“Die Probleme haben sich aus vielen Gründen verschärft: Mehr Spekulation, Rückzug aus dem sozialen Wohnungsbau.“

Wenn Politiker von einem Prozess reden, schwingt die Bitte mit, nicht zu viel, vor allem nichts sofort zu erwarten. Was als abgemacht gilt, ist noch nicht beschlossen. Was in Kraft tritt, muss erst umgesetzt werden. Was umgesetzt ist, wirkt oft mit Verzögerung. Die Zeit ist auchder kritische Faktor beim „Wohngipfel“.

Er kommt zu spät. Niemand anderem kann man das anlasten als der großen Koalition, denn sie regiert seit 2013. So lange hält auch die Wohnungsnot an. Und: Die Situation war absehbar. Richtig ist aber auch: Wenn die Regierung zuletzt mit Milliarden für den sozialen Wohnungsbau die richtigen Schlüsse gezogen hat, dann kann die „Wohnraumoffensive“ trotzdem noch nicht spürbar sein. Sie braucht Zeit. Man wird das selbst gesteckte Ziel – das ist mit 1,5 Millionen neuen Wohnungen erfreulich konkret – erst 2021 erreichen.

Die Probleme haben sich aus vielen Gründen verschärft: Mehr Spekulation, Rückzug aus dem sozialen Wohnungsbau, auch des Staates als Investor. Nicht zuletzt: Realitätsblindheit. Denn bei einer Nettozuwanderung von jährlich einer halben Million Menschen konnte man sich ausrechnen, dass die Nachfrage das Angebot übersteigen und die Preise bald anziehen würden.

In der Politik kommt es auf die Steuerung von Erwartungen an. Wenn alle, die Rang und Namen, vor allem Interessen haben, zur Kanzlerin kommen, wenn die Koalitionsparteien Bauen zur Chefsache erklären, sind die Erwartungen groß. Nach innen muss der Gipfel eine Art Beschleuniger sein. Nach außen, gegenüber den Wählern, müssen Merkel und Seehofer Vorschläge machen, die aufhorchen lassen. Die Menschen sind dankbar für jeden Anstoß. Und für einen Themenwechsel. Nachdem die politische Klasse wochenlang keine anderen Fragen diskutiert hat als die Definition von „Hetzjagden“, spricht sie mit den Mieten etwas an, das jeden betrifft.