Braunschweig. Yves Schmolke ist Schüler und engagiert sich auch politisch. Hier erzählt er, wie es dazu kam, was ihn in der Politik stört und was er gut findet.

Meine Politisierung begann 2019. Das EU-Parlament hatte damals eine Urheberrechtsreform geplant. Diese hätte in den Augen vieler zu einer massiven Einschränkung in der künstlerischen Freiheit von Online-Künstlern geführt. Geplant war, dass Bild, Text und Ton nur noch in deutlich kleinerer Auflösung oder Länge wiederverwendet werden dürfen.

Betroffen wären dann auch die sogenannten „Memes“ – dabei werden selbst erstellte oder aus dem Kontext gerissene Inhalte aus Fernsehen, Film und Serien neu vertont, oder es wird zusätzlicher Text hinzugefügt, um eine oft politische Botschaft oder einen simplen Witz zu verbreiten. Da ich zu der Zeit viele Memes im Internet veröffentlicht habe, hat mich das Vorhaben des EU-Parlaments sehr geärgert.

Viele Tausend Menschen haben dagegen demonstriert, aber es kam keine Reaktion der Politik darauf. Nein, der damalige Europapolitiker Sven Schulze (CDU) hat sogar behauptet, dass die Protest-E-Mails gefälscht und automatisiert gewesen seien, dass auch die Online-Petition gefälscht worden sei. Hier habe ich das erste Mal den Eindruck bekommen: Es gibt Menschen, die über andere entscheiden, aber sich gar nicht für diese interessieren. Das hat mich gestört. Ich war frustriert und habe mich lange nicht mehr damit auseinandergesetzt.

Erst ein Plakat, dann Wahlprogramme und schließlich ein „Meet&Greet“ in Braunschweig

Dann kam 2021 die Bundestagswahl, und einige Wochen zuvor war auch schon die Kommunalwahl in Braunschweig. Anfang August habe ich ein Plakat der Partei „Volt“ gesehen. Darauf stand: „Fahrrad fahren wie in Kopenhagen, Volt macht’s wählbar.“ Ich wunderte mich: Von dieser Partei hatte ich noch nie etwas gehört. Daraufhin habe ich eine Online-Recherche gestartet, habe Wahlprogramme gelesen und schließlich bin ich auch zu einem Meet&Greet – dem örtlichen Stammtisch – gegangen.

Dort habe ich das Braunschweiger Team kennengelernt – aus meiner Sicht eine junge dynamische Truppe, die darüber geredet hat, wie sie Politik anders angehen und neu gestalten möchte. Das hat mich sehr fasziniert und beeindruckt. Auch der starke Europa-Fokus, der Glaube an etwas Größeres und das Herzblut für die Themen haben mich gefesselt. Ich habe noch am selben Abend meinen Mitgliedsantrag abgeschickt und wurde später Mitglied.

Verantwortung für eine Gruppe von Menschen

Danach habe ich viel auf der niedersächsischen Ebene mitgearbeitet. Ich war mitverantwortlich für das Aufstellen von Direktkandidaten und habe einige der lokalen Aufstellungsversammlungen sowie einen Landesparteitag geleitet. Aber auch in Braunschweig war ich weiterhin engagiert und habe mich mit der Thematik der Infostände auseinandergesetzt sowie in Vorbereitung auf die Wahl die gesamte rechtliche Vorbereitung durchgeführt.

Während des Wahlkampfes zur Landtagswahl wurde ich Mitte 2022 zum Co-Verantwortlichen für das Braunschweiger Team gewählt. Ein besonderer Tag – das erste Mal, dass ich Verantwortung für eine Gruppe von Menschen übernommen habe.

Die Probleme junger Menschen in der Politik

Eines der größten Probleme in der kommunalen Beteiligung von jungen Menschen ist meiner Meinung nach die Bürokratie. Wer in der Politik tatsächlich etwas bewegen möchte, muss lange dranbleiben und sich mit allen möglichen Ämtern, Verwaltungsabteilungen und bürokratischen Prozessen auseinandersetzen. Das ist nicht nur langweilig, kostet viel wertvolle Zeit und ist ermüdend, sondern man hat auch das Gefühl, dass man nichts dabei bewirkt.

Hinzu kommt noch, dass sich junge Menschen oft nicht ernstgenommen und nicht gehört fühlen in unserer Gesellschaft. Wenn sie Probleme haben, werden diese oft relativiert. Dies geschieht dann oft mit Sätzen wie: „Ach, so schlimm ist das doch gar nicht“, „Kleinigkeit“ oder „Mach’ keine Probleme, wo keine sind.“ Das ist schade, denn dadurch wird wertvoller Input unterdrückt, und es ist nun mal so, dass junge Menschen andere Probleme haben als ältere.

So habe ich zum Beispiel Anfang 2022 an einem offenen Brief zur Corona-Situation an den Schulen mitgewirkt. Damals fühlten wir uns mit der Situation alleingelassen und haben die Politik dazu aufgefordert, mit uns zu reden und Lösungen für das hohe Infektionsrisiko zu finden. Daraufhin gab es Gespräche mit der Bundesministerin für Bildung und der Vorsitzenden der Kultusminister-Konferenz. Aus diesen Gesprächen ist aber nichts hervorgegangen. Wir, die 100 Schülersprecher, die das Vorhaben unterstützten und die über 100.000 Unterzeichner der Petition wurden einfach ignoriert.

Was in Braunschweig dafür getan wird, junge Menschen zu beteiligen

Die Stadt Braunschweig veranstaltet regelmäßig Workshops gemeinsam mit Jugendlichen, um wichtige Fragen zu klären im Themengebiet Jugendbeteiligung. Das finde ich sehr gut und dort fühle ich mich auch tatsächlich wahrgenommen und habe den Eindruck, dass man Interesse an meinen Gedanken hat. Auch bei der Erarbeitung des Grundsatzprogramms für Bürgerbeteiligung in Braunschweig wird immer wieder speziell an Jugendliche gedacht.

Außerdem entsteht momentan aus einer Schülerinitiative heraus gemeinsam mit der Stadt eine Art Jugendparlament. Das sind alles sehr wertvolle und große Schritte in Richtung besserer Beteiligung hier in Braunschweig – und ich hoffe, dass diese von engagierten Menschen weiter verfolgt werden.

Yves Schmolke besucht den 11. Jahrgang der IGS Heidberg und absolviert zurzeit ein Schülerpraktikum in der BZ-Lokalredaktion.

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