Der Kriminologe Prof. Thomas Bliesener erklärt im Interview, warum Menschen zu Brandstiftern werden.

Braunschweig. Der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstitutes in Niedersachsen, Prof. Thomas Bliesener, macht verschiedenste Gründe aus, warum Menschen zu Brandstiftern werden. In der Gruppe agieren diese meisten anders.

Welche Motive können hinter den Brandstiftungen wie im jüngsten Fall in Braunschweig stehen?

Die Motive hinter Brandstiftungen sind recht vielfältig. Da die Braunschweiger Serie sich wohl nicht gegen Personen gewandt hat, ist es durchaus denkbar, dass der oder die Brandstifter aus einem persönlichen Macht- und Geltungsbedürfnis heraus gehandelt haben. Etwas zu verursachen, das für Aufmerksamkeit und Aufsehen sorgt, wie zum Beispiel große Feuerwehr- und Polizeieinsätze aber auch intensive Berichterstattung, steht für den Täter dabei im Vordergrund. Auch eine psychische Störung des Täters kann hinter den Brandstiftungen stehen.

Planen die Täter ihr Vorgehen, oder werden die Ziele eher spontan ausgesucht? Was wissen Sie darüber?

Bei Brandstiftungen kann es sich durchaus um Planungshandlungen handeln. Dabei werden im Vorfeld Objekte ausgesucht, die schnell erreicht und wieder verlassen werden können und bei denen der Täter ungestört den Brand legen kann. Allerdings kann die Entscheidung für ein Ziel auch relativ spontan getroffen werden. Das ist zum Beispiel oft bei Gruppen der Fall, bei denen sich die Gruppenmitglieder gegenseitig zur Tat anstiften.

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  • Welche Rolle spielen der Konsum von Alkohol oder Drogen bei den Taten?

    Das lässt sich nur sehr schwer sagen. Denn die meisten Brandstifter werden nicht in flagranti erwischt, sondern durch intensive Polizeiarbeit ermittelt. Ob ein Täter also während der Tat unter Drogen- oder Alkoholeinfluss stand, ist im Nachhinein oft nicht mehr eindeutig festzustellen. Allerdings lässt sich sagen, dass Alkohol nicht selten eine Rolle bei Brandstiftungen spielt.

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    Spektakuläre Brände in unserer Region – eine Chronik

    Immer wieder erschüttern Brände und Brandserien unsere Region, zuletzt in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch im Braunschweiger Stadtgebiet. Die Hintergründe und Motive sind vielfältig, auch Feuerwehrleute werden als Täter ermittelt. Der Sachschaden ist oft immens. Eine Auswahl an Fällen:

    Juli, 2021, Velpke: Seit November 2020 war es immer wieder zu Brandstiftungen an Autos in Velpke gekommen. Nach intensiven Ermittlungen konnte eine dafür eingerichtete Ermittlungsgruppe der Polizei Helmstedt einen 26-Jährigen festnehmen Gegen ihn besteht dringender Tatverdacht wegen vier vorsätzlich gelegter Brände.

    Juni 2021, Salzgitter: Mehr als 20 Mal brennt es seit 2019 in Mehrfamilienhäusern in Salzgitter. Die Polizei nimmt im Juni einen 26-Jährigen fest. Wie viele Brandstiftungen auf sein Konto gehen, wird aktuell ermittelt.

    März 2021, Einbeck: Nach einer Serie von Brandstiftungen in Einbeck im Kreis Northeim im vergangenen Sommer wird ein 24 Jahre alter Ex-Feuerwehrmann zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Nach Überzeugung des Göttinger Landgerichts hatte der 24-Jährige vor allem Gartenlauben, Scheunen und Strohballen in Brand gesteckt.

    21. September 2019, Meine: Ein 43-Jähriger aus dem Kreis Meine wird verhaftet. Im Juli 2020 wird er vor dem Landgericht Hildesheim wegen insgesamt neunfacher Brandstiftung, achtmal schwere Brandstiftung, zu sechs Jahren Haft verurteilt. Der Verurteilte legte Berufung ein. Das Urteil ist mittlerweile durch das BGH rechtskräftig.

    September 2018, Kreis Helmstedt: Eine Brandserie – unter anderem in einer Kleingartensiedlung – die seit Ende 2016 Polizei und Feuerwehr in Atem hält, endet mit der Festnahme eines 45-jährigen Helmstedters.

    Juli 2017, Bad Harzburg: In Bad Harzburg wird ein 20-jähriger Feuerwehrmann auf frischer Tat ertappt. Er muss sich später vor dem Landgericht Braunschweig verantworten. Die Anklage lautet Brandstiftung in zwölf Fällen. Bis zum Prozessauftakt befindet sich der Mann in psychiatrischer Behandlung.

    Salzgitter, August 2015: Die Polizei nimmt zwei Männer (22 und 24 Jahre) fest, die für eine Vielzahl von Bränden in Lebenstedt und Bad verantwortlich gemacht werden. Einer von ihnen ist Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Salzgitter-Bad. Er gilt für die Ermittler als Haupttäter, der andere Festgenommene wird wenig später freigelassen.

    Dezember 2013, Braunschweig: Ende einer spektakulären Serie: Ein 21-jähriger Feuerwehrmann gesteht, 26 Brände gelegt zu haben. Container, Autos, später einen Wohnwagen zündete er an. Er ist Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr und zum Teil selbst an den Löscharbeiten beteiligt. Braunschweigs damaliger Kripo-Chef Ulf Küch spricht von sehr aufwendigen Ermittlungen. Eine eingerichtete Soko ermittelt: Küch: „Uns ging es darum, die Bevölkerung zu schützen. Denn ein Feuer ist niemals steuerbar. Es kann zur Katastrophe führen.“

    Juli 2011, Wolfsburg-Sülfeld: Bei einem Feuer in einem Schweinestall nahe Sülfeld kommen bis zu 1000 Tiere um, 90 Feuerwehrleute befinden sich im Einsatz. Der Schaden wird damals auf etwa 230.000 Euro geschätzt. Als Ursache stellt sich später ein technischer Defekt heraus.