Braunschweig. Die zuletzt nicht fehlerfreien Braunschweiger Footballer spielen am Sonntag im Eintracht-Stadion gegen Dresden ein Finale um die Nordmeisterschaft.

Kein Fünkchen Selbstzweifel begleitete die Lions-Footballer durch die vergangene Saison. Nicht im schlimmsten Albtraum dachten die Braunschweiger daran, verlieren zu können. Und mit solcher Selbstsicherheit ausgestattet eilten sie von Sieg zu Sieg und zur Nordmeisterschaft. An dieser Stelle stand geschrieben, es wären die besten Lions aller Zeiten.

Das stimmte auch. Mit Ausnahme eines einzigen Spiels, ausgerechnet des wichtigsten, des Endspiels um die deutsche Meisterschaft. Da fanden die Lions ebenso überraschend wie verdient ihren Meister in den Schwäbisch Hall Unicorns.

Das ist nun elf Monate her. Und vieles ist ähnlich gelaufen beim deutschen Rekordmeister. Trotz des Neuaufbaus mit gut 20 neuen Spielern, die vom Erfolgs-Trainer-Gespann Troy Tomlin und Dave Likins integriert werden mussten. Erneut wurde der wichtigste Europapokal gewonnen, der Eurobowl. Und auch in der Bundesliga ging es glorreich los: Mit einem 45:0-Sieg in Hamburg, mit einem 42:3 gegen Kiel, mit einem 51:6 in Hildesheim und weiteren Ergebnissen zum Zungeschnalzen.

Doch irgendwann, je länger die Spielzeit dauerte, gab es immer mehr Probleme, schlichen sich Fehler ein, Unachtsamkeiten und Unkonzentriertheiten. Für die meisten Gegner waren die Lions trotzdem stark genug, doch gegen die Berlin Rebels gab es gleich zwei Niederlagen. Es war zuvor lange her, dass die Braunschweiger zweimal gegen einen Liga-Kontrahenten im gleichen Jahr verloren haben. Aber es macht deutlich: Die Lions 2018 sind schlagbar. Und das kann der in den Vorjahren schon fast entmutigten Konkurrenz plötzlich Flügel verleihen.

Und so kommt es am Sonntagnachmittag im Eintracht-Stadion zu einem Punktspiel-Showdown mit absolut ungewissem Ausgang. Es trifft der Nord-Erste auf den punktgleichen Zweiten. Und nur der Sieger hat garantiert Heimrecht im Viertelfinale und im Erfolgsfall auch im Halbfinale. Das Endspiel, der German Bowl, ist wie gewohnt fest vergeben und findet wieder in Berlin statt.

„Es ist irgendwie der Wurm drin“, findet Jan Hilgenfeldt. Der ehemalige Dresdner ist so etwas wie ein Tausendsassa auf dem Spielfeld, vielseitig einsetzbar und zuletzt beim knappen Sieg in Kiel eine der Hauptanspielstationen im Angriff. Der erfahrene Ballfänger gehört erst wieder seit ein paar Partien zum Lions-Kader nach einem längeren Auslandsaufenthalt und hat sich gleich gut integriert in die neue Lions-Mannschaft. Aber auch Hilgenfeldt spielt nicht fehlerfrei. In Kiel verdaddelte er einen einfachen Ball und damit das Angriffsrecht für seine Farben. „Es wäre besser gewesen, ich hätte den Ball einfach nur gefangen und wäre stehen geblieben. Aber ich wollte wohl zuviel, unbedingt noch ein paar Meter gutmachen. Und da war ich vor dem Fang, der dann schief ging, wohl schon in Gedanken bei dem Weg, den ich laufen wollte“, gab der 29-Jährige unumwundnen zu. Ein häufiger Fehler, schon den zweiten Schritt zu denken, bevor der erste abgeschlossen ist. Ein Anfängerfehler.

„Vielleicht“, sagt Hilgenfeldt nachdenklich, „wollen die Etablierten, die alten Hasen im Team, zuviel. Und das geht dann immer wieder mal schief.“ So wie in der Abwehr viele Blocks und Tackles, die falsch gesetzt werden, mit leichten, aber entscheidenden Stellungsfehlern und halbherzigen Zugriffen. Das geht gegen Mittelklasse-Gegner meistens noch gut, gegen die Topgegner aber fast garantiert schief. „Es sind viele Kleinigkeiten, die uns zu schaffen machen“, weiß auch Tomlin, dass er eine tolle Truppe zusammen hat, die aber noch reifen muss. Der personelle Umbruch ist noch nicht nahtlos vollzogen.

Mangelnder Reife steht allerdings häufig auch sichtbar größere Leidenschaft und Einsatzwillen gegenüber. Damit machen die Lions immer wieder kleinere und auch etwas größere Fehler wett. Und das lässt den Funken stärker als vor einem Jahr überspringen aufs Publikum. Die Zuschauer spüren ganz genau, wann ihre Lions Unterstützung brauchen und geben sie ihnen auch im Überfluss.

Es ist also spannender als früher in Duellen mit wirklich starken Gegnern wie es die Dresdner am Sonntag sind. Und die Lions haben gelernt, mit gelegentlichen Rückschlägen positiv umzugehen. Mit feurigen, funkelnden Augen sagte Passverteidiger Tim Unger nach dem Kiel-Spiel: „Wir wollen Dresden unbedingt besiegen. Aber wenn das nicht klappt, erreichen wir trotzdem unser großes Saisonziel und werden Meister. Da bin ich mir felsenfest sicher.“ Da fehlt er wieder, der Selbstzweifel. Prima!

Lions – Dresden, Sonntag, 15 Uhr, Eintracht-Stadion