Braunschweig. Vielerorts fehlen Wohnungen, das treibt vor allem in Städten die Kauf- und Mietpreise. Spätestens 2030 ist eine Trendwende erkennbar.

Die Preise für die angebotenen Mietimmobilien, aber auch Eigentumsimmobilien, gehen zum Teil drastisch nach oben, weil die Nachfrage extrem höher ist als die Angebote.

Das bemerkt Jürgen Winter auf unseren Facebookseiten.

Zum Thema recherchierte Andre Dolle.

Niedersachsens Bauminister Olaf Lies (SPD)beschönigte am Montag bei der Vorstellung des Wohnungsmarktberichts nichts. Als „größte Herausforderung für die nächsten Jahre“ bezeichnete Lies die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Das sei vor allem in den Ballungsgebieten so, in Universitätsstädten und auch in den wirtschaftlich starken Regionen zu spüren. Aber mittlerweile auch auf dem Land.

Explizit tauchte im Bericht für unsere Region neben den Städten Braunschweig und Wolfsburg auch das Umland der beiden Großstädte auf. Das ist keine große Überraschung. Dafür reicht ein Blick in die Wohnungsanzeigen und Kaufangebote. Überraschend ist allerdings, wie stark die Kauf- und Mietpreise gestiegen sind. Ursache sind fehlende Wohnungen. Laut Bericht gibt es bis 2025 einen Mangel an knapp 18.000 Wohnungen alleine zwischen Harz und Heide.

Die Preise

Wer 2018 eine Eigentumswohnung in Niedersachsen kaufen wollte, musste 68 Prozent mehr bezahlen als noch 2010 – durchschnittlich 1220 Euro pro Quadratmeter. Die Kaufpreise für ein gebrauchtes Ein- oder Zweifamilienhaus lagen im Mittel bei rund 190.000 Euro und damit um durchschnittlich 54 Prozent über denen von 2010. Das Plus bei den Mieten gab die landeseigene NBank, die den Bericht erstellt hat, mit 32 Prozent an.

Laut Peter Ache, Leiter der Geschäftsstelle des Oberen Gutachterausschusses für Grundstückswerte in Niedersachsen, lagen die Preise für ein gebrauchtes Ein- oder Zweifamilienhaus in Göttingen sogar um 80 Prozent höher als acht Jahre zuvor, in Braunschweig waren es
78 Prozent. In Göttingen betrug der Preis für ein frei stehendes Eigenheim im Mittel satte 384.000 Euro. Damit ist Göttingen aber nicht Spitzenreiter. Diese Position nimmt die Landeshauptstadt Hannover mit 420.000 Euro ein. Was man in Braunschweig oder Wolfsburg auf den Tisch legen muss, hatten die Mitarbeiter der NBank am Montag leider nicht parat. Gerade in Braunschweig dürfte sich der Preis aber nicht allzu weit unter dem in Hannover oder Göttingen bewegen, hieß es.

Bei den Mietpreisen lag die mittlere Angebotsmietein ganz Niedersachsen laut Bericht 2017 bei 7,04 Euro pro Quadratmeter. „Wir haben vielerorts im Land einen angespannten Wohnungsmarkt. Das gilt vor allem für unsere Ballungsgebiete“, sagte Lies. Teilweise werden Wohnungen für 10 Euro und mehr je Quadratmeter angeboten. Zu diesen Ballungsgebieten zählen Hannover, Osnabrück sowie in unserer Region Braunschweig und Wolfsburg.

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© Jürgen Runo

Es gebe immer mehr kleine Einkommen, aber immer weniger Sozialwohnungen, warnte Michael Kiesewetter, Vorstand der NBank. Das Problem sei dabei nicht, dass zu wenig gebaut werde, sondern zu stark renditeorientiert, erklärte Lies. Die Landesregierung will mit einem Förderprogramm von 400 Millionen Euro Anreize liefern, in den sozialen Wohnungsbau zu investieren. Bis 2023 würden mit Finanzhilfen des Bundes insgesamt 1,7 Milliarden Euro für den geförderten Wohnungsbau bereitgestellt.

Altersgerechte Wohnungen

Auch der demografische Wandel hat Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt. Weil es weniger große Familienhaushalte und mehr Senioren gibt, werden kleinere Wohnungen benötigt – und Barrieren wie Treppenstufen müssen abgebaut werden. Das Land hat den Bau barrierefreier Wohnungen im vergangenen Jahr neu geregelt. Zum Beispiel müssen niedrige mehrstöckige Häuser seither so geplant werden, dass sie mit einem Aufzug ausgerüstet werden können. „Unsere Bevölkerung wird älter. In praktisch allen Städten und Gemeinden wird die Zahl der Senioren zunehmen“, sagte Lies.

Der ländliche Raum

Lies mahnte zudem, den ländlichen Raum nicht zu vernachlässigen. Wegen der steigenden Kosten in den Städten zögen Familien vermehrt aufs Land, daher müssten etwa der öffentliche Nahverkehr und schnelle Internetverbindungen dort ausgebaut werden. NBank-Vorstand Kiesewetter sprach von einer „Trendumkehr“ – hin zur Suburbanisierung, also in Vororte und kleinere Städte.

Die Trendwende

Für eine weitere allgemeine Trendwende wird die Bevölkerungsentwicklung sorgen. Werden in Niedersachsen und auch in unserer Region in den nächsten Jahren zum Teil noch dringend weitere Wohnungen benötigt, wird mancherorts in einigen Jahren das Gegenteil der Fall sein. Im Harz ist das jetzt schon so, spätestens ab dem Jahr 2030 rechnet die NBank mit einem allgemeinen Trend. Überraschenderweise gilt das abgeschwächt auch für heutige Boomstädte wie Wolfsburg. Braunschweig soll weiter wachsen. Aber bis zum Jahr 2030 oder gar 2040 kann noch viel passieren.