Braunschweig. Gangster erbeuteten 2022 mit dieser Masche rund 800.000 Euro. Die Täter sind psychologisch geschult und sitzen meist in Polen oder der Türkei.

„Rate mal, wer hier ist!“ Seien Sie wachsam, wenn Sie so am Telefon begrüßt werden! Denn hinter solch einem Gesprächsauftakt stecken meist Ganoven, die es auf Ihr Geld abgesehen haben. Der sogenannte Enkeltrick ist einfach nicht totzukriegen. Im Gegenteil. Die Polizei registriert immer mehr Taten auch von „falschen“ Polizisten, Handwerkern und Mitgliedern von Feuerwehr oder Rettungsdienst, die an der Haustür abzocken wollen.

Die schrecken nicht davor zurück, gefälschte Dienstausweise vorzuzeigen, um sich Zutritt in Haus oder Wohnung ihrer Opfer zu verschaffen. Kaum sind sie drin, lenkt einer das Opfer ab, während der andere sich Schmuck und Bargeld unter den Nagel reißt. Die oftmals schauspielerisch begabten Eindringlinge verwenden im Grunde nur ganz wenige Tricks, zu denen sie sich aber immer neue Varianten einfallen lassen.

Masche der Trickbetrüger in Braunschweig ist meistens gleich: Anrufer gaukeln Notlage vor

Im vergangenen Jahr wurden laut Kriminalstatistik der Braunschweiger Polizeiinspektion bei 86 sogenannten „Straftaten zum Nachteil älterer Menschen“ rund 800.000 Euro erbeutet. Tröstlich: In 92 Prozent der Fälle ist es beim Versuch geblieben, sind die auserwählten Opfer den Tätern nicht auf den Leim gegangen.

„Unsere intensive Präventionsarbeit trägt Früchte“, sagt Kripo-Mann Frank Schunter, Leiter des Fachkommissariats 2, das unter anderem für die Aufklärung von Raub und Erpressung, Einbruch und Autodiebstählen zuständig ist. Dabei mag die Dunkelziffer beim Enkeltrick hoch sein. „Weil viele Geschädigte sich schämen, dass sie auf diese, doch eigentlich bekannte Masche reingefallen sind.“

Frank Schunter, Leiter des Fachkommissariats 2 bei der Polizeiinspektion Braunschweig, rät zur Vorsicht bei Anrufen und Haustür-Besuchen. Er sagt: „Die Täter sitzen meist in Polen oder der Türkei. Es handelt sich um bandenmäßig streng durchorganisierte Kriminalität.“
Frank Schunter, Leiter des Fachkommissariats 2 bei der Polizeiinspektion Braunschweig, rät zur Vorsicht bei Anrufen und Haustür-Besuchen. Er sagt: „Die Täter sitzen meist in Polen oder der Türkei. Es handelt sich um bandenmäßig streng durchorganisierte Kriminalität.“ © Polizei Braunschweig

Und die hat sich über die Jahrzehnte kaum verändert und sieht ungefähr so aus: Die Anrufer gaukeln eine Notlage vor, geben sich als Verwandte, Enkel, Nichte, Neffe oder auch gute Bekannte aus und behaupten, dass sie dringend und schnell Geld bräuchten. Zum Beispiel zur Regulierung eines Unfallschadens. Oder sie erbitten Geld für die Anzahlung einer Wohnung, die nur kurzfristig extrem günstig zu haben sei. Wahlweise funktioniert das Spiel auch mit dem Kauf eines „Schnäppchen“-Autos.

In Corona-Zeiten gaukelten die Täter vor, Verwandte hätten sich angesteckt

Haben die Opfer die geforderte Summe nicht parat, werden Sie gebeten, sogleich ihre Bank aufzusuchen und das Geld dort abzuheben. Sind die Angerufenen schlecht zu Fuß, rufen die Betrüger sogar manchmal ein Taxi. In Corona-Zeiten täuschten einige Kriminelle auch vor, angebliche Verwandte hätten sich mit dem Corona-Virus infiziert, lägen im Krankenhaus und benötigten dringend Geld für medizinische Behandlung.

„Die Täter sind psychologisch enorm geschult, spüren sofort, ob jemand sie anzweifelt oder gar durchschaut, und lassen dann meist auch schnell von ihrem Opfer ab. Wenn sie aber das Gefühl haben, das Opfer hängt am Haken, bauen sie enormen Druck auf, reden extrem schnell, damit die Opfer gar nicht erst zum Nachdenken kommt“, so Schunter.

Es handelt sich um bandenmäßig streng durchorganisierte Kriminalität

Oft forderten die Täter auch absolute Verschwiegenheit gegenüber Dritten ein. Weil sie angeblich nicht selbst kommen könnten, vereinbaren sie dann mit den älteren Menschen Ablageorte für das Geld. Nicht selten seien das Mülltonnen. Und nicht selten werde das Opfer dabei beobachtet, wie es sein Erspartes deponiert. Scheint die Luft rein, die Polizei offenbar nicht alarmiert, sammelten sie ihre Beute ein.

Die Täter sitzen nach den Erfahrungen der Braunschweiger Polizei meist in Polen oder in der Türkei. Sie sprächen sehr gut Deutsch, weil sie zuvor meist in Deutschland gelebt hätten. Es handele sich um bandenmäßig streng durchorganisierte Kriminalität. „Die Erfolgsaussichten, die Täter zu stellen, sind nicht sehr groß“, räumt Schunter ein. Ermittlungen ins Ausland seien oft langwierig, da alles auch über die Staatsanwaltschaft zu laufen habe.

Polizei lässt bei der Präventionsarbeit nicht locker

Hin und wieder werde mal ein sogenannter „Abholer“ gefasst. „Kleine Fische“, sagt Schunter. „Die Täter kennen sich untereinander oft gar nicht von Angesicht.“ So könnten sie auch nicht in die Verlegenheit kommen, sich gegenseitig zu verraten.

Die Braunschweiger Ermittler lassen nicht nach mit ihrer Aufklärungsarbeit und haben vor dreieinhalb Jahren eine eigene Stelle in der Inspektion eingerichtet, um effektiver gegen Enkeltrick & Co vorgehen zu können. „Das Thema wird uns erhalten bleiben“, prophezeit Inspektionsleiter Thomas Bodendiek.

Polizei: Kriminelle sind skrupellos und einfallsreich

Vor geraumer Zeit hat die Polizei daher auch 40.000 Braunschweigerinnen und Braunschweiger über 70 Jahren angeschrieben, um sie zu warnen. Darin heißt es: „Die Kriminellen sind dabei sehr einfallsreich sowie skrupellos und lassen sich immer etwas Neues einfallen. Die Opfer sind meist von der Situation überfordert bzw. überrumpelt und schaffen es nicht, die Kriminellen am Telefon oder an der Haustür abzuwehren. Immer wieder gelingt es Betrügern und Trickdieben, hohe Geldbeträge und/oder Wertsachen von Seniorinnen und Senioren zu erbeuten.“

Vermehrt versuchen die Täter auch, ihre Opfer über Whatsapp-Chats in die Falle zu locken. Die Masche ist ähnlich, funktioniert aber über schriftliche Annäherungsversuche. „Hier werden jedoch selten hohe Geldbeträge ergaunert“, so Schunter.

Tipps der Polizei:

  • Lassen Sie niemals Unbekannte in Ihre Wohnung!
  • Händigen Sie niemals Geld oder Wertsachen an Unbekannte oder an die Polizei aus!
  • Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen. Legen Sie den Hörer auf, wenn Ihnen etwas merkwürdig erscheint! Sprechen Sie am Telefon nicht über Ihre persönlichen und finanziellen Verhältnisse.
  • Raten Sie niemals, wer am Telefon ist! Fordern Sie den Anrufer auf, seinen Namen zu nennen!
  • Seien Sie misstrauisch: Die echte Polizei ruft niemals mit der Telefonnummer 110 an und fordert niemals Bargeld oder Wertsachen. Legen Sie selbst den Hörer auf! Informieren Sie sofort die Polizei, wenn Ihnen eine Kontaktaufnahme verdächtig vorkommt: Notrufnummer 110. Drücken Sie niemals die Wahlwiederholung, sonst landen Sie wieder bei den Betrügern!
  • Sichern Sie Ihre Wohnungstür! Wenn noch nicht vorhanden, lassen Sie von einem Fachmann einen Weitwinkel-Türspion und eine Türsperre an der Wohnungstür anbringen. Eine Gegensprechanlage bietet zusätzlich Sicherheit.

Fragen zum Thema beantwortet die Braunschweiger Polizei gerne unter der Telefonnummer 0531/476-2005. Oder schreiben Sie eine Email an: . Dort ist auch die Broschüre „Im Alter sicher leben“ erhältlich.

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