Wolfsburg. Im Ortsrat Stadtmitte stellten Volksbank und Stadt ihre Pläne fürs Großprojekt in der City vor. Es gab Unmut und Änderungswünsche.

Was passiert mit den jetzigen Mietern in der Porschestraße Mitte? Reichen die Parkplätze, die für die Brawo-Arkaden geplant sind, aus? Wieviele Wohnungen werden sozial gefördert? Was ist mit den im Masterplan festgeschriebenen Vordächern, damit man trockenen Fußes durch die Porschestraße kommt? Wie sieht der Zeitplan für Abriss und Neubau aus?

Volksbank und Stadt stellen Pläne für Brawo-Arkaden vor

Dieses zählte zu den Punkten, die der Ortsrat Stadtmitte von der Stadt und der Volksbank geklärt haben wollte. Am Mittwochabend stellten Ivan Binder und Claudia Kayser (Volksbank) sowie Silke Lässig, Antje Malig und Oliver Iversen (Stadtverwaltung) den Stand der Dinge vor.

„Wir sind ordentlich vorangekommen“, freute sich Volksbank-Direktorin Claudia Kayser mit Blick auf die Planungen. Kalkuliert wird damit, dass im dritten Quartal diesen Jahres die ersten Abrissarbeiten erfolgen können. Die Volksbank Brawo will in der Porschestraße Mitte ein Großprojekt aus Geschäften, Büros, Praxen und Wohnungen entstehen lassen. Einen dreistelligen Millionenbetrag will sich das Geldinstitut, das sich ausdrücklich zur hiesigen Region bekennt, das Vorhaben in Wolfsburgs Innenstadt kosten lassen.

Warum der Abriss kommen soll

Planer Binder erläuterte zunächst, warum es zum Abriss von altem Haerder-Gebäude und Schillergalerie kommen müsse. „Der ganze Bereich ist aus verschiedenen Epochen zusammengesetzt“, fasste Ivan Binder zusammen. „Es ist im Inneren des Gebäudekomplexes nicht einfach, sich zurecht zu finden. Menschen, die sich nicht in Wolfsburg auskennen, haben außerdem den Eindruck, dass die Fußgängerzone an der Stelle zu Ende ist. Wir wollen alles offener gestalten.“ Man entwerfe alles in enger Kooperation mit einem der renommiertesten Planungsbüros, unterstrich Volksbank-Prokurist Binder. Die Aspekte Nachhaltigkeit, Wohlfühlatmosphäre und ein gutes Umfeld für den Handel hätten Priorität.

Ortspolitik steckt im Dilemma aus Freude und Sorge

Der Ortsrat fand sich fraktionsübergreifend im Dilemma, einerseits froh zu sein über die millionenschwere Maßnahme, die der Wolfsburger Innenstadt mit ihren Leerständen und schlechter Infrastruktur (wie unzureichende Beleuchtung, Mangel an Sitzgelegenheiten) wieder auf die Beine helfen soll. Andererseits wurde klar, dass aus Sicht der Politik noch viele Fragen offen sind.

Marcus Musiol, SPD, fragte nach dem Anteil der geförderten Wohnungen. „Und werden die Mieter, die jetzt dort sind, auch die Gewissheit haben, dass sie später zurückkehren können?“ Man plane unter der Prämisse von 100 Bewohnern pro Hektar und wolle auch mit Blick auf geförderten und nicht geförderten Wohnungsbau eine „gute Durchmischung“ erreichen, schilderte Silke Lässig.

Schlechte Informationspolitik wird beklagt

Ursula Bettin, CDU, beklagte eine schlechte Informationspolitik. Ihr HNO-Arzt, der im Projektbereich angesiedelt sei, wisse nicht, wie es weitergehe. Bettin: „Und was ist mit der Drogerie Müller?“ Uwe Conradt, Grüne, betonte, dass der Ortsrat mit vielen Fragen aus der Bevölkerung, nicht zuletzt von den Betroffenen, konfrontiert werde. „Eine ganz intensive Öffentlichkeitsarbeit ist jetzt angesagt. Wir müssen als Politik auch Antworten geben dürfen.“

Planer: Es werden intensive Mietergespräche geführt

Claudia Kayser erklärte dazu, dass man intensive Mietergespräche führe, dazu aber in öffentlicher Sitzung nichts gesagt werden könne. Planer Binder versicherte, dass man im intensiven Austausch stehe. Die Betroffenen würden frühzeitig Informationen erhalten.

Stadtplanerin Lässig gab insgesamt zu bedenken, dass man von der Vorhabenträgerin (Volksbank Brawo), wenn es um die Projektinhalte ginge, nicht erwarten könne, dass man in der aktuellen Phase Grundrisse präsentiert bekomme. Es sei nicht möglich, derzeit alles schon aufs Komma ausgerechnet zu bekommen.

Ein zentraler Punkt der Diskussion war die Mobilitätsstrategie. Die Ortspolitik äußerte große Zweifel daran, dass es einerseits gelingen wird, viel mehr Menschen in die Innenstadt zu locken und andererseits einen größeren Anteil für alternative Verkehrsmittel zu gewinnen. Zum Plan der Volksbank Brawo zählen E-Carsharing, Bike- und Lastenradverleih, Radinfrastruktur mit Duschen, Umkleiden, ÖPNV-Tickets für die Mieter, Bildschirme mit Mobilitätsinfos. Vor Ort soll ein Mobilitätsmanager als „Kümmerer“ sein. 263 neue Stellplätze sollen entstehen.

Verwaltung: Parkhäuser in der Innenstadt sind ohnehin nicht ausgelastet

Die Verwaltung erklärte zu den Sorgen, die der Ortsrat hierbei hatte, dass die Parkhäuser der Innenstadt bis auf zwei Samstage im Jahr ohnehin nicht ausgelastet seien.

Die Lage an der Schillerstraße sei jetzt schon schwierig, gab Jens Tönskötter, PUG, mit Blick auf die künftigen Verkehrsflüsse zu bedenken. Ortsbürgermeister Erich Schubert, SPD, bezweifelte, dass der Raum, wenn die Gebäudekanten vom Brawo-Projekt weiter in die Straße ragten, noch für Fußgänger und Radfahrer reicht.

Verkehrsplaner: Staus in der Schillerstraße lösen sich schnell auf

Verkehrsplaner Oliver Iversen entgegnete zur Staulage in der Schillerstraße, dass sich Rückstaus derzeit in der Regel auch schnell wieder auflösen würden. Der Ortsrat bestand an dieser Stelle darauf, dass dazu eine Änderung in die Vorlage, die zur Abstimmung stand, eingearbeitet würde. Inhalt: Falls die Mobilitätsstrategie nicht aufgeht, müssen Alternativen geschaffen werden. Ortsbürgermeister Schubert hakte beim Blick auf etwaige Umbauarbeiten in der Schillerstraße nach, wer die finanzieren werde. Oliver Iversen: „Das muss der Maßnahmenträger.“ Also die Volksbank Brawo.

Viel Grün, mehr Sitzgelegenheiten, schöne Außenanlagen, Verbindung durch die Innenhöfe

Zur Wohlfühlatmosphäre, die es für Besucher der Innenstadt ebenso wie für Mieter künftig geben wird, gab es von Volksbank und Stadt die folgenden Details: Viel Grün, mehr Sitzgelegenheiten, ansprechende Gestaltung der Außenanlagen und der innenliegenden Höfe, alles soll offen und transparent sein. Die Wegeverbindungen sollen durch die Innenhöfe führen. Alles soll einen Charakter von sozialem Miteinander bekommen.

Es wird viele Glasfassaden geben, zudem viel aus nachwachsenden Rohstoffen. Und alles werde rückbaufähig sein. Der bisherige Gebäudekomplex ist nicht rückbaufähig, wie die Planer festgestellt hatten. Deshalb der Abriss.

Der Vergangenheit sollen die Leerstände in der Wolfsburger Innenstadt angehören. Die Volksbank Brawo investiert in ein riesiges Projekt aus Geschäften, Büros, Wohnungen.
Der Vergangenheit sollen die Leerstände in der Wolfsburger Innenstadt angehören. Die Volksbank Brawo investiert in ein riesiges Projekt aus Geschäften, Büros, Wohnungen. © Wolfsburg | Lars Landmann

Bestimmte „Vergnügungsstätten“ und auch Tankstellen sind ausdrücklich ausgeschlossen, erklärte Planerin Antje Malig zudem. Alles soll hochwertig sein, das geht bis zur Art und Größe der Werbeanlagen. Was genau mit Vergnügungsstätten gemeint ist, wurde zunächst nicht ausgeführt.

Sorge vor andauernder Riesenbaustelle in der City

Im Ortsrat wurde auch die Sorge deutlich, dass sich in der City auf Sicht eine Riesenbaustelle auftut, was der Zugkraft der Innenstadt abermals zu schaffen machen könne. Neben den Leerständen, die es bisher schon gebe.

Planerin Lässig stellte fest, dass beispielsweise das Handwerkerviertel auch seine Zeit benötigt habe. Hinterher sei alles gut geworden, das werde im Fall der Brawo-Arkaden sicher nicht anders sein.

Bevor es am Ende zur Abstimmung über die Verwaltungsvorlage zum Projekt „Brawo Arkaden“ kam, bestand der Ortsrat Stadtmitte darauf, dass sie um die folgenden Punkte ergänzt wird: Die zehn Prozent geförderter Wohnraum sollen im Gebäude verbleiben und nicht ausgelagert werden dürfen. Und weiter: Im Rahmen der langfristigen Sicherstellung des Mobilitätskonzeptes ist die Anmietung von Parkflächen zur Kompensation möglich zu machen. Schließlich: Entsprechend dem Masterplan Porschestraße von 2004 sind an dem Gebäude einheitliche Vordächer vorzusehen. Die waren auf den Plänen, die dem Ortsrat vorgestellt wurden, nicht zu sehen.

Bei zehn Ja-Stimmen und vier Enthaltungen brachte der Ortsrat Stadtmitte den Bebauungsplan „Porschestraße, Mittlerer Bereich West“ auf den Weg. Als nächstes hat der Bauauschuss das Thema auf der Agenda.

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