine lächerliche Summe! Ob Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner beim nationalen Waldgipfel am 25. September mutiger sein wird?