Wolfsburg. Erst brannte am Dienstag eine leerstehende Arztpraxis in dem Wolfsburger Stadtteil. In der Nacht zu Mittwoch gab’s dann ein Feuer in der Sparkasse.

Zwei Brände innerhalb weniger Stunden in Westhagen, die Brandorte in Sichtweite und Luftlinie nur gut 160 Meter voneinander entfernt: Kaum jemand glaubt da an einen Zufall. Auch die Polizei nicht. Sie geht zudem sowohl bei der ausgebrannten früheren Zahnarztpraxis als auch bei dem Feuer in der Sparkasse von vorsätzlicher Brandstiftung aus.

„Ob zwischen der Brandstiftung im Vorraum der Bank und dem Brand des leerstehenden Gebäudes in der Dessauer Straße ein unmittelbarer Tatzusammenhang besteht, kann derzeit nicht ausgeschlossen werden“, teilte Wolfsburgs Polizeisprecher Thomas Figge dazu am Mittwoch mit. Was zu den beiden Bränden bisher bekannt ist.

Nur gut 160 Meter Luftlinie voneinander entfernt brannte es innerhalb weniger Stunden zweimal in Westhagen.
Nur gut 160 Meter Luftlinie voneinander entfernt brannte es innerhalb weniger Stunden zweimal in Westhagen. © Jürgen Runo

Brandfall 1 – die Zahnarzt-Praxis:

Ein aufmerksamer Zeuge rief die Einsatzkräfte, um 16.27 Uhr lief der Alarm in der Feuerwehr-Leitstelle auf. Ein Großaufgebot aus insgesamt 64 Einsatzkräften und schätzungsweise 20 Fahrzeugen der Berufsfeuerwehr, der Freiwilligen Feuerwehren Stadtmitte, Fallersleben und Mörse, der Rettungsdienst sowie der Malteser Hilfsdienst, der Stadtbrandmeister und die Polizei rückte zum Wendehammer in der Dessauer Straße 36 aus.

Als die Feuerwehren eintrafen, brannte die leerstehende Arztpraxis lichterloh. Eine riesige Rauchwolke stand über Westhagen, viele dachten zunächst, dass das nahe Schulzentrum brennt. Bis weit in die Abendstunden dauerten die Löscharbeiten. Verletzt wurde niemand.

Stundenlang hing noch Rauch über der Brandruine der ehemaligen Zahnarztpraxis in Westhagen, die am Dienstagnachmittag in Brand geriet.
Stundenlang hing noch Rauch über der Brandruine der ehemaligen Zahnarztpraxis in Westhagen, die am Dienstagnachmittag in Brand geriet. © Claudia Caris

Mysteriös: Bereits am 28. Januar dieses Jahres war in dem unbewohnten Gebäude mit der Holzdachkonstruktion ein Feuer ausgebrochen. Es war seitdem mit einem Bauzaun abgesperrt. Auch damals rückte die Feuerwehr mit einem Großaufgebot an; auch damals blieb es beim Sachschaden. Und: „Die Ermittler gingen damals von vorsätzlicher Brandstiftung aus. Es wurden aber keine Täter ermittelt“, sagte Polizeisprecher Figge unserer Zeitung am Mittwoch.

Die Polizei hatte den Bereich rund um den Brandort am Dienstag großräumig abgesperrt; Dutzende Schaulustige verfolgten die Löscharbeiten aus sicherer Entfernung. Ein Passant rief etwas davon, dass sich in der verlassenen Praxis Drogensüchtige aufgehalten hätten. Das wollte der Polizeisprecher auf Nachfrage nicht bestätigen. Allerdings wisse man von Hinweisen, dass sich an und in der Brandruine in den vergangenen Monaten Obdachlose und Jugendliche aufgehalten hätten, sagte Figge.

Ähnliches erzählten am Mittwoch Passanten in Westhagen. „Und am Tag vor dem Brand haben welche die Scheiben des Gebäudes eingeschmissen.“ Auch in der Grünanlage hinter dem Gebäude befindet sich ein Treffpunkt: Rings um einen dort fest montierten Steintisch standen bunt zusammengewürfelte Stühle herum.

In der Grünanlage hinter der abgefackelten Arztpraxis befindet sich ein Treffpunkt mit bunt zusammengewürfelten Stühlen.
In der Grünanlage hinter der abgefackelten Arztpraxis befindet sich ein Treffpunkt mit bunt zusammengewürfelten Stühlen. © Claudia Caris

Intensiver Gestank nach Rauch hing am Mittwochvormittag rund um die akut einsturzgefährdete Brandruine, die die Polizei beschlagnahmt und mit Flatterband abgesperrt hat. „Die Brandermittler gehen inzwischen von vorsätzlicher Brandstiftung aus“, sagte der Polizeisprecher am Mittwoch. Am Donnerstag wollen sich die Brandermittler am Tatort umsehen. Die Schadenshöhe sei noch unklar.

Wie Pressesprecherin Janina Thom von der Neuland Wohnungsgesellschaft berichtete, sei die ehemalige Zahnarztpraxis schon durch den Brand im Januar komplett zerstört worden, nachdem sie bereits einige Monate leergestanden hatte. Durch den zweiten Brand habe sich die Schadenshöhe also nicht verändert; allerdings handele es sich nicht mehr um normalen Bauschutt, sondern alles müsse gesondert entsorgt werden. Die Kosten bezifferte die Sprecherin mit etwa 90.000 Euro.

„Die Neuland wird das restliche Gebäude noch in diesem Jahr abbrechen – das war ebenfalls schon vor dem gestrigen Brand geplant“, kündigte Janina Thom am Mittwoch an. Eine Nachbebauung sei aber vorerst nicht realisierbar. Grund ist wie berichtet die aktuell angespannte Lage auf dem Bausektor mit unkalkulierbaren Kosten.

Brandfall 2 – die Sparkassen-Filiale:

In der Nacht zu Mittwoch brannte es in Westhagen erneut: Gegen 2.22 Uhr wurde die Feuerwehr zu einem Brandmeldealarm in der Sparkasse im Einkaufszentrum in der Halleschen Straße gerufen. Wie Polizeisprecher Figge berichtete, hatten Unbekannte im Automaten-Vorraum ein Feuer gelegt.

Die Feuerwehrleute verschafften sich Zugang zum Vorraum, entfernten den brennenden Papierhaufen und lüfteten den völlig verrauchten Vorraum. „Die ebenfalls alarmierte Polizei nahm den Sachverhalt auf und fand weiteres angebranntes Papier, welches durch Unbekannte entzündet wurde“, schilderte Figge. „Ferner entdeckten die Beamten, dass von einem dort befindlichen Bankautomaten die Abdeckung vorsätzlich beschädigt wurde.“ Die Höhe des Sachschadens steht noch nicht fest.

Im Sparkassen-Vorraum am Marktplatz in Westhagen wurde in der Nacht zu Mittwoch Papier in Brand gesteckt.
Im Sparkassen-Vorraum am Marktplatz in Westhagen wurde in der Nacht zu Mittwoch Papier in Brand gesteckt. © Claudia Caris

Fakt ist: Die Sparkasse in der Halleschen Straße 34a und der Vorraum sind mit Kameras ausgestattet. „Die Kameraüberwachung wird ausgewertet“, sagte der Polizeisprecher unserer Zeitung. Näheres wollte er dazu am Mittwoch nicht sagen.

Am Mittwochvormittag war die Sparkasse geschlossen, vor dem Eingang stand ein handgeschriebenes Hinweisplakat. Immer wieder blieben Kunden und Passanten tuschelnd davor stehen. Ein junges Paar glaubte zu wissen, dass junge Erwachsene in der Bank Feuer gelegt hätten. „Die haben da Kontoauszüge angezündet“, meinte die Frau. „Dabei hängen da doch Kameras, die alles aufzeichnen.“ In der Tat war durch die Frontscheibe ein am Boden liegendes Häuflein Papierschnipsel zu sehen, vermutlich Reste von Kontoauszügen.

Immerhin: Der Vorraum der Bank könne inzwischen wieder genutzt werden, teilte Pressesprecher Nico Rühmkorf von der Sparkasse Celle-Gifhorn-Wolfsburg mittags mit: „Die Arbeiten für die Wiederherstellung des SB-Bereiches sind so weit vorangeschritten, dass der Zugang zum SB-Bereich wieder möglich ist. Damit ist die Bargeldversorgung vor Ort ab sofort wieder gewährleistet.“

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Die Ermittler suchen weiter Zeugen, die Hinweise zur Brandentstehung in der Dessauer Straße geben können, oder aber verdächtige Personen im Bereich der Sparkasse gesehen haben. Zuständig ist das 1. Fachkommissariat der Polizei, Telefon (05361) 4646-0.