Braunschweig. Verbraucherschützer raten Reisenden, sich in diesen Fällen an Schlichtungsstellen zu wenden oder rechtlichen Beistand zu suchen.

„Trotz der Ankündigung von Tui, alle Kunden fristgerecht zu entschädigen, warte ich seit Monaten auf eine Rückerstattung meiner Flugkosten.“ Das moniert unsere Leserin Erika Boog aus Wolfenbüttel. Zum Thema recherchierte Kerstin Kalkreuter.

Wann werden die Kosten für das Flugticket erstattet? Nicht nur unsere Leserin, auch Tausende weitere Kunden warten seit Wochen und Monaten auf eine Rückerstattung für die wegen der Corona-Pandemie ausgefallenen Flüge – und sind vermutlich ebenso verärgert.

„Wir haben den Rückstau abgearbeitet. 99 Prozent aller Kundenanfragen sind durch. Bei einer solchen Menge gibt es aber immer einige Spezialfälle, etwa wegen technischer Schwierigkeiten. Ich weiß, für dieses eine Prozent an Kunden ist das extrem ärgerlich und dafür entschuldige ich mich. Alles was jetzt neu zu erstatten ist, erledigen wir innerhalb von 14 Tagen. Wer eine Rückzahlung möchte, erhält diese auch innerhalb der Frist.“ Das sagte Tui-Deutschlandchef Marek Andryszak in einem Interview mit unserer Zeitung am 17. Juli. Unsere Leserin wartet seitdem aber immer noch vergeblich auf eine Entschädigung.

Fluggäste haben Recht auf Erstattung

Die Situation der Wolfenbüttelerin sei kein Einzelfall. „Das Problem wird uns täglich berichtet“, sagt Tiana Preuschoff von der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Dabei ist die Rechtslage in diesen Fällen eindeutig. Auf Grundlage der Europäischen Fluggastrechte-Verordnung sind Fluggesellschaften bei von ihnen veranlassten Stornierungen zur Rückzahlung des Ticketpreises innerhalb von sieben Tagen verpflichtet. Bei Pauschalreisen habe der Reiseanbieter dafür maximal 14 Tage Zeit.

Auf den Fall unserer Leserin angesprochen, teilt Tuifly unserer Zeitung mit: „Leider kommt es derzeit ab und zu noch zu längeren Bearbeitungszeiten, da das Bearbeitungsvolumen für kurzfristige Umbuchungen und Stornierungen seit den Reisewarnungen für die Balearen und mittlerweile für ganz Spanien enorm angestiegen ist.“ Die Mitarbeiter des Servicecenters würden sich das Anliegen jetzt aber noch einmal ansehen und „schnellstmöglich klären“.

Auch bei anderen Fluggesellschaften stockt die Rückerstattung

Aber nicht nur Tuifly auch die Lufthansa kommt mit der Erstattungen stornierter Tickets aus der Corona-Krise nur langsam voran. Zwar waren nach Unternehmensangaben Ende August bereits 2,5 Milliarden Euro an 5,6 Millionen Kunden zurückgeflossen. Trotzdem blieben immer noch 1,2 Millionen Anträge offen mit einem Volumen von rund 600 Millionen Euro. Der Konzern hatte angekündigt, bis Ende August die Fälle aus der ersten Jahreshälfte zu erledigen.

Dass die Rückerstattungen der Fluggesellschaften nur schleppend vorangehen, sehen Verbraucherschützer kritisch. Die Verbraucherzentrale rät Kunden in diesen Fällen dazu, standhaft zu bleiben und notfalls einen Anwalt einzuschalten. Wenn sich die Fluggesellschaft weigere, eine Erstattung zu bezahlen, oder auf Anschreiben nicht reagiere, haben Betroffene auch die Möglichkeit, sich kostenlos an eine Schlichtungsstelle zu wenden. Das ist je nach Airline die Schlichtungsstelle für öffentlichen Personenverkehr (Söp) oder das Bundesamt für Justiz.

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Viele Verbraucher suchen Hilfe bei Schlichtungsstellen

Bei der Söp sind seit Beginn der Corona-Krise Mitte März allein mehr als 21.000 Schlichtungsanträge rund um das Thema Flug eingegangen. „Reisende haben sich in Folge der Corona-Pandemie so oft wie nie zuvor an die Schlichtungsstelle gewandt“, sagt Söp-Geschäftsführer Heinz Klewe. Zwar gehe seit Anfang September die Zahl der Schlichtungsanträge zurück, was darauf schließen lasse, dass die Airlines die Lage langsam in den Griff bekommen. Gleichwohl gebe es immer noch viele Verbraucher, die zunehmend verärgert auf die Erstattung ihrer Ticketkosten warteten.

Beim Bundesjustizministerium sind derweil rund 68.000 Anträge auf eine Ausgleichszahlung wegen geplatzter Pauschalreisen beim insolventen Reiseanbieter Thomas Cook eingegangen. In 5000 Fällen sei bereits Geld ausgezahlt worden, teilt das Ministerium mit.

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