Lüneburg. Die 2G-Regel in Niedersachens Einzelhandel kippte vor Weihnachten das Oberverwaltungsgericht. Es hagelte Kritik. Der OVG-Präsident im Interview.

Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hat zum Ende des vergangenen Jahres die 2G-Regel im Einzelhandel in Niedersachsen verworfen. OVG-Präsident Thomas Smollich erklärt, dass die Verteilung der Corona-Verfahren auf einen anderen Senat nichts mit der Entscheidung zu tun habe.

Das OVG hat Ende vergangenen Jahres für Aufsehen gesorgt, als die 2G-Regel im Einzelhandel in Niedersachsen gekippt wurde. Wie haben Sie die Kritik von vielen Seiten aufgenommen?

Ich kommentiere die Entscheidung nicht, das unterliegt dem 13. Senat. Im Hinblick auf die dazu mittlerweile ergangenen unterschiedlichen Gerichtsentscheidungen verschiedener Oberverwaltungsgerichte ist anzumerken, dass in den Corona-Verfahren Landesverordnungen überprüft werden, die sich manchmal schon vom Wortlaut her unterscheiden. Zudem geht es bei Corona-Verordnungen um Verhältnismäßigkeit. Die Richter kommen da unter Umständen zu unterschiedlichen Bewertungen. Das ist wie in der Politik, da gibt es auch unterschiedliche Ansichten.

Zum Jahresanfang gab es eine neue Aufgabenverteilung, der 13. Senat ist nun für das Ausländerrecht zuständig, der neue 14. für Corona. Eine politische Beeinflussung gab es da nicht?

Der 13. Senat ist seit Beginn der Pandemie mit rund 600 Verfahren extrem belastet gewesen. Wir haben einen neuen Senat mit drei Richterstellen bekommen, auch weil das Planungsrecht so viel mehr Zeit in Anspruch nimmt. Die internen Überlegungen über eine ausgewogene Verteilung der Belastung begannen im Sommer, ein Ausgleich stand an. Die Entscheidung darüber wurde wie üblich zum Jahreswechsel im dafür zuständigen Gremium - dem aus gewählten Richtern bestehenden Gerichtspräsidium, also einem Selbstverwaltungsorgan - wie in unserem Haus in solchen Fällen üblich einstimmig getroffen. Insofern ist der Vorwurf einer politischen Beeinflussung völlig aus der Luft gegriffen. Zumal der Vorsitzende Richter des 13. Senats dem neuen 14. Senat eine Zeit lang noch zur Seite stehen wird, um Wissen zu transportieren.

Wie sieht es derzeit mit dem Eingang von Verfahren zur Pandemie aus?

Zurzeit geht es, es ist nicht so viel wie 2021. Aber es ist damit zu rechnen, dass bei weiteren Einschränkungen in der Corona-Verordnung diesbezüglich neue Verfahren eingehen werden.

Wie schwierig ist die Durchsetzung einer Impfpflicht?

Die Impfpflicht ist ein schwerer Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Man muss gut abwägen, ob das ein Mittel sein kann, die Pandemie einzugrenzen. Man muss schauen, ob sie verhältnismäßig ist und wie man sie umsetzen kann. Diese Fragen scheinen gerade in den Fokus der Diskussion zu rücken. Auch braucht es Zeit, um eine Impfpflicht rechts- und verfassungskonform auszugestalten. Die Vorhersage, dass sie einer gerichtlichen Prüfung unterzogen werden wird, ist nicht schwer zu treffen. Wie bei der Impfpflicht gegen Masern ist dafür - da entsprechende Regelungen in einem Bundesgesetz getroffen werden - das Bundesverfassungsgericht zuständig.

Welche Herausforderungen erwarten Sie in 2022 für das OVG Lüneburg?

Wir erwarten viele Asylverfahren, die Zahlen der behördlichen Verfahren sind im letzten Jahr stark gestiegen. Im Blick haben wir auch den Ausbau der Windenergie. Auch in diesem Zusammenhang ist mit einem Anstieg der Verfahren zu rechnen. Seit 2021 ist das OVG für weitere Planungsverfahren erstinstanzlich zuständig. Das war auch ein Grund dafür, dass der Haushaltsgesetzgeber einen zusätzlichen Senat bewilligt hat.

Zur Person: Thomas Smollich ist seit dem 24. März 2017 Präsident des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts. Der 58 Jahre alte Jurist aus Springe ist auch Präsident des Niedersächsischen Staatsgerichtshofes.

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