„Die Länge des Verfahrens wird nur durch die Hoffnung erträglich, dass nun endlich Klarheit entsteht.“

Fünf Jahre sind eine verflucht lange Zeit. So lange hat es gedauert, bis aus dem Dieselskandal eine zugelassene Anklage gegen den früheren Vorstandsvorsitzenden von Volkswagen wurde. Bis zu einem Urteil könnten viele weitere Monate hinzukommen.

Solche Verfahrensdauern sind nicht gut. Nicht für den Angeklagten Martin Winterkorn, der bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig zu gelten hat, und nicht für die Mitangeklagten. Nicht für das Rechtsempfinden der Bürgerinnen und Bürger und ihr Vertrauen in den Rechtsstaat. Nicht für ein Unternehmen, das noch so oft beteuern kann, es sei selbst Opfer betrügerischer Machenschaften, aber doch irgendwie mit auf der Anklagebank sitzt. Und es ist nicht gut für 650.000 Beschäftigte, die sich seit Jahr und Tag anhören müssen, sie würden in einem betrügerischen Laden arbeiten – weil erstaunlich viele Zeitgenossen glauben, sie bedürften zur Feststellung von Schuld oder Unschuld keiner ordentlichen Gerichtsbarkeit, sondern kämen mit „gesundem Volksempfinden“ sehr gut zurecht.

Die Justizbehörden führen mit Recht an, dass die Ermittlungen schwierig und die Fakten komplex seien. Dennoch: Die quälende Endlosigkeit des Verfahrens wird erst durch die Hoffnung erträglich, dass endlich Eindeutigkeit geschaffen wird. Zweifelsfrei sollte nun festgestellt werden, ob Winterkorn und die weiteren Angeklagten in den Abgasbetrug verwickelt waren – oder nicht, ob es bei VW eine von der Unternehmensspitze gedeckte oder sogar geforderte Täuschung der Behörden und der Verbraucher gab – oder nicht.

Der wichtigste Arbeitgeber unserer Region ist ein Motor der wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands und seiner anderen Standorte. Das Warten auf den Winterkorn-Prozess schwebte wie eine dunkle Wolke über Volkswagens Neuanfang – die juristische Aufarbeitung ist eine Chance, diesem Motor die Drosseln zu nehmen.