„Nach Monaten von Häme und Kleinkrieg hinter den Kulissen ist nun Ausnahmekönnen in Sachen Diplomatie und Versöhnung gefragt. Es bleibt spannend...“

Auch wenn die Verantwortlichen es in ihrer Pressemitteilung positiv verpacken und es natürlich eine gute Nachricht ist, dass der Standort aus der Corona-Krise kommt: Die Übertragung aller Gesellschaftsanteile an Dennis Schröder ist nur der vorläufige Schlussakkord in einem Konflikt, der schon ein gutes Jahr gärt.

Dass eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen der Aufsichtsratsspitze, dem Geschäftsführer und dem NBA-Profi nicht mehr möglich war, lag auf der Hand. Allerdings hatte man eher erwartet, dass zur Auflösung dieser Blockade Schröder wieder aussteigt.

Doch das wollte dieser offensichtlich nicht. Die regionale Wirtschaft, die den Basketball in den vergangenen knapp 20 Jahren durch Höhen und Tiefen geschifft hat, hat nun das Handtuch geworfen und das Wohl und Wehe der Löwen in die alleinigen Hände des 26-Jährigen gelegt.

Eine Zäsur, die natürlich Chancen beinhaltet - aber auch Schlimmes befürchten lässt. Denn es war immer eine Stärke des Standorts, dass die lokalen Großunternehmen den Erstligisten trugen und über den Aufsichtsrat die Geschicke bestimmten. So fehlten zwar die ganz großen Visionen, aber alles wurde „nach guter Kaufmannsart“ relativ solide verwaltet, auch größere Etatlöcher wurden stets gestopft. Die Zusage der Großsponsoren zum Einhalten der Verträge für das nächste Jahr steht. Aber was kommt danach?

Schröder hat im Blick auf seinen Heimatklub bestimmt allerbeste Absichten, möchte nicht als Totengräber sondern als Impulsgeber auftreten. Doch kann er das? Den Standort nachhaltig am Leben zu halten, wird unter den neuen Umständen sicher ein ganz schwieriger Drahtseilakt. Ohne die Unternehmen vor Ort, oder gar gegen sie, lässt sich eine Randsportart nicht vermarkten. Dazu müssen in einer Region alle Kräfte motiviert an einem Strang ziehen. Ob sie sich dieses Engagement noch antun, wenn sie selbst in der Gesellschaft weder Sitz noch Mandat haben?

Weder über einen künftigen Aufsichtsrat noch über das Schicksal des GmbH-Geschäftsführers Sebastian Schmidt ist bislang etwas bekannt geworden. Auch wenn Schmidt, nach der Calin-Kündigung die Reizfigur der Schröder-Fraktion, gehen muss - sein Nachfolger wird es schwer haben. Der Zwist im Nachwuchsbereich mit dem Partner SG Braunschweig dürfte noch am leichtesten zu bereinigen sein.

Bisher hat der Dennis Schröder den Löwen noch nicht viel vom versprochenen Mehrwert gebracht. Mag sein, dass dies der Entlassung seines Mentors Liviu Calin und den anschließenden Querelen geschuldet war und sich nun ändert.

Aber damit es bei den Löwen solide weitergeht, müssen auch die als Gesellschafter vor den Kopf gestoßenen Großsponsoren über die Laufzeit ihrer aktuellen Verträge hinaus bei der Stange gehalten werden. Ebenso die vielen Braunschweiger Kleinsponsoren, die zusammen ebenfalls Siebenstelliges zum 4,2-Millionen-Etat beisteuern. Nach Monaten von Häme und Kleinkrieg hinter den Kulissen ist nun Ausnahmekönnen in Sachen Diplomatie und Versöhnung gefragt. Es bleibt spannend...