Braunschweig. Kittfalzstechen heißt die Masche, um über Öffnen der Fenstergriffe in Häuser zu gelangen. Die Polizei sagt, wie sich Bürger davor schützen können.

Ein Einbruch richtet nicht nur materiellen Schaden an. Er kann auch das Sicherheitsgefühl und die Psyche erschüttern, Ekel oder Putzzwang auslösen. 4 von 100 Einbruchsopfern halten es in ihrer Wohnung nicht mehr aus und ziehen um. Doch lassen sich rund 90 Prozent der Einbrüche durch mechanische Sicherheitstechnik verhindern, sagt Jens Zeiler, Beauftragter für Kriminalprävention bei der Braunschweiger Polizeiinspektion.

Seit Jahresanfang rund 140 Einbrüche in Braunschweig

Nach Pandemie und Lockdown registriert die Polizei wieder einen Anstieg der Einbruchdiebstähle. Die Menschen zieht es aus ihren Wohnungen und Häusern. Und Kriminelle machen sich das zunutze: Rund 140 Einbrüche und Einbruchsversuche in Privat- oder Gewerberäume seien seit Jahresanfang im Stadtgebiet angezeigt worden, sagt Thomas Burgdorf, stellvertretender Leiter des zuständigen Fachkommissariats 2 der Polizeiinspektion.

Jens Zeiler (links), Beauftragter für Kriminalprävention, demonstriert, dass sich ein Fenstergriff leicht austauschen lässt: Zeiler rät, den Griff abzuschrauben und gegen einen zertifizierten abschließbaren Griff zu ersetzen.
Jens Zeiler (links), Beauftragter für Kriminalprävention, demonstriert, dass sich ein Fenstergriff leicht austauschen lässt: Zeiler rät, den Griff abzuschrauben und gegen einen zertifizierten abschließbaren Griff zu ersetzen. © Braunschweiger Zeitung | Bernward Comes

Einbruchmasche Kittfalzstechen

Seit Februar fällt eine neue Masche auf, hinter der Burgdorf eine Serie vermutet. Der Modus Operandi wird im Fachjargon Kittfalzstechen genannt: Die Täter treiben einen Gegenstand – zum Beispiel einen Schraubenzieher – zwischen Glasdichtung und Scheibe und öffnen etwa mithilfe eines durchgeschobenen Drahts den dahinter liegenden Fenstergriff.

In anderen Fällen werde etwas vom „Kitt“ oder von der Glasdichtung entfernt und ein kleines Loch geschaffen, erläutert Jens Zeiler. Auf diese Weise drangen Einbrecher im Februar laut Thomas Burgdorf in rund 20 Fällen in Privatwohnungen und Gewerbebetriebe ein.

Dass sich Täter über den Fenstergriff Zugang verschaffen, lässt sich jedoch verhindern. Der Präventionsbeauftragte rät als Sofortmaßnahme zu abschließbaren Fenstergriffen. „Sie sind leicht auszutauschen."

80 Prozent der Täter hebeln Fenster oder Türen auf

Grundsätzlich empfiehlt die Polizei für private Haushalte mechanische Sicherheitstechnik. „Diese verhindert, dass ein Einbrecher ins Haus gelangt.“ Zeiler verweist auf die Statistik, nach der 80 Prozent der Täter mit Werkzeugen wie Schraubenziehern Fenster oder Türen aufhebeln. „Weitere 10 Prozent schlagen ein kleines Loch in die Glasscheibe und öffnen den Fenster- oder Türgriff oder treiben einen Gegenstand zwischen Glasdichtung und Scheibe.“

Einbrüche, wenn am Tag niemand zu Hause ist

In vielen Fällen handele es sich um überörtlich agierende Täter, die immer auf der Suche nach neuen, geeigneten Tatorten seien. Die Einbrüche würden zur sogenannten „Tagesabwesenheitszeit“, also bei Tageslicht oder mit Einsetzen der Dunkelheit in der Zeit von 8 bis 20 Uhr begangen.

Zeiler: „Da die Einbrecher unbedingt vermeiden wollen, mit den Bewohnern der ausgewählten Tatobjekte zusammenzutreffen, werden Wohnungen und Häuser vor der Tat ausgekundschaftet. Es wird darauf geachtet, ob Autos und Fahrräder auf dem Grundstück stehen, ob der Briefkasten gefüllt ist, die Blumen verwelkt sind, die Rollläden ständig hochgezogen oder runtergelassen sind.“

Das rät die Polizei:

  • Nicht abschließbare oder ungeprüfte Fenstergriffe gegen abschließbare austauschen. Die Griffe sollten gleichschließend, zertifiziert und nach DIN EN 18267 geprüft sein. Zu achten ist auf einen Drehmoment von mindestens 100 Nm – besser 200 Nm (Widerstandsklasse/Abdrehwiderstand FG-S-1 oder FG-S-2). „Allein durch den Austausch gegen geprüfte und zertifizierte Fenstergriffe (Druckoliven) kann man den Modus Operandi Kittfalzstechen und Kleiner Glasbruch nahezu ausschließen“, erklärt der Präventionsbeauftragte.
  • Bei Bestandsimmobilien empfiehlt Jens Zeiler als optimale Variante den Austausch aller Fenster- und Türelemente, die ein Einbrecher ohne Hilfsmittel und im Stehen erreichen kann, gegen einbruchhemmende Elemente nach DIN EN 1627-1630 mit einer Widerstandsklasse (Resistance Class) von mindestens RC2. „Diese Elemente sind als Gesamtkonstruktion von Rahmen, Beschlag und Verglasung auf ihre Einbruchhemmung getestet und wurden geprüft oder zertifiziert.“ Sie verfügen über „Pilzkopfzapfen-Beschläge“, einbruchhemmende Verglasung (P4A-Glas) und sollten mit abschließbaren Fenstergriffen nach DIN EN 18267 ausgestattet sein.
  • Möchte man vorhandene Fenster und Fenstertüren nicht austauschen, kann auch mithilfe von geprüften Aufschraubsicherungen (DIN EN 18104-Teil 1) oder in das Element eingelassenen (DIN EN 18104 – Teil 2) einbruchshemmenden Beschlägen nachgerüstet werden.
  • Kostenlose Beratung in Sachen Einbruchdiebstahl bieten Mitarbeiter der örtlichen kriminalpolizeilichen Beratungsstellen. Die Braunschweiger Polizei berät nach Terminabsprache vor Ort oder in der kriminalpolizeilichen Beratungsstelle und erstellt individuelle Sicherheitskonzepte sowie Schwachstellenanalysen. Kontakt: Kriminalpolizeiliche Beratungsstelle, Friedrich-Voigtländer-Straße 41 in 38104 Braunschweig, Telefon 0531/476-2005 oder 476-3051, E-Mail: bfk@pi-bs.polizei.niedersachsen.de
  • Tipps im Internet unter: www.polizei-beratung.deund www.k-einbruch.de

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