Bad Sachsa. Die Schulden der Stadt im Harz wachsen nahezu ungebremst - und das ohne eigenes Verschulden. So düster ist die finanzielle Zukunft.

Ratlos, sprachlos, frustriert: Diese Wirkung haben acht Zahlen auf Politik und Verwaltung in Bad Sachsa. Worum es geht? Im Haushalt der Kommune klafft für das Jahr 2024 ein extremes Loch: Ganze 2.054.200 Euro beträgt das Defizit. Und für die Zukunft hat Kämmerin Birgit Urban weitere, düstere finanzielle Zeiten bei der Einbringung des Zahlenwerks der Uffestadt vorgestellt. Bis zum Ende des Planungszeitraums im Jahr 2027 geht sie davon aus, dass das Loch millionenschwer bleibt. „Nach vier Wochen, die ich die Zahlen jetzt kenne, schläft es sich besser“, fasst Bürgermeister Daniel Quade mit einer Portion Galgenhumor die Entwicklung zusammen.

Finanzielles Desaster in Bad Sachsa: Darum wächst der Schuldenberg so rasant an

Er, wie auch die Kämmerin betonen eines unisono: Das finanzielle Desaster, dass Bad Sachsa nunmehr bevorsteht, sei allein aufgrund von externen Faktoren entstanden. Konkret geht es dabei um Kosten, die aufgrund von Landes- oder Bundesvorgaben sowie gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen entstehen. Quade betonte deshalb auch, dass die Finanzierung der Kommunen in Deutschland zwingend neu geregelt werden müsste, um der Schuldenentwicklung entgegenzuwirken.

Nach knapp zwei Jahren Schließung und vier Monaten intensiver Sanierungsarbeit wurde im Jahr 2022 die Saunalandschaft des Erlebnisbades Salztal Paradies in Bad Sachsa wieder eröffnet. Aufgrund gestiegener Gas-Preise muss der Zuschuss an die städtische Gesellschaft wieder erhöht werden.
Nach knapp zwei Jahren Schließung und vier Monaten intensiver Sanierungsarbeit wurde im Jahr 2022 die Saunalandschaft des Erlebnisbades Salztal Paradies in Bad Sachsa wieder eröffnet. Aufgrund gestiegener Gas-Preise muss der Zuschuss an die städtische Gesellschaft wieder erhöht werden. © Bad Sachsa | Thorsten Berrthold

Wie aber genau setzt sich der massive Anstieg der Verschuldung im Einzelnen zusammen. Im Falle von Bad Sachsa sind es verschiedene Faktoren, die den Schuldenturbo befeuern - allen voran ein Dauerthema der vergangenen Jahre. Die Fehlbedarfsfinanzierung der Kindertagesstätten. Für das Jahr 2024 plant die Kommune hier mit einem Ansatz von 1.977.500 Euro. „Dies ist eine Erhöhung gegenüber dem Vorjahr um 777.500 Euro“, wie die Kämmerin erläutert. Größte Kostenfaktoren sind die Errichtung einer integrativen Gruppe und einer Übergangslösung zur Erhöhung der Kindertagesstätten-Plätze, die im besten Fall zum 1. Juli diesem Jahre in Betrieb gehen könnte. „Es wird mit einer Beteiligung des Landkreises Göttingen an der Fehlbedarfsfinanzierung der Kindertagesstätten mit ca. 270.000 Euro jährlich gerechnet, sodass rund 1,7 Millionen Euro aus dem städtischen Haushalt zu bezahlen sind.“ Für die Kommune führt kein Weg an dieser Steigerung vorbei, gehört die Kinderbetreuung zu den Pflichtaufgaben.

Hinzu kommen auch die gestiegenen Personalkosten aufgrund der jüngsten Tarifabschlüsse im Öffentlichen Dienst.

Stadtwald und Gesellschaften belasten den Haushalt im Südharz

Aber auch die „freiwilligen Leistungen“ Stadtwald und städtische Gesellschaften belasten den Haushalt stärker - und auch dies aufgrund von Ereignissen, auf die die Stadt selbst keinen Einfluss habe, wie Kämmerin und Bürgermeister gleichermaßen betonen. Unter anderem muss der Zuschuss an die beiden städtischen Gesellschaften „Bad Sachsa Holding“ und Bädergesellschaft in diesem Jahr deutlich um 400.000 Euro erhöht werden, weil sich die Kosten für den Bezug von Gas bei ähnlichem Verbrauch seit 2024 verdoppelt haben. Eigentlich sah der Plan vor, den Zuschuss weiter zu reduzieren. Zudem hatte sich der Geschäftsführer der Bädergesellschaft noch Mitte des Jahres 2022 zuversichtlich gerade beim Gas-Preis gezeigt, da man langfristige Verträge geschlossen hatte.

Anders die Lage beim Stadtwald, die auf den ersten Blick positiv wirken könnte. Bis zum Jahr 2023 konnten seitens des Forstamtes stets Überschüsse durch Holzverkauf erzielt werden durch eine optimale Vermarktung des immens hohen Schadholzanfalles. Zusätzlich wurden Spenden in erheblichem Umfang für die Wiederaufforstung an die Kommune gesendet.

Die wechselhafte Geschichte in den Städtischen Gesellschaften von Bad Sachsa:

  • Quantensprung statt Krise: Neustart von Sachsas Gesellschaften
  • Stadtwerke Bad Sachsa haben ein neues Führungsduo
  • Finanzspritze rettet Salztal Paradies vor der Insolvenz
  • Gesellschaften Bad Sachsa: Lage schwierig – wie geht es weiter?
  • Bad Sachsa: Ja zu Finanzhilfen, aber Streit im Rat
  • Nach Völz-Aus: Politik in Bad Sachsa wartet Auswertung ab
  • Bad Sachsa befindet sich in finanzieller Schieflage

Doch die Stadtverwaltung ist zur Wiederaufforstung der entstandenen Freiflächen gesetzlich verpflichtet. Und exakt dieses Vorhaben wird die Finanzen Bad Sachsas noch über einen längeren Zeitraum belasten, erhebliche Gelder erfordern. „Dabei werden die Einnahmen aus dem Holzverkauf im Vergleich zur Vergangenheit drastisch reduziert sein“, verdeutlicht die Kämmerin. Die erwartete Folge: Eine Deckung der Betriebskosten, wie bisher im Wesentlichen aus den Einnahmen aus dem Holzverkauf wird nicht mehr möglich sein.

So sind die Zahlen im Haushalt 2024 der Stadt Bad Sachsa (inklusive Entwicklung bis 2027):

  • Der Ergebnishaushalt 2024 sieht Erträge in Höhe von 16.313.900 Euro sowie Aufwendungen in Höhe von 17.341.100 was zu einem Jahresergebnis von einem Defizit von 1.116.200 Euro führt.
  • Im sogenannten bereinigten Jahresergebnis (um die investiven Verkaufserlöse bereinigte ordentliche Erträge, ordentliche Aufwendungen, außerordentliche Erträge und Aufwendungen) steigt das Defizit auf insgesamt 2.054.200 Euro im Jahr 2024.
  • Das geplante Defizit in den Folgejahren: 2025: -1.486.800 Euro; 2026 -1.585.000 Euro, 2027: -1.644.400 Euro.
  • Liquiditätskredite („Dispo“ der Kommune): 2024: 2,5 Millionen Euro; geplanter Anstieg bis 2027: 8,7 Millionen Euro
  • Zinsen und Tilgung: Für Zinsen und Tilgung müssen 1.279.600 Euro im Jahr 2024 gezahlt werden, bis zum Jahr 2027 steigt dies auf 1.961.200 Euro an
  • Gesamtverschuldung der Stadt Bad Sachsa zu 31. Dezember 2023: 12.785.582 Euro Schulden aus Krediten und für Kapitalmaßnahmen zugunsten der städtischen Gesellschaften, hinzu kommen 2,5 Millionen Euro Liquiditätskredite
  • Steuern: Die Sätze von Grundsteuer A und B sowie Gewerbesteuer bleiben unverändert zum Vorjahr

Das stetig wachsende Loch in den Finanzen der Stadt hat auch eindeutige Auswirkungen auf den Haushalt. Allen voran wieder im Bauamt, das, wie in anderen Kommunen auch, stets zuerst bei Kürzungen im Fokus steht. „Eigentlich“, so erklärte Bauamtsleiter Gerhard Grundei, „hatten wir geplant, vier neue Fahrzeuge zu kaufen.“ Da dies im Haushalt nicht darstellbar sei, man sie aber dennoch benötige, würden die Fahrzeuge geleast. „Das ist Schwachsinn, wenn man langfristig denkt, aber wir sind dazu gezwungen, wollen wir nicht die Genehmigung des Haushaltes riskieren“, macht sich Bürgermeister Daniel Quade Luft.

Trotz dieser Herausforderungen im Haushalt 2024 finden sich in diesem auch zahlreiche Projekte wieder, mit der Verwaltung und Politik die Kommune weiterentwickeln möchten. Im Rahmen der Möglichkeiten versuche man alles, beteuern Kämmerin, Bauamtsleiter und Bürgermeister.

Größte geplante Baumaßnahmen und Investitionen in Bad Sachsa:

  • 250.000 Euro für den Neubau der Versorgungstrasse Ravensberg (Hier beträgt der städtische Anteil insgesamt 550.000 Euro, davon sind 300.000 Euro bereits im Haushalt 2022 veranschlagt)
  • 250.000 Euro für Kostensteigerungen für den Neubau des Betriebsgebäudes der Kläranlage und den Neubau einer Stromstation
  • 210.000 Euro für den Erweiterungsbau in der Kindertagesstätte Steinstraße für den Anbau eines Ruhe- und Schlafraums
  • 200.000 Euro für die Erstellung des Baukörpers für den Neubau des Feuerwehrgerätehauses in Tettenborn
  • 80.000 Euro für die behindertengerechte Sanierung, Umbau und Erweiterung der Grundschule
  • 50.000 Euro für die Umsetzung des Sicherheitskonzeptes für die den Schmelzteich (Hochwasserschutz)
  • 25.000 Euro für die Erneuerung bzw. den Neubau der Beleuchtung an den Fußgängerüberwegen
  • 20.000 Euro für den Bau einer Elektroladestation in Neuhof
  • 12.000 Euro für weitere notwendige Arbeiten für WLAN, Verkabelung etc. für die Digitalisierung der Grundschule
  • 10.000 Euro für die Vermessung der Bauplätze im Baugebiet Sportplatz Steinstraße
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Bürgermeister Daniel Quade findet trotz all der Probleme aber auch Positives in den Zahlen. Er betonte, dass in seiner Amtszeit Schulden der Stadt Bad Sachsa um ca. 3,3 Millionen Euro abgebaut wurden. Der Schuldenberg der Kommune bleibt dennoch hoch: Zum Ende des Jahres 2023 betrug er noch 12,7 Millionen Euro. Und aufgrund der erwarteten Entwicklung der Finanzen scheint ein weiterer Schuldenabbau nunmehr schwieriger denn je.

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