Bad Sachsa/Walkenried. Energieautark und klimaneutral: Ein Überblick in die geplante Unabhängigkeit, die Bad Sachsa und Walkenried gemeinsam vorantreiben.

Energieautark, wirtschaftlich erfolgreich und zudem treibhausgasneutral – das ist das erklärte Ziel, das Deutschland erreichen möchte im Bereich Klimaschutz. Doch wie kann es gelingen? Vor allem wie, wenn die Ausgangslagen so unterschiedlich sind wie bei den Kommunen im Südharz: In der Stadt Bad Sachsa gilt es die Ziele in Einklang zu bringen mit den Vorhaben im Tourismus, während man in der Gemeinde Walkenried vor allem wichtige Industriefirmen wie Harz Guss Zorge halten möchte. Zudem müssen auch die Einwohnerinnen und Einwohner vor Ort die Vorhaben mit eigenen Maßnahmen unterstützen. Ein ambitioniertes Unterfangen, für das im Südharz die Grundlage ein gemeinsames Klimaschutzkonzept ist, das bis Juli dieses Jahres erstellt wird.

Die Stadt Bad Sachsa und die Gemeinde Walkenried arbeiten unter Federführung der gemeinsamen Klimaschutzbeauftragten Jean Knödel-Keane - die unterstützt wird von Sabine Neef und Michael Fuder vom Büro „merkWATT“ aus Braunschweig - an eben diesem Konzept. Was bislang erarbeitet wurde und wie die nächsten Schritte aussehen, darüber wurde bei einem Infoabend im Kursaal gesprochen. Interessierte Einwohnerinnen und Einwohner, aber vor allem die Mitglieder der Räte aus beiden Kommunen, wie auch die Vertreter der Verwaltung sollten so einen Einblick erhalten. Die Resonanz war allerdings ausbaufähig: Gerade einmal 16 Einwohner fanden den Weg in den Kursaal, sowie 12 (von insgesamt 20) Ratsmitgliedern aus Bad Sachsa bzw. 7 (von 14) aus Walkenried.

Das sind die Ziele des Klimaschutzkonzeptes im Südharz:

  • Lokale, eigene Beiträge zur Verringerung der Treibhausgas-Emissionen
  • Erstellung eines Handlungsprogramms für die nächsten Jahre
  • Konzept ist die Grundlage für Förderung eines Klimaschutzmanagements
  • Sensibilisierung verschiedener Gruppen für das Thema Klimaschutz

Wer an dem Abend Hinweise auf konkrete Maßnahmen suchte, der wurde eher enttäuscht, war dieser doch eher ein grundlegender Startschuss in das Thema. Für das Team um Jean Knödel-Keane ging es vor allem darum, den Ist-Zustand aufzuzeigen - wofür Monate intensiver Recherche nach Daten notwendig waren, wie die Klimaschutzmanagerin erläuterte. Grundlegend zeigte sich, dass im Südharz die Voraussetzungen eben extrem unterschiedlich sind.

Das Team für den Klimaschutz in der Stadt Bad Sachsa und Gemeinde Walkenried: Michael Fuder, Sabine Neef (Mitte) und Jean Knödel-Keane. 
Das Team für den Klimaschutz in der Stadt Bad Sachsa und Gemeinde Walkenried: Michael Fuder, Sabine Neef (Mitte) und Jean Knödel-Keane.  © Kommune | Stadt Bad Sachsa

In Bad Sachsa sorgt die Bundesstraße 243 für schlechte Zahlen in der Energie- und Treibhausgas-Bilanz. Denn ein Teil der viel befahrenen Straße liegt an den Anteilen von Steina an der Feldflur in dem Bereich - und dass die Daten nach Vorgabe des Bundes nach dem sogenannten Territorialprinzip der Bilanzierungs-Systematik Kommunal (Bisko) erhoben werden. „Es gilt hier also kein Verursacherprinzip“, erläutert Jean Knödel-Keane.

So sah die Energie- und Treibhausgas-Bilanz in Bad Sachsa im Jahr 2021 aus:

  • Der Energiebedarf lag bei 181 Gigawatt (das sind 181 Millionen Kilowatt)
  • Der Großteil wurde für die Erzeugung von Wärme gebraucht (68 Prozent), danach folgen Verkehr (22 Prozent) und Strom (18)
  • Daraus resultieren Treibhausgas-Emissionen von ca. 6,6 Tonnen pro Einwohner; klimaverträglich wäre man bei ca. 1,5 Tonnen pro Person
  • Die Energiekosten lagen bei insgesamt 14,9 Millionen Euro - aufgeteilt in die Themenfelder „Private Haushalte (7,7 Millionen Euro), Verkehr (4 Millionen); Gewerbe, Handel und Dienstleistungen (1,9); Kommune (0,9) und Industrie (0,3)
Ein Balkonkraftwerk hängt an einem Balkon. Auch im Südharz können Interessierte so selbst Strom erzeugen.
Ein Balkonkraftwerk hängt an einem Balkon. Auch im Südharz können Interessierte so selbst Strom erzeugen. © dpa | Sebastian Gollnow

In der Gemeinde Walkenried ist es komplett anders. Dort führt die Industrie mit Firmen wie Harz Guss, Perforator, Gascogne Sack oder Formula Saint Gobains zu sehr hohem Bedarf im Wärme- und Stromsektor - und damit auch zu hohen Treibhausgasen.

So sah die Energie- und Treibhausgas-Bilanz in Walkenried im Jahr 2021 aus:

  • Der Energiebedarf lag bei 277 Gigawatt (das sind 277 Millionen Kilowatt)
  • Der Großteil wurde für die Erzeugung von Wärme gebraucht (77 Prozent), danach folgen Strom (19) und Verkehr (4)
  • Daraus resultieren Treibhausgas-Emissionen von ca. 18,3 Tonnen pro Einwohner; klimaverträglich wäre man bei ca. 1,5 Tonnen pro Person
  • Die Energiekosten lagen bei insgesamt 15,5 Millionen Euro - aufgeteilt in die Themenfelder Industrie (8,1 Millionen), private Haushalte (4,9); Verkehr (1,3); Gewerbe, Handel und Dienstleistungen (0,9) und Kommune (0,2)

Sabine Neef und Michael Fuder konnten aus diesen Daten aber auch erste mögliche Handlungsfelder ableiten. Allen voran sehen sie es als wichtig an, dass soviel Energie wie irgend möglich vor Ort erzeugt wird. Dies spare Kosten und mache gleichermaßen unabhängiger. Im Rahmen des Klimaschutznetzwerkes, das im vergangenen Jahr im Südharz gegründet wurde, hat man auch bereits über Projekte wie Bürgerenergie gesprochen - egal ob Windenergie oder Solarpark. „In diesen Feldern steckt viel Potenzial“, betonen die beiden Experten.

Sie stellten auch noch einmal die verschiedenen Handlungsfelder vor, die such auch nach Gesprächen mit Einwohnern, in Meetings und Planungsgruppen ergeben hätten. Sie nannten unter anderem die Förderung von Rad- und Fußverkehr, die Stärkung des ÖPNV, Gebäudesanierung und Wärmeversorgung.

Ratsherr Werner Bruchmann merkte in dem Zusammenhang an, dass gerade für die Einwohner vor Ort die Maßnahmen im Klimaschutz auch finanzierbar sein müssten. „Wir haben hier ein anderes Lohnniveau wie in Hannover, Braunschweig oder Hildesheim.“ Die Verantwortlich von „merkWATT“ erklärten, dass es verschiedene Förderprogramm gebe, all dies aber eine gute Sozialpolitik nicht ersetzen könne. Jean Knöde-Kean ergänzte, dass mit der Fertigstellung des Konzeptes im Juli dann auch konkrete Maßnahmen erkennbar würden.

Weitere Informationen:

  • Die Klimaschutzmanagerin Jean Knödel-Keane ist direkt unter Telefon 0171 2166 724 bzw. E-Mail (jean.knoedel-keane@bad-sachsa.de oder klimaschutz@walkenried.de) zu erreichen.

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