„Der Herbst wird der Lack- mustest für die Regierung. Selbstbeschäftigung ist dann verboten.“

Alles könnte so schön sein im GroKo-Heim: Die Bewohner sind sich mittlerweile leidlich sympathisch, schwere Umzüge hat man gemeinsam überstanden, Haus und Garten sind ordentlich bestellt. Nur: Man bekommt es den Wählern nicht vermittelt. Die haben den Eindruck, dass reines Chaos herrscht. Und wenden sich ab.

Eine namhafte Studie kommt gerade zu dem Ergebnis, dass die große Koalition schon deutlich vor Ablauf ihrer Halbzeit mehr als die Hälfte ihrer Koalitionsversprechen umgesetzt hat oder angegangen ist. Diese positive Bilanz werde allerdings kaum registriert, schreiben die Politikforscher der Bertelsmann Stiftung. Stimmt.

Aber daran ist die Koalition zum größten Teil selbst schuld. Während sich die Union im ersten Jahr der Koalition durch einen irren Streit selbst zerriss, schaffte es die SPD dann 2019, durch interne Querelen und Revolutionen eine schier unendliche Suche nach einem Vorsitz zu starten. Und lenkte die Schlagzeilen damit von Inhalten hin zu Personen. Dabei haben Union und SPD gerade ein Versprechen eingelöst – in der Politik nicht immer üblich: Die Abschaffung des Solidaritätszuschlags für über neunzig Prozent der Steuerzahler ist eine spürbare Entlastung. Das Mieten-, Bauen- und Wohnenpaket – wenn es denn zügig umgesetzt wird – ist ebenfalls eine willkommene Erleichterung.

Doch statt die Erfolge selbstbewusst zu verkaufen, beschäftigt sich die Republik mit der Doktorarbeit einer Ministerin, einem entlassenen Verfassungsschutzchef ohne Mandat und der Partnersuche von Vizekanzler Olaf Scholz . Traurig. Noch geht es Deutschland gut. Doch der ungeregelte Brexit kommt näher, der Handelskonflikt zwischen den USA und China droht zu eskalieren, der Schutz des Klimas eilt. Der Herbst wird der Lackmustest für die Regierung. Selbstbeschäftigung ist dann verboten.