“In dem Format wären vermutlich auch Barcelona, Paris oder Sydney Monster von Städten.“

Die RTL-II-Sendung „Hartz und herzlich“ ist tatsächlich eine Art „Armutsporno“. Was soll man erwarten von einer Sendung, in der ausschließlich Hartz-IV-Empfänger, also Menschen, denen es wirtschaftlich nicht gut geht, über ihre Stadt reden? Natürlich werden die zunächst mal ihren Frust los. Natürlich geben sie allen möglichen Leuten die Schuld an ihrer schwierigen Situation und beschwören alle Klischees über die Stadt herauf. Salzghetto! Betrug durch Ämter! Die Ausländer haben alle die Taschen voll!

In dem Format wären vermutlich auch Barcelona, Paris oder Sydney Monster von Städten. Also ruhig Blut: Es handelt sich keinesfalls um eine Dokumentation über die Stadt Salzgitter. Es handelt sich nur um eine Darstellung des Lebens von armen Menschen, die Angst um ihre Zukunft haben. Allerdings gab es da auch positive Aspekte. Ich ziehe den Hut vor einer alleinerziehenden Mutter zweier Kinder, die sich aktiv Hilfe sucht und um ihr Leben kämpft. Berührt hat mich die Freundschaft zweier Männer, die sich zusammengetan haben und die Kameradschaft loben. Schön ist es, wie sich eine Suchtberaterin mit ihrem Kunden, der seit 30 Jahren Alkoholiker ist, zum Kaffeetrinken verabredet. Liebe zu Kindern, Verantwortungsgefühl, Freundschaft, Menschlichkeit: Das sind Dinge, die in jeder Schicht positiv sind – und nicht von Geld abhängig. Leider geraten diese Aspekte in der „Armutsporno“-Debatte in den Hintergrund.