„Wenig tröstlich für Nahles ist, dass auch Kanzlerin Angela Merkel unter Druck steht.“

Die Analysen der Meinungsforscher, die Andrea Nahles nach der Bayern-Wahl auf den Tisch bekam, muss für die SPD-Chefin eine erschreckende Lektüre gewesen sein. Als einziger Partei (!) im Freistaat gelang es den Sozialdemokraten nicht, bisherige Nichtwähler von einem Kreuz bei der SPD zu überzeugen. Dabei stieg die Wahlbeteiligung von 64 auf fast 73 Prozent.

Die SPD hat im Südwesten und in Bayern ihren Status als Volkspartei an die Grünen verloren, die urbane Mitte in Metropolen wie München hat die Genossen abgeschrieben. Grüne führen die Proteste im Hambacher Forst und beim Diesel an. Die SPD wirkt ewig gestrig, verloren im Industriezeitalter. Das alles erinnert an die FDP, die 2013 aus dem Bundestag flog.

Noch bewegt sich die SPD auf einem höheren Niveau. Aber der Spruch, den der Liberale Wolfgang Kubicki damals auf den eigenen Laden münzte, gilt ungeschönt für die Sozialdemokratie: „Die Marke SPD ist in Verschiss.“

Die Hessen-Wahl in zwölf Tagen wird für Nahles nach nur sechs Monaten an der Spitze vielleicht schon ein Endspiel. Sollten die Grünen mit dem Rückenwind aus Bayern die SPD abhängen und einen Regierungswechsel verhindern, wird sich der Frust in der SPD Bahn brechen. Raus aus der Todesspirale GroKo, das ist über die Linken hinaus der Hilfeschrei einer gedemütigten Partei.

Wenig tröstlich für Nahles ist, dass auch Kanzlerin Angela Merkel unter Druck steht. Verliert Volker Bouffier nach fast zwei Jahrzehnten CDU-Dominanz die Macht in Hessen, braucht Merkel beim Parteitag im Dezember nicht noch mal antreten. Gewinnt Bouffier, könnte das für Merkel ein kleiner Befreiungsschlag sein. Selbst wenn die SPD die GroKo dann platzen lässt, in einer Minderheitsregierung gemeinsam mit den Grünen könnte Merkel durchaus regieren.