Braunschweig. Seit vielen Jahren plant der Regionalverband, nun geht es in die heiße Phase. Es geht um viel Geld und um unterschiedliche Interessen.

Unser Leser Clemens von König aus Schladen fragt:

Wann wird der Regionalverband endlich die Planungen für die Windkraft abschließen?

Die Antwort recherchierte Andre Dolle

Die Windkraft ist ein großes Streitthema zwischen Harz und Heide. Politisch ist sie gewollt, finanziell wird sie vom Bund gefördert. Für die einen ist Windkraft saubere Energie, für die anderen bedeutet sie die Zerstörung von Kulturlandschaften – etwa nahe des Kaiserdoms in Königslutter.

Der Regionalverband Großraum Braunschweig hat das Ziel ausgegeben, die Region bis 2050 zu einer hundertprozentigen Erneuerbaren-Energien-Region zu machen. Der Ausbau der Windkraft soll ein Meilenstein sein. Die Nennleistung soll in den kommenden Jahren von 0,6 Gigawatt auf 1,4 Gigawatt mehr als verdoppelt werden. Das wäre die Leistung eines mittleren Atomkraftwerkes. Doch der Verband kommt nur mühsam voran. Die Anfänge datieren aus dem Jahr 2011. Dabei geht es bisher nur um die Planung und um die Vorrangflächen für Windräder, den Bau der Windparks übernehmen Investoren.

Läuft es jetzt optimal, steht im Mai 2018 der Satzungsbeschluss der Verbandsversammlung. Zweimal musste der Verband seine Pläne offenlegen. Beide Male gab es mehr als 1800 Einwände mit mehr als 10 000 beziehungsweise mehr als 8000 Einzelfragen. Die letze Offenlegung war 2016. Man sieht, der Widerstand ist immer noch sehr groß. Dennoch sieht der Verband bisher von einer dritten Offenlegung ab.

Zeitlich säße diese auch gar nicht mehr drin. Sie würde den knappen Zeitplan des Verbands über den Haufen werfen. Der Gesetzgeber verlangt bis Ende Mai 2018 eine Überprüfung des Regionalen Raumordnungsprogramms, kurz RROP genannt. Die Windkraftpläne sind Teil des RROP. Der erst vor kurzem wiedergewählte Verbands-Direktor Hennig Brandes sagt: „Entscheidend ist, dass durch das Konzept des Regionalverbandes sichergestellt wird, dass die Windräder ausschließlich auf die landschaftsverträglichen Vorranggebiete, das heißt 1,4 Prozent der Fläche des Großraums Braunschweig, konzentriert werden.“ So soll ein Wildwuchs vermieden werden, ausgeschlossen sind zum Beispiel Naturschutzgebiete und die Städte Braunschweig und Wolfsburg.

Klimaschützer freuen sich, dass es endlich vorangeht, doch die Zahl der Protestler ist groß. Tierschützer warnen vor Gefahren für den Greifvogel Rotmilan, der sich in den Rotorblättern verfängt. Gegner klagen über Licht- und Schallimissionen, über den großen Werteverfall ihrer Immobilien. Wer möchte schon 200 Meter hohe Windräder nahe der Haustür stehen haben?

Die Windkraft ist aber auch lukrativ. Landbesitzer freuen sich über Pachteinnahmen von Zehntausenden von Euro pro Windrad und Jahr. Anleger hoffen auf hohe Renditen. Unser Leser Clemens von König fragt aus eigenem Interesse. Er will selber Betreiber von Windkraftanlagen werden.

Alexander Heidebroek vom Bundesverband Windenergie ist Vorsitzender des Verbands in unserer Region und vertritt mehr als 300 Mitglieder. Heidebroek sieht den Regionalverband kritisch. Er sagt: „Natürlich sind wir von den wiederholten Verzögerungen nicht begeistert. Und mal ganz unabhängig von den großen politischen Klimaproblemen verzögern wir wieder die Energiewende bei uns in der Region.“

Wäre der Regionalverband schneller gewesen, hätten in den vergangenen Jahren zwischen Harz und Heide 250 Windenergieanlagen gebaut werden könne, so der Lobbyist. „Dabei sind wir bisher von Windenergieanlagen mit einer Höhe von 200 Metern ausgegangen. Die nächste Anlagengeneration, die aufgrund der Verzögerungen mittlerweile Stand der Technik sind, sind Windenergieanlagen mit Gesamthöhen von 240 Metern. Dementsprechend reduziert sich voraussichtlich auch die Anlagenzahl“, sagt Heidebroek.

Rein rechnerisch seien so Investitionen von rund 1,4 Milliarden Euro ausgeblieben. Da pro Windrad Investitionen in Höhe von etwa 5,5 Millionen Euro entstünden, kommt Heidebroek auf die Summe. „Außerdem gab es keine Bürgerbeteiligungsmöglichkeiten, keine Steuerzahlungen sowie keine Bauaufträge für regional ansässige Firmen.“

Mehr zum Thema lesen Sie hier: Regionalverband gerät beim Bau von Windparks unter Zeitdruck

Und einen Kommentar dazu finden Sie hier: Kampf um Windmühlen