Hildesheim. 3 Bewohnerinnen eines Hildesheimer Seniorenheims starben – mutmaßlich angesteckt von einer corona-infizierten Beschäftigten. 2023 startet der Prozess.

Wegen eines Corona-Ausbruchs mit drei Toten in einem Hildesheimer Pflegeheim kommt eine frühere Heim-Mitarbeiterin vor Gericht. Konkret werden der 45-Jährigen in einem Fall fahrlässige Tötung und in zwei Fällen fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen, erläuterte ein Sprecher des Landgerichts Hildesheim am Montag. Zudem soll die Frau eine Urkundenfälschung begangen haben, indem sie sich mit einem gefälschten Nachweis über zwei Corona-Impfungen ein digitales Impfzertifikat in einer Apotheke besorgte.

Die Frau hatte Ende November 2021 trotz der Corona-Infektion ihres Sohnes zunächst weiter als sogenannte Alltagsbegleiterin in dem Heim gearbeitet. Dies hatte ihr Arbeitgeber erlaubt, weil er annahm, sie sei doppelt geimpft. Ihr später vorgelegtes Impfzertifikat war aber gefälscht. Bei dem Ausbruch in dem Heim waren drei 80, 85 und 93 Jahre alte Bewohnerinnen gestorben. Die Corona-Infektionen der drei Seniorinnen sollen laut Anklage zumindest mittelbar auf die Angeklagte zurückzuführen sein. Die 80-Jährige soll nicht nur mit, sondern an Covid-19 gestorben sein.

Hildesheimer Corona-Ausbruch: Prozess startet wohl im Frühjahr 2023

Die Frau gab die Fälschung des Impfausweises zu, streitet aber ab, für den Corona-Ausbruch verantwortlich zu sein. Über die Zulassung der Anklagen hatten zunächst „Der Spiegel“ und „Die Zeit“ berichtet. Seit Beginn der Pandemie ist nach Ausbrüchen in Heimen, Kliniken oder Arztpraxen laut „Zeit“ bislang noch keine andere Anklage bekannt geworden, obwohl es zahlreiche Ermittlungsverfahren und auch Verdacht auf organisatorisches oder individuelles Fehlverhalten gegeben habe. Der Prozess wird dem Sprecher zufolge nicht vor März 2023 starten.

Die ehemalige Mitarbeiterin des Hildesheimer Heimes hatte Ende November 2021 trotz der Corona-Infektion ihres Sohnes zunächst weiter gearbeitet. (Archivbild)
Die ehemalige Mitarbeiterin des Hildesheimer Heimes hatte Ende November 2021 trotz der Corona-Infektion ihres Sohnes zunächst weiter gearbeitet. (Archivbild) © dpa | Moritz Frankenberg

Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft soll die 45-Jährige, als sie auch schon selbst unbemerkt erkrankt war, zunächst einen Kollegen in einer Kaffeepause angesteckt haben. In den Folgetagen soll es durch die von der Mitarbeiterin in Gang gesetzten Kette zu drei weiteren Corona-Infektionen beim Pflege- und Reinigungspersonal und elf Ansteckungen unter Bewohnern gekommen sein.

Die Mitarbeiterin hatte sich am 30. November 2021 krankgemeldet. Eine Woche später soll sie ihrem Arbeitgeber mitgeteilt habe, dass ihr an Covid-19 erkrankter Lebensgefährte wegen des schweren Verlaufs ins Krankenhaus gekommen sei. Bei diesem Gespräch erinnerte die Heimleitung die Frau an die Vorlage ihres Impfausweises, der sich als Fälschung herausstellte. Die Heimleitung erstattete daraufhin Strafanzeige wegen Urkundenfälschung. Die Frau wurde fristlos entlassen.

Im Zuge der Ermittlungen waren PCR-Abstriche der gestorbenen Bewohnerinnen, der Angeklagten und ihres zwischenzeitlich gestorbenen Partners analysiert worden. Die Probe der 45-Jährigen wurde allerdings im Labor versehentlich vernichtet. Laut Staatsanwaltschaft kam ein Sachverständiger zu dem Ergebnis, dass die Unterschiede der anderen Proben nur minimal seien und daher eine zusammenhängende Infektionskette vermutet werden könne.

Im Fall einer Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung muss die Frau mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren rechnen.

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