„Die Anklage macht deutlich, dass ein großer Name eben nicht vor Strafverfolgung schützt.“

Die Anklage des einstigen VW-Vorstandschefs in den USA ist mehr als ein Mosaiksteinchen in der Aufarbeitung des Abgas-Betrugs. Erstmals soll sich ein Manager aus der ersten Reihe verantworten. Das hat starke Symbolkraft.

So zeigt die Anklage erstens, dass das Klischee „Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen“ eben nicht per se stimmt – auch wenn ein Urteil weit entfernt ist und womöglich gar nicht gesprochen wird. Die Anklage macht deutlich, dass ein großer Name eben nicht vor Strafverfolgung schützt. Selbst wenn sich Winterkorn dem Verfahren nicht stellt, würde sein Leben stark eingeschränkt. Begibt er sich dann ins Ausland, droht ihm die Auslieferung an die USA. Außerdem würde der Makel des Kneifens an ihm haften. Ob er doch mehr weiß, als er preisgeben will?

Die Anklage setzt zweitens die Strafverfolgungsbehörden in Deutschland unter Druck. Hierzulande gab es wegen des Abgas-Betrugs zwar öffentlichkeitswirksame Durchsuchungen, aber (noch) nicht mehr. Daher müssen sich die Ermittler immer wieder dem Vorwurf aussetzen, nicht hart und schnell genug zu sein. Diese Anwürfe dürften nun zunehmen, wenn nicht bald konkrete Ergebnisse der Ermittler folgen.

Drittens fühlen sich Anleger bestätigt, die VW Marktmanipulation vorwerfen und deshalb auf Schadenersatz klagen. Die US-Justiz unterstellt Winterkorn, deutlich vor 2015 von dem Vergehen gewusst zu haben. Das ist genau die These der Kläger. Gut möglich also, dass die Gerichte nun noch mehr zu tun bekommen.

Nicht zuletzt ist die Anklage für VW ein Wink mit dem Zaunpfahl. Das, was Vorstand und Aufsichtsrat stets angedeutet haben, bestätigt sich nun einmal mehr. Der Abgas-Betrug ist längst nicht abgearbeitet und wird noch über Jahre große Schatten über Wolfsburg werfen. Das wird viel Geld kosten und das Image immer wieder ankratzen.