Braunschweig. Die Opposition stößt eine Debatte über den Direktor des Regionalverbands an. Sie kommt zur Unzeit, der Verband ist im Umbruch.

Unser Leser Torsten Schmitt fragt auf unseren Facebook-Seiten:

Was hat der Regionalverband bisher eigentlich vollbracht?

Zum Thema recherchierte Andre Dolle

Auf den ersten Blick liest sich die Bilanz von Hennig Brandes, Direktor des Regionalverbands Großraum Braunschweig, gut: Unter seiner Ägide hat der Verband den Nahverkehr zwischen Harz und Heide Stück für Stück ausgebaut.

Alleine zum letzten Fahrplanwechsel Mitte Dezember hat der Verband einige Verbesserungen umgesetzt: den Halbstundentakt statt wie bisher den Stundentakt zwischen Braunschweig und Salzgitter-Lebenstedt etwa. Auf der Strecke Braunschweig-Wolfsburg gibt es nun von Montag bis Donnerstag sieben zusätzliche Fahrten in den Hauptverkehrszeiten.

Insgesamt kommen 96 Fahrten auf 14 Linien hinzu. Der Verband investiert gute sechs Millionen Euro in rund 650 000 zusätzliche Zugkilometer. Außerdem modernisiert er 40 Bahnstationen in der Region. Zusätzliche Verbesserungen sollen folgen.

Das Geld dafür bekommt er vom Land Niedersachsen. 2016 erhielt er noch 70 Millionen Euro für den Nahverkehr, 2021 werden es schon 100 Millionen Euro sein. Diesen finanziellen Zuwachs hat sich der Verband nicht alleine erkämpft. Auch Landtagsabgeordnete aus der Region, Oberbürgermeister und Landräte haben sich dafür eingesetzt. Gleiches gilt für das zweite Gleis der Bahnstrecke Weddeler Schleife zwischen Braunschweig und Wolfsburg.

Bei der Windkraft – dafür ist der Verband ebenfalls zuständig – geht es zuweilen langsam voran. Der Verband will zwar Hunderte von neuen Windrädern bauen lassen, die Planung dafür stockt aber seit Jahren.

Der Landtag hatte dem Regionalverband nach Verhandlungen mit den drei Großstädten und fünf Landkreisen zwischen Harz und Heide erst im Frühjahr weitere Aufgaben übertragen. Er soll sich nun zum Beispiel auch um den Hochwasserschutz und berufsbildende Schulen kümmern.

In dieser Phase des Umbruchs kocht eine Debatte um die Wiederwahl von Brandes hoch. Mit den Stimmen von SPD und CDU wurde er Anfang Dezember für die Amtszeit von acht Jahren erneut gewählt. Nur: Brandes geht bereits im Frühjahr 2020 in den Ruhestand. Dann ist er 62 Jahre alt. Das wussten SPD und CDU bei der Abstimmung. Wie sich jetzt herausstellte, hatte Brandes seine Ankündigung nicht ganz freiwillig getroffen.

Ingo Schramm von der FDP sieht in Brandes ein „Auslaufmodell“. Das schade dem Verband. Dass SPD, CDU und Brandes den Deal ohne Wissen der anderen Parteien einfädelten, zeugt für Schramm von fehlendem politischen Gespür. Die SPD stellt die stärkste Fraktion in der Verbandsversammlung. Sie ließ sich zusichern, dass sie den nächsten Direktor stellt. Brandes hat ein CDU-Parteibuch. „Das ist Mauschelei, das ist unanständig, was die beiden großen Parteien da machen“, sagt Schramm.

Die Grünen sehen Brandes’ Arbeit grundsätzlich kritisch. Fraktionschef Holger Herlitschke sagt: „Hennig Brandes hat keine Vision für den Verband auf der Grundlage der neuen Gesetzeslage und der neuen Aufgaben vorgestellt.“ Im persönlichen Gespräch habe Brandes Herlitschke gegenüber betont, dass er sich als „Arbeiter für das Machbare“ sieht und seine Aufgabe eben nicht in der Beschreibung einer Zukunftsstrategie erkennt. „Mein Eindruck war und ist, dass er die neuen Aufgaben sogar eher als lästig empfindet“, sagt Herlitschke.

Die Grünen vermissen bei Brandes eine Leidenschaft für Themen, die ihnen am Herzen liegen: die Reaktivierung von Bahnstrecken oder den Bau von Radschnellwegen etwa.

Dass Brandes im Frühjahr 2020 ohne weiteres den Posten des Verbandsdirektors räumen kann, ist indes noch gar nicht klar. Den Antrag auf Versetzung in den Ruhestand kann nur Brandes selber stellen, da er auf acht Jahre gewählt ist. Gleich drei Gesetze stehen sich im Widerstreit: das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz, das Niedersächsische Beamtengesetz und das Beamtenstatusgesetz, ein Bundesgesetz. Selbst Robert Thiele, Ex-Ministerialdirigent und Berater des Landkreistags sowie des Städte- und Gemeindebunds, stieß auf Anfrage an seine Grenzen. Er war sich nicht sicher, welches Gesetz für Brandes greift.

Und auch das Landesinnenministerium räumte nun ein, dass „eine gewisse Unsicherheit“ besteht, ob Brandes als Beamter auf Zeit auf Antrag verfrüht in den Ruhestand gehen kann.