Braunschweig. Rund 90 Ehrenamtliche nehmen Heimbewohner mit auf eine Tour mit der Rikscha. Jede Fahrt ist anders, das Ziel ist immer gleich: Lebensfreude.

Unter den Seniorinnen und Senioren geht es zuweilen ganz schön zur Sache. Wenn es um einen Platz in der Rikscha des Projekts „Radeln ohne Alter“ der Bürgerstiftung Braunschweig geht, töne es schon mal „ich bin dran“, gefolgt von einem „nein, ich bin dran“, berichtet Jörg Hansen, der als sogenannter Pilot die Rikscha fährt, die im Prosenis-Pflegeheim Haus Eichenpark im Einsatz ist. „Der Andrang ist groß.“ Denn bei den Rikscha-Fahrten geht es nicht einfach nur ums Radfahren. Es geht getreu dem Motto des Projekts um das „Recht auf Wind im Haar in jedem Lebensalter“. Und das bedeute, so Mit-Initiatorin Andrea Reinhart vom Vorstand der Bürgerstiftung, „ein Stück Freiheit, eine Erweiterung des Blickwinkels, Teilhabe“.

So engagieren sich die Ehrenamtlichen von „Radeln ohne Alter“

Die ehrenamtlich Engagierten kümmern sich um die Organisation, um die Ausbildung der Piloten und natürlich ums Rikscha-Fahren selbst. Die Touren dauern zwischen einer halben und einer Stunde und erweitern so den Bewegungsradius der älteren Menschen. Wohin sie führen, das können die Mitfahrerinnen und Mitfahrer mitbestimmen. Wichtig ist dabei auch: die Teilnehmer kommen miteinander und mit dem Fahrer ins Gespräch.

Das konnte bereits erreicht werden

Seit die Bürgerstiftung Braunschweig das Projekt „Radeln ohne Alter“ Ende 2020 ins Leben gerufen hat, ist die Zahl der Ehrenamtlichen auf rund 90 gewachsen, rund 70 von ihnen sind als Piloten im Einsatz. „Es war noch nie so leicht, Ehrenamtliche oder Sponsoren zu gewinnen“, sagt Reinhart. „Das Projekt begeistert viele.“ Dank der großen Spenden- und auch Einsatzbereitschaft sind mittlerweile zwölf Rikschas im Stadtgebiet Braunschweig unterwegs. Elf von ihnen haben ihren Platz in Pflege- und Altenheimen, eine weitere steht bei der Bürgerstiftung und kann von Seniorinnen und Senioren in Anspruch genommen werden, die zu Hause leben. Zwei weitere Rikschas sind bereits bestellt. Rund 900 Seniorinnen und Senioren sind bereits mitgefahren.

Das war der bisher bewegendste Moment

Bewegende Momente gibt es laut Reinhart viele. Manchmal seien es die kleinen Dinge: Passanten, die winken, Autofahrer, die einen Daumen nach oben halten und besonders vorsichtig fahren, wenn sie die Rikscha passieren, glückliche Mitfahrerinnen und Mitfahrer, die nach Jahren ihre ehemaligen Nachbarn wiedersehen.

Aber es gibt auch Momente, die herausstechen. Mit-Initiatorin Kerstin Waning sagt: „Ein Bewohner wollte zum Grab seiner Frau fahren.“ Jahrelang habe er nicht die Gelegenheit dazu gehabt. Am Grab habe er dann sehr geweint. Mit-Initiator Wolfgang Jahns erzählt von einer Frau, die nicht mehr recht am Leben teilgenommen habe. Als sie wieder aus der Rikscha stieg, habe sie gelächelt. Und das habe sie vorher gar nicht mehr gemacht. „Und dann sagte sie: Das war der schönste Tag in meinem Leben.“

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