Wolfsburg. Der Einwohnerantrag für einen Mietenstopp bei der Neuland wurde auch vom Rat verworfen. Die Stadt Wolfsburg erhielt aber zwei Aufträge.

Als Mitglied der Partei Die Linke hatte Bastian Zimmermann den Einwohnerantrag zu einem Mietenstopp bei der Wolfsburger Neuland noch mit vorangetrieben. Am Mittwoch erklärte Zimmermann für seine neue Partei, die SPD, warum die Ratsfraktion – wie auch alle anderen – das von mehr als 8000 Unterzeichnern geforderte fünfjährige Mietmoratorium ablehnte.

Die Neuland, so Zimmermann, sei die günstigste Wohnungsanbieterin in der Stadt. Die Situation in Vorsfelde, wo die Mieterinitiative ihren Ursprung hat, zeige, dass Wolfsburg eher mehr Wohnungen zu Mieten wie bei der Neuland brauche. „Auch ich muss eingestehen, dass durch einen Stopp der Mieterhöhungen bei der Neuland nicht plötzlich mehr bezahlbarer Wohnraum in Vorsfelde entsteht“, so Zimmermann.

Der Rat verwarf also den Einwohnerantrag zum Mietenstopp. Zwei andere Anliegen der Unterzeichner griff er nach Antrag der SPD-Fraktion sowie der Gruppe Grüne/FDP/Volt auf: Er beschloss, dass Oberbürgermeister Dennis Weilmann sich beim Land Niedersachsen für eine bessere Wohnbauförderung einsetzen möge. Außerdem soll die Stadtverwaltung darauf hinwirken, günstigen Wohnraum in allen Stadt- und Ortsteilen zu erhalten.

Wolfsburger Rat lehnt Mietmoratorium bei der Neuland ab

Doris und Wilfried Zander sowie einige Mitstreiter hatten seit dem Sommer 2021 fast ein Jahr lang Unterschriften für einen Mietenstopp gesammelt. Das Ehepaar hatte sich politisiert, als die Adler-Gruppe die Modernisierung seines Wohnblocks und anderer Mietshäuser in Vorsfelde plante.

Inzwischen hat die LEG die Immobilien übernommen. Auch mit diesem Unternehmen kam es zu Konflikten, unter anderem um aus Sicht der Mieter nicht gerechtfertigte Mieterhöhungen. Die LEG räumte Fehler ein.

Oberbürgermeister soll sich für bessere Wohnbauförderung einsetzen

Der AfD-Fraktionsvorsitzende Thomas Schlick lobte in der Ratssitzung das Engagement derer, die sich an der Unterschriftensammlung beteiligt haben: „Es hat dazu geführt, dass die Politik das in den Ausschüssen diskutieren musste.“ Wie andere Fraktionen kam die AfD aber zu dem Schluss, dass ein Verzicht auf Mieterhöhungen die Neuland wirtschaftlich überfordern würde.

Schlick bezeichnete den Ratsbeschluss zur Wohnbauförderung als „Augenwischerei“. Letztlich handele es sich nur um Appelle. „Nur das Land und der Bund können diese Probleme anpacken.“

SPD-Ratsherr empfiehlt Wohngeldanträge

Der ehemalige Linken-Ratsherr Bastian Zimmermann hat die Partei gewechselt. Für die SPD sprach er sich dagegen aus, die Mieten bei der Neuland einzufrieren.
Der ehemalige Linken-Ratsherr Bastian Zimmermann hat die Partei gewechselt. Für die SPD sprach er sich dagegen aus, die Mieten bei der Neuland einzufrieren. © regios24 | LARS LANDMANN

Bastian Zimmermann empfahl knapsenden Mietern, Wohngeld zu beantragen. Viele Menschen fänden es unter ihrer Würde, dieses in Anspruch zu nehmen. Zimmermann erinnerte an das Solidarsystem, in das viele Bedürftige ihr Leben lang eingezahlt hätten. „Schämen muss sich niemand.“

Der Kreis der Wohngeld-Berechtigten wurde zu Jahresbeginn erweitert. Seitdem ist die Zahl der Anträge in Wolfsburg gestiegen.

Wolfsburger Politik sieht Mietenstopp als Gefahr für die Neuland

Vertreter der anderen Fraktionen meldeten sich in der Ratssitzung nicht zum Mietmoratorium zu Wort. Die große Debatte hatte bereits zwei Wochen zuvor im Strategieausschuss stattgefunden. Dort begründeten Vertreter unterschiedlichster Fraktionen von links bis rechts ihre Ablehnung damit, dass ein Verzicht auf Mieterhöhungen der städtischen Wohnungsgesellschaft schaden und ihr die Möglichkeiten zu Sanierungen nehmen würde.

Kai Kronschnabel von der CDU argumentierte, dass die Neuland im Falle eines Mietenstopps auch die Ausgaben einfrieren müsste – und das bei steigenden Personal- und Baukosten. Das Berliner Mietmoratorium, so Kronschnabel, habe sofort zu einem Rückgang der Bauanträge geführt. „Der Markt wird dadurch nicht besser.“

Der Ausschussvorsitzende Jens Hortmeyer (Grüne) bilanzierte am Ende der Debatte im Ausschuss, dass sich bestimmt alle einen größeren Anteil der Neuland am Wohnungsmarkt wünschen würden. „Andere Kommunen haben schon längst das Tafelsilber verkauft.“

Durchschnittsmiete bei der Neuland: 6,43 Euro

Die Neuland-Geschäftsführer Irina Franz und Hans-Dieter Brand.
Die Neuland-Geschäftsführer Irina Franz und Hans-Dieter Brand. © regios24 | Michael Uhmeyer

Neuland-Geschäftsführer Hans-Dieter Brand hatte zuvor darauf hingewiesen, dass das Unternehmen fast jede zweite seiner mehr als 11.000 Wohnungen zu einer Kaltmiete von weniger als 6,11 Euro pro Quadratmeter vermiete. Die Durchschnittsmiete lag 2017 bei 5,74 Euro und 2022 bei 6,43 Euro.

Bei neuen Verträgen wurde im Durchschnitt eine Miete von 6,92 Euro vereinbart. Mehr als 90 Prozent der Neuland-Wohnungen sind laut Brands Präsentation so günstig, dass sie sogar unter die für Hartz-IV-Empfänger erlaubte Mietobergrenze fallen.

Mietmoratorium würde Wohnungsgesellschaft 9 Millionen Euro kosten

Ein Einfrieren der Mieten würde die Neuland nach Brands Angaben über fünf Jahre insgesamt 9 Millionen Euro kosten. „Wir können nicht auf Einnahmen verzichten“, stellte er unter Verweis auf Finanzierungsbedarf, stark gestiegene Zinsen, Baukostensteigerungen und Fachkräftemangel fest.

Wie berichtet, muss die Neuland in den kommenden Jahren einen Großteil ihres Bestandessanieren. Hintergrund sind gesetzliche Vorgaben zum Klimaschutz.

Eigentümerverband Haus und Grund sprang Neuland bei

Monatelang sammelten Doris und Wilfried Zander in Wolfsburg Unterschriften für ein Mietmoratorium.
Monatelang sammelten Doris und Wilfried Zander in Wolfsburg Unterschriften für ein Mietmoratorium. © regios24 | Helge Landmann

Auch Haus-und-Grund-Geschäftsführer Adam Ciemniak hatte sich gegen ein Mietmoratorium bei der Neuland ausgesprochen. Dieses ergebe keinen Sinn, da die Neuland ohnehin die günstigsten Mieten habe und es die Wirtschaftlichkeit in Frage stellen würde. Das Wohnungsunternehmen, so Ciemniak, könne in fünf Jahren heruntergewirtschaftet sein.

Doris Zander von der Mieterinitiative verwies dagegen auf die Schwierigkeiten von Menschen mit niedrigen Einkommen und Renten. „Jeder Mensch benötigt ein bezahlbares Dach über dem Kopf. Das Recht auf Wohnen darf nicht zum Luxus werden“, appellierte sie.

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