Braunschweig. Urteil im Braunschweiger Missbrauchsprozess: Auf die Haft soll Sicherungsverwahrung für den 60-jährigen Nachhilfelehrer folgen.

Nach Verbüßung einer neunjährigen Haftstrafe wird der heute 60-Jährige nicht mit einem Lebensabend in Freiheit rechnen können: Im Prozess um den 27-fachen sexuellen Missbrauch zweier 12 und 13 Jahre alter Schülerinnen hat die Jugendkammer des Braunschweiger Landgerichts am Donnerstag für den Sozialpädagogen die anschließende Sicherungsverwahrung angeordnet. „Der Angeklagte ist ohne Zweifel gefährlich“, erklärte die Vorsitzende Richterin in der Urteilsbegründung.

Als privater Nachhilfelehrer hatte der einschlägig vorbestrafte Braunschweiger die Unterrichtsstunden im Elternhaus der Kinder genutzt, um sich an den beiden Mädchen sexuell zu vergehen. „Er hat seine Machtposition und das Vertrauen der Eltern ausgenutzt“, stellte die Vorsitzende fest. Die Mädchen hätten keine Chance zur Gegenwehr gehabt. In ihrem Zuhause, in dem sich Kinder sicher und geborgen fühlen sollten, habe er „eine Atmosphäre von Angst und Ausgeliefertsein“ geschaffen.

Kammer folgte Antrag der Staatsanwaltschaft

In ihrem Urteil folgte die Kammer dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Ein Vertreter der Nebenklage hatte zuvor zehn Jahre Haft plus Sicherungsverwahrung gefordert, der Verteidiger eine achtjährige Freiheitsstrafe ohne Sicherungsverwahrung. Er kündigte Revision gegen das Urteil an.

Bei einer Revision hat der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Landgerichts auf Rechtsfehler zu überprüfen. Im Mittelpunkt dürfte in diesem Fall die Frage der Sicherungsverwahrung stehen, die für seinen Mandanten, so der Verteidiger, einen lebenslangen Freiheitsentzug bedeuten könne.

Hass auf Frauen

Aus Sicht der 12. großen Strafkammer des Landgerichts sind die juristischen Voraussetzungen für eine Sicherungsverwahrung zum Schutz der Allgemeinheit erfüllt. Der 60-Jährige habe einen Hang zu Sexualstraftaten, die laut einem Gutachter sadistische Züge tragen. Auch Strafen hätten den Angeklagten in der Vergangenheit nicht von weiteren Sexualdelikten abgehalten: 1986 war der damalige Zeitsoldat wegen Raubes, Vergewaltigung und Mordversuchs in Hildesheim zu elf Jahren Haft verurteilt worden.

Aus Hass auf Frauen hatte er, wie es hieß, eine Prostituierte überfallen und sie mit Messerstichen und einem Schuss in den Unterleib zu töten versucht. Nach sieben Jahren Haft studierte er Sozialpädagogik und fand Arbeit bei einem Bildungsträger – wo er eine Schülerin sexuell missbrauchte und 2010 zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde. Danach verdingte er sich in Braunschweig als privater Nachhilfelehrer. „Die Opfer“, so die Richterin, „sind immer jünger und weniger wehrhaft geworden.“ Selbst als im Jahr 2018 nach einer Anzeige der Mutter eines Opfers schon ein Ermittlungsverfahren gegen ihn lief, missbrauchte er eine weitere Schülerin 16-mal schwer.

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