Braunschweig. Der geplante Wegfall der Mittelstrecken bei den Titelkämpfen im Eintracht-Stadion empört die Betroffenen. Sie ziehen den Vergleich mit dem Fußball.

Ausdrücklich für seine Spitzenathleten will der Deutsche Leichtathletik-Verband die nationalen Titelkämpfe in Braunschweig am neuen Termin 8./ 9. August als Geister-Meisterschaft durchziehen. Doch ausgerechnet von deren Seite kommt nun scharfe öffentliche Kritik. Laut dem Corona-Hygienekonzept des Verbands, das bei der Stadt Braunschweig und dem Land Niedersachsen zur Genehmigung liegt, müssten einige Laufwettbewerbe wegfallen.

Die Mittelstrecken, 1500 Meter, 3000 Meter Hindernis und 5000 Meter, sind aus dem Programm gestrichen worden, weil die Positionskämpfe und Starts im Pulk mit zu viel Körperkontakt verbunden wären und gegen die Abstandsregeln verstoßen würden. Die behördlichen Auflagen aufgrund der Pandemie würden es „zum jetzigen Zeitpunkt schlicht nicht zulassen“, entschuldigte der DLV. Die DM soll mit zwei Metern Mindestabstand über die Bühne gehen. In den technischen Disziplinen wird die Teilnehmerzahl deshalb laut Plan auf zehn Athleten pro Wettbewerb reduziert, in den Bahnen-Wettkämpfen bleibt immer eine Bahn frei.

Protest der DLV-Königinnen

Kaum hatte der DLV die Einschränkungen öffentlich gemacht, tippte Hindernis-Königin Gesa Felicitas Krause lesbar erregt in den sozialen Medien los. „Ich bin sprachlos. Fußball spielt man mit 22 - und ein Meisterschaftsfinale mit acht bis zwölf Läuferinnen soll nicht möglich sein?“, schrieb die WM-Dritte.

„Das wird doch so keine richtige deutsche Meisterschaft“, schimpfte auch Sprint-Ass Gina Lückenkemper. Die Vize-Europameisterin über 100 Meter ist nicht direkt betroffen, stößt sich aber dennoch an dem Konzept, mit dem der Verband seinen wichtigsten Wettkampf retten will. Generaldirektor Idriss Gonschinska spricht von einem „Leuchtturm-Projekt“, mit dem man den Athleten wieder ein Ziel und somit Motivation geben wolle.

Reize setzen für Olympia

Ein Jahr vor den Olympischen Spielen müssten „wettkampfspezifische Reize“ gesetzt werden. Und für die Mittelstreckler, die im August noch nicht antreten könnten, würden Titelkämpfe im Herbst im Ramen einer anderen Veranstaltung angeboten werden.

Das konnte den Ärger einiger Athleten aber nicht mildern. „Eine Entscheidung, die ich nicht nachvollziehen und in keinem Sinne befürworten kann“, verkündete Krause und erntete Zuspruch. Vor allem die Solidarität innerhalb der Sportart wurde Thema. „Leichtathletik bedeutet Laufen, Springen, Werfen. Und ohne Laufen ist es nicht das Gleiche“, so Krause.

Corona: Mehr Körperkontakt beim Fußball

Ex-Star Sabrina Mockenhaupt polterte: „Ist doch echt langsam zum Kotzen, und Fußball darf gespielt werden!“ Ein Vergleich, der sich einerseits aufdrängt, denn beim Fußball ist der Körperkontakt über 90 Minuten die Regel, bei den Laufdistanzen im Stadion aber die Ausnahme. Andererseits kann er aber wiederum nicht seriös gezogen werden. Die die Fußball-Profiteams sind bei ihren Klubs halbwegs unter Corona-Kontrolle, die Leichtathleten aber würden aus allen Himmelsrichtungen und Lebensumständen und ohne vorherige gemeinsame Quarantäne im Eintracht-Stadion zusammenkommen.

Am Sonntagabend meldete sich der DLV nochmal zu Wort. Man könne die Kritik verstehen, sei aber froh, wenn es überhaupt gelänge, deutsche Meisterschaften durchzuführen. In Niedersachsen seien eben derzeit kontaktfreie Wettbewerbe und zwei Meter Sicherheitsabstand gefordert. „Sollte es aufgrund von weiteren Lockerungen und Genehmigungen die Möglichkeit geben, Mittel- und Langstrecke bei der DM durchzuführen, werden wir das tun,“ erklärt Gonschinska.

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