Braunschweig. Mehr Mittel, mehr Personal, neue Suche nach Unterkünften für Flüchtlinge – der Krieg in der Ukraine hat alles verändert.

Eine gewaltige Welle der Anteilnahme und der Hilfsbereitschaft angesichts des Leids der Menschen in der Ukraine ist auch in Braunschweig zu spüren, doch jetzt stellen sich auch aktuelle Fragen der Infrastruktur, der Logistik und der Lösbarkeit. Hinzu kommen großen Sorgen in der Bevölkerung, Krieg und Gefahren könnten auch zu uns hinüberschwappen.

Dies bedeutet eine Herausforderung für den Katastrophen- und Bevölkerungsschutz, auf die die Stadt verzögerungslos reagieren muss. Auf die zunehmend anbrandenden Fragen reagierten Oberbürgermeister Thorsten Kornblum und Ukraine-Krisenstabsleiterin Christine Arbogast am Freitag mit einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz.

Oberbürgermeister Kornblum: „Wir bereiten uns auf alle Szenarien vor. Darunter sind auch welche, die mir selbst unheimlich sind“

„Wir bereiten uns auf alle Szenarien vor“, sagte Kornblum. Er räumte ein, dass darunter auch Szenarien seien, „die mir selbst unheimlich sind“. Deshalb sei es jetzt wichtig, sich „möglichst schnell auf alles vorzubereiten“.

Jetzt gehe es darum, den klassischen Zivilschutz wieder zu stärken. Auch deshalb sei kurzfristig ein bis 2024 währendes Krisenbudget von 8,5 Millionen Euro auf den Weg gebracht worden, davon sofort für das aktuelle laufende Jahr 2,5 Millionen Euro. Mit einem solchen Extra-Budget habe man bereits während der Corona-Pandemie gute Erfahrungen gemacht, so Kornblum.

Außerdem will die Stadt den Zivil- und Bevölkerungsschutz auch personell aufrüsten, „um beispielsweise im Bereich der Planung der Trinkwasserversorgung, der Stromversorgung oder der Abwehr von Cyberattacken handlungsfähig bleiben zu können“. Dem Rat der Stadt wird jetzt vorgeschlagen, für zusätzliches Personal 7,5 Stellen in der Stadtverwaltung einzurichten.

Besonders akut ist die Frage, wie viele Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine nach Braunschweig kommen werden. Gemeinsam mit dem Land und dem Niedersächsischen Städtetag würden jetzt „schnell klare Strukturen geschaffen“, so Kornblum.

Jetzt geht es auch um eine Registrierung der Kriegsvertriebenen und um eine gute Verteilung in Braunschweig

Natürlich gehe es auch um eine Registrierung der Menschen und eine gute Verteilung in Braunschweig. Erschwerend wirke sich da aus, dass die vorhandenen Kapazitäten für die Flüchtlingsunterbringung bis zum Sommer durch die bereits laufende Verteilung durch und aus der Landesaufnahmebehörde – derzeit sind es täglich 15 Menschen bereits unabhängig vom Krieg in der Ukraine – voll ausgeschöpft seien.

Dies bestätigte Christine Arbogast, die eine sehr schwer zu kalkulierende Ausgangssituation für die Stadt konstatierte. Niemand könne wissen, wie viele Menschen aus der Ukraine jetzt tatsächlich nach Braunschweig kommen würden.

Zwar sei die Aufnahmebereitschaft osteuropäischer Staaten enorm. Zudem würde es viele Flüchtlinge zu Menschen und in Städte ziehen, die sie kennen, zu denen sie Verbindungen haben. Indes seien die prognostizierten Gesamtzahlen an Kriegsflüchtlingen ohne Beispiel, so Christine Arbogast. Deshalb gehe es in Braunschweig jetzt auch darum, kurzfristig neue Unterbringungsmöglichkeiten zu identifizieren und zu ertüchtigen.

Es sind vor allem Frauen und Kinder, die aus der Ukraine kommen. Für die städtische Sozialdezernentin ist klar, dass damit auch weitergehende Aufgaben bei der Unterbringung verbunden sind. Der Schutz der Kinder müsse sichergestellt werden, auch in privaten Unterkünften.

Ukraine-Krisenstabsleiterin Christine Arbogast: „In jedem Falle ist das alles ein Kraftakt, das lässt sich nicht leugnen“

Ohnehin, so Arbogast, müssten auch bei der privaten Unterbringung, so segensreich sie sei, auch Qualitätsstandards guter Hilfe eingehalten sein. Manche Vorstellungen, was man privat leisten können, könnten sich als naiv erweisen, kämen auch schnell an ihre Grenzen.

Auch in diesem Feld muss die Stadt jetzt also kalkulieren, was an zusätzlichem Bedarf in der Sozialverwaltung auf sie zukommt, um die notwendige Hilfe und Betreuung sicherzustellen. Hinzu kommen tatsächlich notwendige neue Unterbringungsmöglichkeiten, diesmal für Kriegsvertriebene aus der Ukraine. So hatte die Stadt bereits zuvor mitgeteilt, dass sie auch leerstehende Immobilien, Hotels oder Räume städtischer Gesellschaften für diesen Zweck prüfe. „In jedem Falle ist das alles ein Kraftakt, das lässt sich überhaupt nicht leugnen“, so Christine Arbogast.

Natürlich hoffe man, dass die Hilfsbereitschaft der Bürger weiter anhalte. Auch deshalb hat die Stadt ein zusätzliches Internet-Info-Paket freigeschaltet. Dort werden auch häufig gestellte Fragen beantwortet: www.braunschweig.de

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