„Vor allem weniger begehrte Arbeitgeber können sich in Sachen Arbeitszeit eine Scheibe abschneiden.“

Von solchen Tarifabschlüssen können Beschäftigte anderer Branchen nur träumen. Die Mitarbeiter im VW-Haustarif bekommen nicht nur ein dickes Lohnplus, sondern obendrein ein dickes Rentenplus. Doch alles andere wäre sowohl für Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber kaum vertretbar gewesen. Denn der Abschluss orientiert sich nicht nur wie üblich an der Fläche – am Freitag wird der Konzern auch noch das wohl beste Jahresergebnis seiner Geschichte verkünden. Allein deshalb ist die Anerkennung für die Mitarbeiter angemessen. Schließlich haben die Gewerkschafter Recht: Nicht die Belegschaft hat den Betrug begangen, aber sie muss ihn mit ausbaden.

Die Mitarbeiter dürfen sich allerdings nicht nur über mehr Geld freuen. Auf den letzten Metern der Tarifverhandlungen schlich sich noch das Thema Arbeitszeit ein, um das in der Fläche so hart gerungen worden war. Auch belastete VW-Mitarbeiter können künftig einen Teil der Gehaltssteigerung in freie Tage umwandeln. Nach dem Abschluss bei der Bahn, wo Mitarbeiter nun zwischen Geld und Urlaub wählen können – die Mehrheit entschied sich für mehr Zeit –, und dem Abschluss für die Metall- und Elektroindustrie, wo die Beschäftigten bald vorübergehend in Teilzeit wechseln können, nun also ein Anfang auch bei VW.

Dass solche Wahlmöglichkeiten vor allem kleinere Unternehmen vor Herausforderungen stellen, ist klar. Doch VW-Personalvorstand Karlheinz Blessing betont zu Recht, dass VW durch den Abschluss attraktiver wird. Das ist der Autobauer für viele Bewerber natürlich ohnehin schon, aber auch VW hat Probleme, Fachkräfte zu finden, etwa die dringend gebrauchten IT-Spezialisten. Und vor allem weniger begehrte Arbeitgeber können sich in Sachen Arbeitszeit eine Scheibe abschneiden, um Bewerber anzulocken. Denn offensichtlich ist mehr Zeit inzwischen für viele wertvoller als mehr Geld.