Braunschweig. Der 32-Jährige ist neuer Kapitän bei Eintracht Braunschweig – mit uns sprach er über Verantwortung und Teamgeist.

Er war schon in der Rückrunde der Führungsspieler der Eintracht und als Stellvertreter von Kapitän Stephan Fürstner einer der Gründe, warum der Fußball-Drittligist die Klasse gehalten hat. Nachdem Fürstner auf das Spielführer-Amt verzichtete, ist Bernd Nehrig nun Ranghöchster im Löwenrudel. Doch der 32-jährige Mittelfeldspieler will deshalb nicht anders auftreten, sondern sich treu bleiben. Mit unserer Zeitung sprach er über Verantwortung und Teamgeist.

Bernd Nehrig, Glückwunsch zur Ernennung als Eintracht-Kapitän. Was bedeutet Ihnen das?

Es ist eine große Ehre für mich, die Jungs aufs Feld zu führen. Mit meinen 32 Jahren ist es zwar auch ohne das Kapitänsamt mein Anspruch, voranzugehen, die jungen Spieler zu führen und Verantwortung zu übernehmen. Daher muss ich jetzt nicht viel anders machen. Oft wird in die Kapitänsrolle auch zu viel reininterpretiert, aber der Spielführer hat – gemeinsam mit dem Mannschaftsrat – natürlich eine wichtige Funktion als Bindeglied zwischen Trainer und Mannschaft. Deshalb macht es mich stolz, dass mir dieses Vertrauen geschenkt wurde.

Hat es Sie überrascht, dass Stephan Fürstner verzichtete?

Stephan und ich kennen uns schon lange, tauschen uns häufig aus und haben bereits seit unserer gemeinsamen Zeit in Fürth eine enge Bindung. Deshalb wusste ich über das Thema früh Bescheid. Ich finde es einerseits schade, aber ich habe großen Respekt vor seiner Entscheidung und kann seine Gründe nachvollziehen. Außerdem wird Stephan nun kein anderer Spieler und weiter eine wichtige Rolle in der Mannschaft spielen, auch wenn er nicht mehr Kapitän ist.

Die Rückrunde der Eintracht scheint ein Beleg zu sein, dass ein funktionierendes Mannschaftsgefüge für den Erfolg manchmal wichtiger als Talent ist. Wie viel kann so etwas ausmachen?

Es ist extrem wichtig, dass man eine gute Mischung hat. Es braucht erfahrende Spieler, die in schwierigen Situationen die Ruhe bewahren, genauso wie junge Wilde, die auch mal was Unvorhergesehenes machen. Aber als Mannschaft kann man nur Erfolg haben, wenn der Zusammenhalt stimmt. Erst dann gelingt es, die Mentalität auf den Platz zu bringen, durch die das Talent und die Qualität des Einzelnen zum Tragen kommen. Und ich bin sicher, dass wir auch in dieser Saison ein starkes Gebilde haben werden.

Wie haben Sie die Diskussionen um Ex-Coach André Schubert erlebt?

Als Spieler bekommt man so etwas natürlich auch mit und macht sich im Urlaub seine Gedanken, wie es weitergeht. Als Spieler kann ich zu vielen Dingen wenig sagen. Aus rein sportlicher Sicht gab es wenig zu kritisieren, denn wir waren erfolgreich. Deshalb kann ich einige Fans auch verstehen, die geschockt über die Trennung waren. Aber es gibt immer mehrere Aspekte zu berücksichtigen, die über das Sportliche weit hinausgehen. Es ist mir lieber, dass es einen Wechsel auf der Trainerposition gibt, als dass ein komplett neues Team aufgebaut werden muss. Nur eine Person zu ersetzen, ist einfacher. Und ich denke, es ist ein großes Plus, dass wir mit Christian Flüthmann jemanden haben, der bereits Teil der erfolgreichen Rückrunde war und Mannschaft, Liga und Verein kennt. Er muss nicht bei Null starten.

Wie lange haben Sie gebraucht, um das dramatische Saisonfinale gegen Cottbus zu verdauen?

Das hat den für mich persönlich bescheidenen Wochen davor noch einmal die Krone aufgesetzt. Die letzten Spiele verletzt zu verpassen, war wirklich hart. Und gegen Cottbus wusste ich während des Spiels nichts mit mir anzufangen. Bis zur letzten Minute wusste ja keiner von uns, ob er danach nach Hause fährt und arbeitslos ist oder ob wir mit der Eintracht auch in der nächsten Saison in der 3. Liga spielen. Umso schöner war es, wie es geendet ist. Trotzdem saßen wir noch bei der Mannschaftsfahrt auf Mallorca jeden Abend zusammen und haben uns gefragt: Was war das für eine Rückrunde? Es hat schon lange gedauert, bis wir realisiert hatten, was in diesen Monaten alles passiert ist.

Wie viel Kraft kann die Mannschaft aus dieser Erfahrung ziehen?

Extrem viel. Das zeigt uns, was mit Wille und Einsatz alles möglich ist. Es ist nicht immer relevant, wer die besten Fußballer hat, sondern oft, wer mehr Leidenschaft auf den Platz bringt. Dann kann man auch das Glück erzwingen. Aber wir wollen so eine Situation auch nie wieder erleben.

Viele Drittliga-Trainer sehen Eintracht nun sogar als Aufstiegsfavorit. Ansporn oder Belastung?

Ich möchte mal wissen, ob diese Trainer eine Glaskugel besitzen, mit der sie in die Zukunft blicken können. Natürlich wird sich kein Verein selbst als Favorit bezeichnen, damit setzt man sich nur unnötig unter Druck. Aus unserer Sicht wäre es zu extrem, den Aufstieg als Ziel zu formulieren. Wir sind dem Abstieg gerade noch von der Schippe gesprungen, da kann man jetzt keine großen Ziele raushauen. Aber natürlich haben wir uns in der Rückrunde etwas aufgebaut und durch die Neuzugänge sogar noch etwas Qualität hinzugewonnen. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass wir eine bessere Saison spielen werden.

Gibt es eine Partie, auf die Sie sich besonders freuen?

Der Start in Magdeburg wird schon einmal ein schöner Auftakt vor einer toller Kulisse. Aber ich freue mich auf jedes einzelne Spiel in der 3. Liga, weil wir dankbar sein müssen, dass wir noch in dieser Liga sind. Deshalb ist die Vorfreude riesig.