Braunschweig. 2013 scheiterte die Firma Better Place mit ihrer revolutionären Idee für billige E-Mobilität. Auch Tesla hat das Konzept aufgegeben.

Unser Leser Gerd Marquardt aus Salzgitter fragt:

„Könnte die Reichweite von Elektro-Autos nicht erhöht werden, indem an der Tankstelle die Batterie gewechselt wird?“

Die Antwort recherchierte Johannes Kaufmann

Die Welt zu einem besseren Ort machen – das war die Vision des Unternehmers Shai Agassi. Entsprechend nannte er seine Firma Better Place (dt. besserer Ort). Besser, das bedeutete für Agassi unabhängig vom Erdöl. Um dies zu erreichen, setzte das israelische Wunderkind, das es im Alter von 39 Jahren zum jüngsten Mitglied des Vorstands des deutschen Software-Giganten SAP gebracht hatte, auf die Idee unseres Lesers.

Er kündigte seinen Job und gründete ein Unternehmen. Das sollte die zwei großen Probleme der Elektro-Mobilität lösen: die geringe Reichweite und die hohen Anschaffungskosten der Fahrzeuge. Dafür sollte Better Place dem Kunden den Kauf der teuren Batterie ersparen und stattdessen eine monatliche Gebühr für die Aufladung erheben. Darüber hinaus sollte das Unternehmen Stationen vorhalten, an denen eine leere Batterie innerhalb weniger Minuten gegen eine volle ausgetauscht werden kann.

Better Place legte einen Raketenstart hin: In der ersten Finanzierungsrunde 2007 warb Agassi 200 Millionen US-Dollar Startkapital ein. Israels damaliger Staatspräsident Schimon Peres und der ehemalige US-Präsident Bill Clinton unterstützten das Projekt nach Kräften. Im März 2008 attestierten Analysten der Deutschen Bank Better Place das Potenzial für einen „Paradigmenwechsel“, der die gesamte Autoindustrie erschüttern und sogar das Ende des Verbrennungsmotors einläuten könnte.

Agassis Ingenieure gingen die technischen Herausforderungen mit dem Improvisationstalent an, das für die israelische Industrie typisch ist. Einen Mechanismus von schnell zu lösenden Haken übernahm man von der israelischen Luftwaffe. Statt Fliegerbomben hielt das System nun schwere Akkus unter Elektro-Autos. Diese konnten schließlich innerhalb von nur 65 Sekunden ausgetauscht werden.

Das System funktionierte. In Israel entstanden Ladeplätze und Austauschstationen, auch in Dänemark nahm die Idee Fahrt auf. Und doch währte der Traum von einem besseren Ort durch billige Elektro-Mobilität nur kurz. Im Mai 2013 war Better Place insolvent – obwohl die Firma fast eine Milliarde Dollar Risikokapital eingeworben hatte.

Das Projekt war vor allem auf bombastischer Rhetorik und mehr als optimistischer Mathematik aufgebaut gewesen. Am Ende kostete der Bau einer Austauschstation zwei statt der kalkulierten halben Million Dollar. Die notwendige Standardisierung der Batterien schränkte die Autohersteller stark ein. Nur ein einziges Modell, der Renault Fluence Z.E., nutzte das System – bei einem Anschaffungspreis von 35 000 Dollar. Agassi hingegen hatte versprochen, dass sein Konzept die Autos billiger als jeden Benziner machen würde. Statt der versprochenen 100 000 Fahrzeuge brachte Better Place bis zur Pleite gerade einmal 1300 Autos auf die Straße.

Auch die Firma Tesla hat die Idee austauschbarer Batterien, die teilweise im „Model S“ verwendet und in Kalifornien erprobt wurden, mittlerweile aufgegeben. Das Unternehmen will sich stattdessen auf den Aufbau von Schnellladestationen konzentrieren.

Bei Elektro-Autos hat die Tauschbatterie in absehbarer Zukunft keine Chance. Anders ist es bei spezielleren Nutzungskonzepten. Unser Leser berichtet etwa von Elektro-Loks im Bergbau mit austauschbaren Akkus. Auch bei Gabelstaplern wird diese Technologie seit vielen Jahrzehnten verwendet. Und bei den Olympischen Spielen 2008 in China wurden 50 Tauschakku-Busse eingesetzt.