Braunschweig. Am Donnerstag wird wohl über die Leichtathletik-Titelkämpfe entschieden. Die Sportler wären bei der Programm-Gestaltung gerne eingebunden gewesen.

Als der Deutsche Leichtathletikverband vergangene Woche bekannt gab, seine Titelkämpfe im Braunschweiger Eintracht-Stadion am 8. und 9. August unter strengsten Corona-Sicherheitsmaßnahmen unbedingt durchziehen zu wollen, hielt sich die Begeisterung in Grenzen. Das gilt gleichermaßen für die Athleten wie für die Braunschweiger Verantwortlichen. Für Donnerstag ist eine weitere Verhandlungsrunde angesetzt, bei der die Entscheidung fallen soll, und dabei geht es wohl nicht vordringlich um das vom DLV eingereichte Hygiene-Konzept.

In diesem umfangreichen Papier, das in der Vorwoche zur Prüfung an das Land Niedersachsen und die Stadt Braunschweig gesandt worden war, legt der DLV dar, wie bei den Meisterschaften die Hygieneauflagen und die geforderten Mindestabstände eingehalten werden könnten. Vom niedersächsischen Innenministerium habe man bereits positive Signale bekommen, meldete der Verband. Und das Ministerium für Soziales und Gesundheit teilte mit, dass es wohl „bis Ende der Woche eine Rückmeldung nach Braunschweig geben kann.“

Corona-DM: Es geht ums Geld

Kommt das Okay vom Land, dürfte auch die Stadt keine größeren Sicherheitsbedenken hegen. Hinter den Kulissen wird nach Informationen unserer Zeitung sowieso über andere Aspekte debattiert. Es geht, wie so oft, ums Geld und über eine mögliche Kompensation für die Braunschweiger, wenn sie jetzt die Wettkämpfe mitorganisieren.

Das Fernsehen sendet

Denn auch wenn ARD und ZDF aus dem Eintracht-Stadion übertragen, mit dem ursprünglichen attraktiven DM-Paket, für das die Kommune unter anderem einen sechsstelligen Betrag zahlen wollte, hat diese Not-Meisterschaft wenig zu tun.

Im Moment außen vor: Sebastian Hendel, hier bei der EM in Berlin 2018, hofft noch, dass seine 5000-m Strecke doch ins Braunschweiger Titel-Programm geholt wird.
Im Moment außen vor: Sebastian Hendel, hier bei der EM in Berlin 2018, hofft noch, dass seine 5000-m Strecke doch ins Braunschweiger Titel-Programm geholt wird. © dpa | Hendrik Schmidt

Statt eines Fests der Top-Athleten mit großem Teilnehmerfeld vor vollen Rängen mit Leichtathletikfans aus dem gesamten Bundesgebiet und der Vergabe der Olympia-Tickets für Tokio, bekäme Braunschweig nach jetzigem Stand relativ wertlose Wettkämpfe im emotionsarmen Ambiente mit auf zehn Starter reduzierten Feldern. Kaum vorstellbar, dass da alle Stars antreten. Zumal durch den Verzicht auf die Mittel- und Langstreckenläufe ja beispielsweise die DLV-Königinnen Gesa Krause und Konstanze Klosterhalfen ohnehin außen vor wären.

DM auch 2021 in Braunschweig?

So steht weiterhin die Forderung von Stadtsportbund-Präsident Otto Schlieckmann im Raum, dann auch die echte „Road to Tokio“ im nächsten Jahr nochmal nach Braunschweig zu vergeben. Er kann sich unter anderem auf das Zitat von Sprint-Ass Gina Lückenkemper berufen, mit dem geplanten Format sei es „keine echte deutsche Meisterschaft.“ Denn dazu gehörten auch „die Athleten aus der zweiten und dritten Reihe aus kleineren Vereinen, die tolle Arbeit an der Basis leisten.“

Während am Donnerstag um die Ausrichtung der Titelkämpfe gerungen wird, äußern sich die Athleten weiterhin zurückhaltend bis kritisch, auch wenn sie es natürlich begrüßen, dass wieder Leichtathletik-Wettkämpfe stattfinden. Wie zuvor schon Fußballer und Basketballer fühlen sich viele aber nicht ausreichend eingebunden oder wenigstens mitgenommen. Die Motive der Verbände sind ja klar, sie wollen und müssen ihre Veranstaltungen durchziehen, um ihre Verträge mit den Sponsoren zu erfüllen. Aber das allein überzeugt die Sportler eben nicht.

Lawnik: Charakter der 800 Meter kaputt

„Ich finde es schade, dass sich nicht mal mit den Athleten zusammen hingesetzt wird“, sagt Braunschweigs Hallen-Vizemeister Julius Lawnik. Seine Strecke 800 Meter ist im reduzierten Programm enthalten, allerdings soll durchgängig in der Bahn gelaufen werden. „Mal ehrlich, das macht den Charakter der 800 Meter mit dem Kampf Mann gegen Mann kaputt“, bedauert der 25-Jährige. Außerdem seien die Läufer auf den Innenbahnen deutlich im Vorteil. In der Schweiz, in Norwegen und Schweden seien ab Mitte Juni normale 800-m-Rennen mit Positionskämpfen wieder erlaubt.

Warum keine Schnelltests und Quarantäne?

Auch sein MTV-Kollege Sebastian Hendel vermisst eine Einbindung der Sportler. Weder wisse man bislang, wie die Qualifikation für diese Titelkämpfe funktionieren soll, noch sei über Alternativen für die Streichung einiger Disziplinen diskutiert worden, wie Schnelltests oder eine Quarantäne der Athleten. Hendel ist davon betroffen, als 5000-Meter-Läufer käme er nach aktuellem Stand nicht zum Zug.

Hendel: Der Fußball kanns doch auch

„Das ist schon ärgerlich, wenn man auf den Fußball schaut, und Laufen soll dann nicht möglich sein“, sagt er, meint aber auch: „Es gibt nun mal die Kontaktbeschränkungen, da gibt es immer Ungerechtigkeiten, nicht nur für Laufsportler.

Die beiden Braunschweiger wollen aber nicht allzu kritisch rüberkommen. Im Grunde sei es ja erstmal schön, dass wieder Wettkämpfe stattfinden, auch wenn der derzeitige Plan nur die zweitbeste Lösung sei, sagen sie. „Und ich hoffe einfach“, sagt Hendel, „dass bis August in Niedersachsen die Kontaktbeschränkungen noch aufgehoben werden und alle normal starten können.“