Braunschweig. Im Niedersächsischen Landtag wurde geimpft. Auch Kassiererinnen sind jetzt dran – Friseure aber nicht. Das Ende der Priorisierungen ist in Sicht.

Seit gestern ist eine neue Gruppe berechtigt, sich bevorzugt gegen Corona impfen zu lassen. Die erste Öffnungswelle ab 10. Mai für die Prioritätengruppe 3 betraf Menschen mit besonderen Vorerkrankungen und über 60-Jährige. Die zweite Welle, ab 17. Mai, orientiert sich nun vor allem an den jeweiligen Berufen. Dazu gehören Menschen, die bei Verfassungsorganen tätig sind. Wer ist jetzt dran? Ist das gerecht?

Laut Mitteilung des Niedersächsischen Landtags sollte ein Team des Impfzentrums Hannover Abgeordnete sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am 17. und 21. Mai impfen. Ist das Vordrängeln? David-Leon Rosengart, Sprecher des Landtags, sagt hierzu: „Ob Impftermine – etwa mit Blick auf die Verfügbarkeit von Impfstoffen – stattfinden, entscheidet einzig und allein die jeweilige Impfstelle, im Falle des Landtages das gemeinsame Impfzentrum Hannover.“

Die meisten, die nun impfberechtigt sind, müssen sich jedoch erst auf eine Warteliste setzen lassen – im Gegensatz zu den Landtagsabgeordneten. „Das Impfangebot vor Ort passte in die Planung unserer mobilen Teams und sicherte die rasche Impfung einer wichtigen Gruppe binnen kurzer Zeit“, erklärt der Stadtsprecher Hannovers, Udo Möller, die Aktion.

Wer gehört zur aktuellen Priorisierungsgruppe?

Im Gegensatz zu vorherigen Priorisierungsgruppen spielen in der zweiten Öffnung der Gruppe 3 Alter und Vorerkrankungen keine Rolle. Vielmehr kommt es darauf an, wo diese Menschen arbeiten. Dies sind nun unter anderem Menschen, die im Lebensmitteleinzelhandel tätig sind, Mitglieder von Verfassungsorganen oder in relevanten Positionen tätige Menschen in Justiz und Rechtspflege, bei der Polizei, dem Katastrophenschutz, im Pressewesen oder in politischen Stiftungen. Die Priorisierungsgruppen sind in der Coronavirus-Impfverordnung festgelegt. Wann die nächste Gruppe berechtigt ist, entscheiden die Länder.

Supermarktmitarbeiter sind dran – zu spät?

Seit Beginn der Pandemie sind die Supermärkte geöffnet. Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wurden als systemrelevant eingestuft, es gab Applaus und auch mal kleine Geschenke von Kunden. Jetzt sind Kassiererinnen und Kassierer im Lebensmitteleinzelhandel priorisiert. „Das ist absolut notwendig, kommt aber ein bisschen spät“, so Sebastian Wertmüller, Geschäftsführer des Verdi-Bezirks Süd-Ost-Niedersachsen. Die Impfpriorisierungen sollten sich danach richten, wer wie viel Kundenkontakt hat. „Und den haben Kassierinnen und Kassierer am laufenden Band“, sagt Wertmüller. Vor allem zu Beginn der Pandemie mussten sie weiterarbeiten, obwohl die Schutzmaßnahmen noch nicht sehr ausgeklügelt waren. Und auch jetzt sei für das Betreten eines Supermarktes kein negativer Corona-Test erforderlich.

Wertmüller sagt: „Je prekärer die Arbeitsbedingungen sind, desto schlechter ist auch der Schutz. Das betrifft – wie beispielsweise bei Kassiererinnen – immer vor allem Frauen.“ Er fordert, dass die Arbeitgeber über die Impfungen informieren und, dass dann in der Arbeitszeit geimpft wird. „Die Bereitschaft unserer Mitarbeitenden, sich impfen zu lassen, ist grundsätzlich hoch“, so Änne Spannuth, Unternehmenssprecherin von Edeka Minden-Hannover. Gleichzeitig werde man auch mit einer internen Plakat-Kampagne dafür werben, sich impfen zu lassen.

Friseurinnen und Friseure werden nicht berücksichtigt

Auch für Friseurinnen und Friseure hätte sich Wertmüller eine priorisierte Impfung gewünscht. Diese tauchen aber überhaupt nicht auf – weder in der aktuellen Öffnung der Gruppe 3, noch in der nächsten (und letzten). Somit müssen sie warten, bis die Priorisierungen aufgehoben werden. Andreas Bierich ist Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaften der Region Braunschweig-Gifhorn und Peine, die 150 Friseurbetriebe betreuen. Auch die Friseurinnen und Friseure hätten viel Kundenkontakt, sagt er. „Und am Ende stehen sie ja auch noch länger am einzelnen Kunden als im Lebensmitteleinzelhandel“, so Bierich. Die Kunden seien verunsichert, was gerade erlaubt sei und was nicht, je nachdem wie sich die Inzidenzen änderten. Dennoch, fügt er hinzu, müsse man bei einem Friseurbesuch keine Angst haben.

Das sieht auch der Obermeister der Friseur-Innung Braunschweig, Hans-Rudolf Meyer, so. Er sagt: „Es gab kaum Fälle bei Friseuren.“ Man halte sich an alle Regeln und teste sich regelmäßig. Nun hoffe man auf eine Impfung – so schnell wie möglich. „Aber drängeln wollen wir jetzt auch nicht.“

Wer ist in der nächsten Priorisierungsgruppe?

Die dritte und letzte Welle der Priorität 3 wird am 31. Mai freigegeben. Hier ist wieder die berufliche Indikation vorrangig, einschließlich Tätigkeiten in der kritischen Infrastruktur. Dazu zählen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Hochschulen oder Menschen, die im Apothekenwesen, der Pharmawirtschaft, der Ernährungswirtschaft oder dem Bestattungswesen tätig sind oder in der Ver- und Entsorgung oder dem Transport- und Verkehrswesen arbeiten. Auch Mitarbeiter in medizinischen Einrichtungen – diesmal insbesondere Labore ohne Patientenbezug – und Wahlhelferinnen und Wahlhelfer sind gehören dazu. Nach dieser Welle ist die Gruppe 3 abgeschlossen. Sie ist die letzte Priorisierungsgruppe.

Wann kommt das Ende der Priorisierungen?

In Baden-Württemberg und Berlin wurde die Impfpriorisierung bei Impfungen in den Hausarztpraxen am Montag aufgehoben. Bayern und Sachsen wollen dem folgen. Der Vorsitzende des Braunschweiger Hausärzteverbands, Carsten Gieseking, sieht eine Aufhebung jedoch mit gemischten Gefühlen. „Grundsätzlich bin ich dafür, denn die Priorisierung macht viel Arbeit“, sagt er. „Allerdings ist das mit so wenig Impfstoff, wie wir derzeit haben, schwierig.“

Ungefähr 590.000 Menschen stünden in Niedersachsen derzeit auf den Wartelisten, so Oliver Grimm, Sprecher des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung. „Es fehlt uns ja derzeit nicht an Impfwilligen, sondern an Impfstoff“, sagt Grimm. Die Priorisierungen werden dennoch ab dem 7. Juni aufgehoben – bundesweit.

Wie lange gibt es noch Impfzentren?

Auch die Impfzentren sollen voraussichtlich nur bis 30. September laufen. Bis dahin soll mehr und mehr bei den Hausärztinnen und -ärzten geimpft werden. Die gelieferten mRNA-Impfstoffe – wie Biontech – werden in den Impfzentren derzeit für die Zweitimpfungen gebraucht. Erstimpfungen sind hiermit erst wieder möglich, wenn die benötigten Zweitimpfungen abgeschlossen sind und genügend mRNA-Impfstoffe geliefert wurden.

Gibt es viele Menschen, die drängeln?

In den Impfzentren unserer Region kommt es immer wieder vor, dass Menschen in Impfzentren erscheinen, die noch nicht dran sind. „Die Begründungen sind so vielschichtig und bunt wie das Leben selbst“, so Maximilian Strache, Sprecher des Landkreises Goslar. Nur selten käme es zu lautstarken Ausbrüchen oder Beleidigungen – meist hätten die Menschen Verständnis.

Diese Erfahrungen bestätigt auch Braunschweigs Sprecher Rainer Keunecke. Häufig seien die Menschen auch einfach verwirrt, weil sie so viele unterschiedliche Informationen zu den Impfungen bekommen hätten.

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