Sechs Beispiele für Nachhaltigkeit in unserer Region. Unter anderem Mini-Solaranlagen und E-Lastenräder in Braunschweig, aber auch die Brockenbahn.

Braunschweig. Jedes Jahr am 22. April wird der sogenannte Earth Day begangen. Ziel dieses Tages ist, darauf aufmerksam die Einzigartigkeit und die Zerbrechlichkeit unseres Planeten aufmerksam zu machen. Fest steht, um unsere Erde zu bewahren, muss etwas passieren. Diese sechs Beispiele zeigen, dass unsere Region anpackt.

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1. Brockenbahn mit neuem Dampf?

Raketentechnologie in historischen Dampfloks: Prof. Thomas Link von der Hochschule Nordhausen rechnete dies durch. Anlass: der Wunsch der Harzer Schmalspurbahnen, die auch die Brockenbahn betreibt, nach einer Machbarkeitsstudie zum Einsatz von Wasserstoff als Alternative zur Steinkohle. Pro Tag bläst eine Lok etwa so viel CO2 aus wie 400 Autos mit Verbrennungsmotor auf 100 Kilometern.

Die Überlegungen zum Einsatz des „Oxyfuel-Prozesses“, besagter Raketentechnologie: Wasserstoff wird mit reinem Sauerstoff in einer Hochdruckbrennkammer verbrannt, wobei Wasserdampf entsteht. Die Lok würde weiterhin dampfen, zischen, pfeifen. Doch der Denkmalschutz der 50er-Jahre-Loks bliebe dabei auf der Strecke. Eine Alternative zum Wasserstoff könnte daher Biokohle sein.

In den historischen Dampfloks wird Steinkohle per Hand verheizt.
In den historischen Dampfloks wird Steinkohle per Hand verheizt. © HSB | Olaf Haensch

2. Solaranlagen boomen!

Mini-Solaranlagen werden seit diesem Jahr in Braunschweig erstmals gefördert. Die Anlagen boomen zurzeit. In Oldenburg, wo Mini-PV mit 300 Euro gefördert wird, wurden seit Anfang 2021 bereits 117 dieser Anlagen registriert. In Braunschweig, zurzeit sind 77 Anlagen registriert, liegt die Förderung bei bis zu 400 Euro.

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Sonnenstrom vom Garagendach - eine Mini-Solaranlage mit zwei Modulen in Timmerlah.
Sonnenstrom vom Garagendach - eine Mini-Solaranlage mit zwei Modulen in Timmerlah. © JS | STACHURA

3. Der Wasserstoff-Campus entsteht!

Auf dem Gelände des Autozulieferers Bosch in Salzgitter entsteht ein Wasserstoff-Campus. Die Anschubfinanzierung des Landes für drei Projekte beträgt 4,7 Millionen Euro. Die Unternehmen Alstom, Bosch, MAN Energy Solutions, Salzgitter AG, WEVG sowie das Fraunhofer Institut für Schicht- und Oberflächentechnik, die Stadt Salzgitter, das Land und die Allianz für die Region arbeiten daran, Wasserstoff breit anzuwenden und Geschäftsmodelle zu entwickeln.

„Wasserstoff kann direkt genutzt werden, etwa als Ersatz für Erdgas. Seine Anwendung eignet sich zudem überall dort, wo Batterien als Stromspeicher allein nicht ausreichen. Ich denke an den Einsatz von Brennstoffzellen, in denen Wasserstoff in Strom gewandelt wird, im Zug- und den Schwerlastverkehr. Bei diesen Anwendungen ist für die Energiespeicherung eine Kombination aus Batterien und Wasserstoff sinnvoll“, erläutert Professor Arno Kwade, Bereichsleiter Verfahrens- und Fertigungstechnik des Fraunhofer IST und Leiter des Instituts für Partikeltechnik der TU Braunschweig. Allerdings: Derzeit koste ein Kilo grüner Wasserstoff noch zwischen zwei und sechs Euro.

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Auf dem Bosch-Gelände entsteht der Campus-Kern.
Auf dem Bosch-Gelände entsteht der Campus-Kern. © Jürgen Runo | Jürgen Runo

4. E-Lastenräder für alle in Braunschweig!

Die Kirchengemeinde St. Magni in Braunschweig hat für ihr Kinder- und Jugendzentrum (Kijuz) ein Elektro-Lastenfahrrad finanziert – ermöglicht durch das Förderprogramm „Klimafreundlich Leben“ des Regionalverbands Großraum Braunschweig. Davon sollen nun auch Bewohner des Magniviertels profitieren, wie Magni-Pastor Henning Böger erläutert.

„In dem historischen Stadtteil gibt es nur wenig Parkraum“, sagt er. „Da wird eine klimafreundliche und wendige Transportmöglichkeit gern genommen: Viele Anlieger, Geschäftsleute des Viertels und Nachbarn der Gemeinde freuen sich über das kostenlose Angebot, sich das E-Lastenbike unkompliziert auszuleihen.“

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Im Magni-Viertel kann man sich ein Lastenrad ausleihen.
Im Magni-Viertel kann man sich ein Lastenrad ausleihen. © Regionalverband Braunschweig

5. Backen im Etagenofen im Kreis Gifhorn!

Die Heidebäckerei Meyer aus Wahrenholz im Landkreis Gifhorn ist nach 44 Jahren im Ortskern in die 15 Millionen Euro teure neue „Backstube“ umgezogen. Seit der Übernahme der Hannoverschen Landbäckerei Bosselmann hat der größte Bäcker der Region knapp 1.000 Mitarbeiter.

Der neue Etagenofen ist das Herzstück in der Wahrenholzer Backstube. Denn er entscheidet selbstständig, welche leere Etage gerade die richtige Temperatur für das nächste Brotbrett hat, und transportiert es dort hinein. Die Abwärme wird in zwei 20.000-Liter-Wassertanks gespeichert und kann für die Waschanlagen, Gäranlagen oder zum Anheizen der Öfen genutzt werden. Chef Herbert Meyer: „Wir haben zudem große Flächen für Photovoltaik-Anlagen.“ Ein Teil des Stroms fließt auch in Ladestationen für E-Autos.

Junior-Chef Marcell Meyer führt durch die neue
Junior-Chef Marcell Meyer führt durch die neue "Backstube" des Unternehmens in Wahrenholz, dass mittlerweile auf fast 1000 Mitarbeiter angewachsen ist. © Reiner Silberstein | Reiner Silberstein

6. Zweite Chance für Lebensmittel in Wolfsburg

Jeden Tag landen zahlreiche Lebensmittel mit Schönheitsfehlern oder überschrittenem Haltbarkeitsdatum im Müll. Rund 12 Millionen Tonnen sind es in Deutschland jedes Jahr. Anna-Maria Spezia Kaiser aus Wolfsburg setzt sich gegen diese Verschwendung ein. Die 57-Jährige engagiert sich für Foodsharing, eine Initiative zur Rettung von Lebensmitteln. Das Prinzip: Essen, das nicht mehr verkauft werden kann, wird nicht weggeworfen, sondern abgeholt und weiterverteilt.

Die Organisation läuft in erster Linie über eine Online-Plattform. Dort vernetzen und koordinieren sich die Lebensmittelretter. Den Wolfsburger Ableger gibt es seit 2017. Fast 350.000 Kilogramm Lebensmittel haben die Ehrenamtlichen in Wolfsburg seit dem Start gerettet, mehr als 20.000 Rettungseinsätze gab es bislang.

Weitere Food-Sharing-Projekte in der Region:

Anna-Maria Spezia Kaiser (links) rettet Lebensmittel.
Anna-Maria Spezia Kaiser (links) rettet Lebensmittel. © regios24 | Helge Landmann