Braunschweig. Ein Überblick zur aktuellen Lage in elf Punkten: Turnhallen, Hotels, Kitas, Sprachkurse und vieles mehr.

Täglich kommen Dutzende Menschen aus der Ukraine in Braunschweig an – ein Kraftakt für Verwaltung und Stadtgesellschaft. Oberbürgermeister Thorsten Kornblum (SPD) und Sozialdezernentin Christine Arbogast haben am Freitag über den aktuellen Stand informiert. Ihr Zwischenfazit: „Die Maschinerie läuft auf allen Ebenen auf Hochtouren.“ Ein Überblick:

1. Rund 1600 Geflüchtete wurden privat aufgenommen

Fast 2000 Geflüchtete aus der Ukraine haben sich bislang in Braunschweig registrieren lassen. 570 von ihnen sind in der Stadthalle (Erstaufnahme), in der Sporthalle Naumburgstraße, in verschiedenen Hotels und weiteren Einrichtungen untergebracht. Alle anderen wurden privat aufgenommen. Die Stadtverwaltung geht davon aus, dass auch weitere Ukrainerinnen und Ukrainer private Unterbringungen gefunden haben, die bislang noch nicht erfasst sind.

2. Die Situation ist unübersichtlich

„Wir haben immer noch einen ungeregelten Zustrom durch private Transporte“, sagt Kornblum. „Das macht es kompliziert, unsere Kapazitäten zu planen. Und es ist auch nicht gut für diejenigen, die zu uns kommen, wenn wir sie nicht optimal unterbringen können.“ Er appelliert daher erneut an alle, zuerst das Verteilzentrum in Laatzen anzusteuern. Von dort werden die Geflüchteten nach bestimmten Kontingenten auf die Städte und Landkreise verteilt.

3. Versorgungsstation für Haustiere

Braunschweig scheint ein beliebter Anlaufpunkt zu sein, so Arbogast. „Die Menschen wollen in die großen Städte, und wir waren mit der Erstaufnahme in der Stadthalle einigermaßen früh am Start. Auch wenn dort nur provisorische Betten sind, bekommen wir die Rückmeldung, dass die Menschen sich sehr gut versorgt fühlen. Das Essen sei sehr gut, auch die soziale Betreuung, und es gebe gute Angebote für Kinder.“

Eine Rolle spielt auch die Versorgungsstation für Haustiere an der Stadthalle. „Das ist für uns ein neues Thema“, sagt Arbogast. „Es kommen sehr viele mit Tieren.“ Kein einfaches Thema, wenn es darum geht, wo die Geflüchteten nach dem kurzen Aufenthalt in der Stadthalle unterkommen: Hotelbetreiber sehen Haustiere nicht so gern, auch in den Turnhallen ist es schwierig. „Wir sind daher sehr dankbar, dass das CJD Familien mit Tieren aufnimmt.“

4. Drei Turnhallen für Flüchtlinge

Zusätzlich zur Turnhalle Naumburgstraße (150 Plätze) im Heidberg werden jetzt zwei weitere Sporthallen für Flüchtlinge geöffnet: ab Dienstag die Sporthalle Arminiusstraße (190 Plätze) im Siegfriedviertel und ab 12. April die Sporthalle Rheinring (180 Plätze) in der Weststadt. Die Stadt prüft auch weitere Sporthallen.

5. Zwei Hotels und ein Hochhaus

In den kommenden Wochen will die Stadt das Vienna-Hotel an der Salzdahlumer Straße mit mehr als 300 Plätzen komplett für die längerfristige Unterbringung von Kriegsvertriebenen anmieten. Außerdem mietet die Stadt ab sofort einen großen Teil des Centro-Hotels im Westlichen Ringgebiet mit 120 Plätzen. Dort sollen zum Beispiel Hochschwangere oder Menschen mit gesundheitlichen Problemen untergebracht werden. Darüber hinaus nutzt die Stadt auch weiterhin ein Hotel für Quarantänefälle. Und: Ab dem 1. Mai stehen im Hochhaus an der Otto-von Guericke-Straße wie berichtet langfristig zunächst rund 75 Plätze zur Verfügung. Dort sollen nicht nur Menschen aus der Ukraine untergebracht werden, sondern auch andere Geflüchtete.

6. Geflüchtete ziehen um

Mit den neuen Unterkünften gibt es ab Ende April insgesamt etwa 1100 städtische Plätze zur Unterbringung. Dorthin sollen all jene Geflüchteten „umziehen“, die bislang befristet in der Jugendherberge aufgenommen wurden oder die – über die Stadt verstreut – in verschiedenen Hotels Zimmer bekommen haben.

Ziel sei es, so Arbogast, verstärkt größere Einrichtungen und Immobilien zu nutzen. „Zwar ist der Standard im Hotel besser als in einer Turnhalle. Aber die Betreuung im Hotel ist nur schwer zu leisten. Viele kleine Standorte sind schwierig, wir bräuchten dann mehr Personal, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, Dolmetschende, Sicherheitsdienste und weiteres.“ Die Stadtverwaltung sucht weiterhin Unternehmen oder Hilfsdienste für den Betrieb größerer Standorte. Angedacht seien Poollösungen, damit nicht jeder Standort unterschiedliche Betreiber habe, so Arbogast.

7. Privater Wohnraum gesucht

Außerdem werde mit Hochdruck daran gearbeitet, Geflüchtete in reguläre Wohnungen zu vermitteln. So haben unter anderem die städtische Nibelungen-Wohnbaugesellschaft, die Braunschweiger Baugenossenschaft und die Genossenschaft Wiederaufbau Wohnungen bereitgestellt.

8. Ein ukrainisches Kind pro Kita-Gruppe

Zusammen mit den freien Trägern bereitet sich die Stadt auf die Aufnahme von ukrainischen Kindern in den Kitas vor. Bisher ist vom Land vorgesehen, pro Gruppe ein Kind aufzunehmen. „Das wären in Braunschweig 310 Kinder“, so Arbogast.

An den Schulen nehmen bereits mindestens 125 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine am Unterricht teil. Sprachförderangebote von Stadt und Volkshochschule seien in Vorbereitung. Zum Teil gebe es an Schulen bereits eine besondere Sprachförderung für ukrainische Jugendlichen. „An der VHS wird es nach den Osterferien Vorbereitungsklassen geben“, kündigt sie an.

9. Dank für großes Engagement

Kornblum und Arbogast danken den vielen Ehrenamtlichen, die sofort angepackt haben, den Hotelbetreibern, die zu Beginn kurzfristig und flexibel auf die Stadt zugekommen sind, den Schulen und Vereinen, die jetzt auf ihre Turnhallen verzichten müssen, den Hilfsorganisationen, der Feuerwehr und auch den Beschäftigten der Stadtverwaltung, die kurzerhand ins erneute Krisenmanagement eingestiegen sind.

10. Stadt fordert Personal, Geld und flexibles Baurecht

Mehrere Forderungen richtet der Oberbürgermeister an das Land und den Bund: Mit jedem Geflüchteten kämen zusätzliche Aufgaben auf die Stadt zu. Dafür sei personelle Unterstützung nötig, sagt Kornblum. „Wir haben ja parallel dazu auch noch besondere personalintensive Anforderungen aufgrund der Corona-Pandemie.“ Außerdem müsse das Finanzministerium schnell Klarheit zum finanziellen Ausgleich schaffen. Und: „Wir müssen schnell versuchen, langfristige Unterbringungen zu schaffen. Dafür brauchen wir eine Flexibilisierung im Baurecht wie 2015.“

11. Auch an andere Geflüchtete denken

Auch die Sozialdezernentin formuliert einen Wunsch: „Wir dürfen neben der großen Hilfsbereitschaft für die Menschen aus der Ukraine nicht diejenigen vergessen, die darüber hinaus zu uns kommen“, betont Arbogast. „Wir haben weiterhin Zuweisungen von afghanischen Ortskräften, es gibt immer noch eine schlimme Situation an der polnisch-belarussischen Grenze, es gibt weitere Flüchtlingslager an den europäischen Außengrenzen.“

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